VMware – oder besser Cloud-Ware?
Rund ein Dutzend Pressemeldungen gab es auf der diesjährigen VMworld in Las Vegas. Und ohne allzu tief in die Details einzusteigen, lässt sich schon bei einem groben Überblick feststellen, dass sich VMware dringend umbenennen muss: “Cloud-Ware” wäre ein treffender Firmenname, denn mit den virtuellen Maschinen – für die die Abkürzung VM steht – hat das Unternehmen nur noch die Herkunft gemeinsam.
Einzige Einschränkung in diesem Kontext ist der, dass alle anderen Cloud-Technologie-Anbieter der Ansicht sind, dass man eine Cloud auch ohne Virtualisierung einrichten kann – ein Punkt den VMwares Cloud-Service-Chef Jerry Chen natürlich vehement bestreitet. “Virtualisierung ist die Basis für effizientes Cloud Computing”, lautet seine feste Überzeugung.
Große Aufmerksamkeit widmet man bei VMware neuerdings der veränderten Situation bei den Endgeräten. “Die Windows-PC-Ära neigt sich dem Ende entgegen”, rief VMware-CEO Paul Maritz den 19.000 Konferenz-Teilnehmern zu. Mit dieser Überzeugung begründet er einen deutlichen Schwenk in der Produktstrategie des Unternehmens, die man getrost als “zurück zu den Wurzeln” umschreiben kann.
So wird sich VMware in Zukunft wieder auf die Desktop-Virtualisierung konzentrieren, insbesondere auf mobile Endgeräte, wie Smartphones und Tablets. Zur Erinnerung: VMware startete einst mit Angeboten zur Desktop-Virtualisierung. Doch Performance-Probleme und geringes Marktinteresse ließen das Unternehmen erfolglos dahin dümpeln bis sie ihre Technologie auf die Serverwelt übertrugen und praktisch einen Senkrechtstart hinlegen konnten.
Heute gilt die Server-Virtualisierung bereits als ein Markt, der seiner Sättigung entgegensteuert. Laut IDC wird in diesem Jahr mehr auf VMs gerechnet werden, als auf physischen Maschinen. Beispielsweise präsentierte VMware auf der VMworld Großkunden, die bereits 90 bis 100 Prozent ihrer Server virtualisiert haben.
Folglich sieht man bei VMware die Zukunft bei den Android– und iOS-Geräten. “Die IT-Chefs sind sehr besorgt über die Flut an privaten Handys und Tablets, die von den Mitarbeitern ins Unternehmen gebracht werden und die alle Zugang zum Unternehmensnetz bekommen sollen”, sagt Srinivas Krishnamuti, VMwares Chef für ‘Mobile Virtualization’. Seiner Ansicht nach lässt sich dieses Problem nur mit einer Art Handy-Virtualisierung lösen, bei der zwei getrennte virtuelle Systeme auf demselben Handy laufen – eines fürs Business und eines fürs Private. Für Android-Handys soll diese Lösung in wenigen Monaten in Europa und den USA auf den Markt kommen.
Nichts Neues gab es seitens VMware jedoch bei der Lizenzierungs-Politik. Viele VMware-Kunden hatten sich in jüngster Zeit über das neue vRam-Lizenzmodell beschwert, von dem einige meinen, dass es ihre Kosten verdoppeln würde. Doch VMwares Vice President fürs Produktmarketing, Bogomil Balkansky, wies in einem Gespräch mit silicon.de die Vorwürfe zurück: “Es gibt eine kleine Gruppe unter unseren 200.000 Kunden, für die das neue Modell unvorteilhaft ist, doch für die überwiegende Mehrheit ist das nicht der Fall”, meint Balkansky. Es sei praktisch unmöglich, die Lizenzgebühren so zu ändern, dass jeder einverstanden ist. “Es gibt für die Lizenzierung von Virtualisierungslösungen keine Modelle aus anderen IT-Bereichen, wir müssen uns hier selbst vortasten, um eine ausgewogene Lösung zu finden”, lautet seine Begründung für die Lizenzprobleme.
Der Hype über die vielen neuen Cloud-Tools und administrativen Vereinfachungen, die auf der VMworld präsentiert wurden, wird jedoch von den Sicherheits- und Compliance-Problemen überschattet. Beispielsweise hat sich die Payment Card Industry (PCI) noch nicht festgelegt, ob es zulässig ist, VMs mit sensitiven Daten gleichzeitig mit anderen VMs, die nicht-sensitive Daten nutzen, auf derselben physischen Maschine laufen zu lassen. “Viele regulatorische Vorgaben lassen sich im Hinblick auf Virtualisierung in verschiedener Weise interpretieren, sodass die entsprechende Compliance schwierig bis unmöglich ist”, sagte Paul Wallace, Server-Admin bei GM Capital in einer Podiumsdiskussion.
VMware selbst entzieht sich dieser Diskussion geschickt und verweist lediglich darauf, dass deren Sicherheitsprodukt vShield die Möglichkeit bietet, nahezu alle Sicherheitsprogramme, die es derzeit im Markt gibt, einzubinden.