Bei einem aber könnte es klappen – wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind. Also: Eigentlich ist dieser Wochenrückblick ja ein Blog. Und diesmal ist er anonym, noch mal langsam und deutlich, damit er’s auch merkt, der Bundesinnenminister: a-n-o-n-y-m.

Sowas liest der nämlich gerne. Weil: Darin hat er eine Marktlücke für sich entdeckt.

Er hatte es ja wirklich schwer im Unterschied zu seinen Vorgängern. Denen ging sie immer ganz locker von den Lippen, kaum dass wieder etwas Furcht- und Unvorstellbares passiert war, die Forderung nach einer stärkeren Überwachung der Internet-Kommunikation.

Wie aber kann man die Kommunikation eines autistischen Terroristen überwachen? – Vielleicht hat er – möglicher Weise sogar von intellektuellen Skrupeln geplagt – einen Moment zu lange über diese unprofessionelle Frage nachgedacht. Und schon hatte ihm sein Parteifreund, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Hans-Peter Uhl die unsinnige Antwort weggenommen und nach der Vorratsdatenspeicherung gerufen.

Jetzt aber hat er mächtig nachgelegt, der Innenminister. Terroristen, so hat er festgestellt, kommunizieren nämlich nicht nur, sondern sie lesen auch. Und sie können sich “von Blog zu Blog hangeln”, konstatiert er im Spiegel von dieser Woche und fragt sich: “Warum müssen ‘Fjordman’ und andere anonyme Blogger ihre wahre Identität im Netz nicht offenbaren?”

Ob er nicht die Blogs verwechselt hat, der Minister, würde sich da wiederum ein unbedarfter Leser fragen. Solche Typen wie den Fjordman müsste er ja eigentlich kennen. Der heißt Peder Jensen und hat die “Fortschrittspartei” gewählt.

Die deckt in Norwegen den rechten parlamentarischen Rand ab. Auch in Deutschland gibt’s so eine Partei, wie der Minister im Spiegel-Interview unter Hinweis auf Franz-Josef Strauß sagt.

Auf Wahlversammlungen ist der Minister Leuten, die denken wie Peder Jensen, sicherlich schon begegnet. Die schreiben zwar meistens nicht. Dafür trinken sie viel Bier, und freuen sich, wenn der Politiker vorne es so richtig krachen lässt. Ein Satz wie der, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, etwa käme bei denen sicherlich gut an.

Da könnt’ man sich natürlich fragen, warum Suffköpfe, die man vergessen kann, gefährlicher sein sollen als Blogger, deren Namen man nicht kennt. – Aber er hat wohl Anderes im Sinn gehabt, der Minister.

Seine Pressesprecherin hat er dann noch ausrichten lassen, nur als Appell an die Zivilgesellschaft sei der Vorstoß gegen die Netzanonymität gedacht gewesen. Man sagt ja nix, man red’ ja bloß.

In dieser Zivilgesellschaft “streiten wir mit offenem Visier auf Basis unserer verfassungsmäßigen Spielregeln”, hat der Minister im Spiegel erklärt. Da wird die Hamburger Journaille recht blöd geschaut haben, wie der deutsche Verfassungsminister in so ein Rüstzeug gestiegen ist, bei dem man das Visier offen lassen kann, um mit den verfassungsmäßigen Mitteln von 1949 so zu streiten, wie’s bis 1495 üblich war. Dann hat ja König Maximilian I die Fehde verboten.

Auch andere reden bei diesem Thema so eigenartig daher. Randi Zuckerberg ist laut Huff-Post der Ansicht, viele würden sich besser benehmen, wenn sie unter ihrem richtigen Namen auftreten.

Wieso sorgt sich ausgerechnet Randi Zuckerberg um den Benimm? Stutzt man da, wo doch ihr kleiner Bruder Milliarden verdient mit Leuten, die mal so richtig die Sau rauslassen wollen, indem sie sich zu Facebook-Parties verabreden beispielsweise.

Nur einer redet Klartext, wenn’s um Klarnamen geht: der Google-Aufsichtsrat Eric Schmidt. Der sagt laut taz schlicht: “Echte Anonymität” sei “gefährlich”.

Logisch! Google setzt Cookies auf die Festplatten der Nutzer und die Tochter Doubleclick Third-Party-Cookies. Der Konzern durchsucht Postfächer. Und die gewonnenen persönlichen Daten macht er zu Geld.

Wer echt anonym im Netz unterwegs ist, liefert Google keine Daten. Und das wäre gefährlich für Eric Schmidt, weil der mit digitalen Identitäten Geschäfte macht, so wie andere damit ein politisches Geschäft machen.

Und noch mal zu Ihnen, Dr. Hans-Peter Friedrich, geboren in Naila, Oberfranken: Sie reden sich leicht. Sie können ja eh nichts anonym tun.

Wenn Sie – sagen wir mal – sich anonym vom Spiegel hätten interviewen lassen wollen, dann wär’ man bei Ihnen daheim doch gleich draufgekommen. “Ja, des ist doch der Friedrich”, hätten die Leute dann gesagt, “der Hund” (ein in Bayern gebräuchliches Lob für einen gerissenen Politiker). “Ein Geschmarre hat der wieder abgelassen, und des bloß damit er des Geschwerl in dem Internet erwischt.”

Silicon-Redaktion

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