Die IFA beginnt heute. Und nächste Woche tagt wieder der Bundestag. Eine schöne Saure-Gurken-Zeit geht zuende. Und eine nicht enden wollende Abfolge grauer Werkeltage steht bevor.
Gibt’s Hoffnung? fragt man sich am Vorabend dieser alljährlichen Zeitenwende. Etwas, das die Last des gemeinen Arbeitstags zu mildern vermag? Etwas, das sich aus dem schwülen Sommerloch bergen und in die kalten und trostlosen Monate hinüberretten ließe?
Vielleicht. In der Schweiz hat sich eine Anti-Powerpoint-Partei gegründet – so eine Meldung an einem heißen Augusttag jüngst. Und nächsten Monat tritt sie zur Nationalratswahl an.
Das könnte doch eine Perspektive sein: eine Welt ohne Powerpoint. Eine sehr konkrete politische Utopie, die nur Gutes verheißt.
Historische Belege gibt’s dafür en masse. Alle wichtigen und richtigen politischen Entscheidungen der Geschichte wurden schließlich ohne Powerpoint getroffen.
Man stelle sich nur vor, was ansonsten geschehen wäre, etwa wenn Moses dem auserwählten Volk die zehn Gebote nicht in Stein gehauen, sondern als .ppt-File überbracht hätte. Spätestens bei “Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten” (2. Buch Mose, Kapitel 20, Vers 16) wäre doch Windows abgestürzt.
Kein falsch Zeugnis reden, geht nicht mit Powerpoint. Denn schließlich ist’s fürs gerade Gegenteil entwickelt worden, dafür, falsches Zeugnis in gefälliger Form zu verbreiten.
Phantastische Zukunftsaussichten über die Entwicklung von Märkten werden vorzugsweise mittels Powerpoint verbreitet. Mit imposant anwachsenden Balken und dem naheliegenden Kalkül, dass sich in der Zukunft schon niemand um die Fehleinschätzungen der Vergangenheit scheren wird.
Deshalb wäre es denn wohl auch verheerend gewesen, wenn die Väter der amerikanischen Verfassung und nachmaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten im Vorgriff auf spätere Marketing-Vice-Presidents die Verwirklichung von “Liberty and the pursuit of Happiness” in einer unabhängigen Republik auf Powerpoint-Slides prognostiziert hätten. – Die Queen wäre dann heute im Besitz einer bankrotten Kolonie. Und die Sache mit Europa würde noch komplizierter.
Was für eine Partei aber könnte es sein, so fragt man sich, die in Deutschland dafür sorgt, dass Klartext geredet wird und keine Folien präsentiert werden. Eine christliche Anti-Powerpoint-Partei würde Microsoft die deutsche Leitkultur sowie den Gottesbezug in die AGB schreiben und es damit gut sein lassen.
Auf den Slides stünde das Motto ihrer Vorsitzenden: “Deutschland befindet sich auf einem guten Wege.” Und vom eingebundenen .wav erklänge: “Highway to Hell”.
Eine sozialdemokratische würde eine Agenda präsentieren, nicht ruhen, bis alle Arbeitsplätze bei Microsoft mit zu fördernden und zu fordernden Leiharbeitern besetzt wären, und dann Bill Gates zwingen, bis zum 28. Oktober 2022 wieder den Vorstandsvorsitz zu übernehmen. Erst dann wird der nämlich 67. Die sozialdemokratische Variante kann man also auch vergessen, und ablegen unter: damit_es_gerechter_zugeht.ppt.
Eine liberale Anti-Powerpoint-Partei würde die Bedeutung des Mittelstands betonen, das leistungsfeindliche Klima in einem Großkonzern wie Microsoft geißeln und erst Ruhe geben, wenn ihre Parteigänger alle Versorgungsposten dort besetzt hätten. Die grüne Variante wiederum empfände das als ungerecht, weil sie doch selbst so viele Aspiranten auf gutdotierte Jobs hat.
Von einer linken Anti-Powerpoint-Partei schließlich könnte man annehmen, sie würde Microsoft in einen VEB umwandeln und dafür sorgen wollen, dass der künftig nur noch Open-Source-Software schreibt. Wahrscheinlich aber würde dann doch jemand fisteln: “Niemand hat die Absicht, eine Powerpoint-Präsentation zu erstellen.” Und alle würden durcheinanderreden und darüber alles andere vergessen.
Nein, Powerpoint abzuschaffen, ist politisch nicht durchsetzbar. Und deshalb wird man demnächst wieder viel Zeit vor fliegenden Buchstaben, getunten Folienwechseln und mit einen effektvollen Nichts verbringen.
Warnhinweis: Sollte eine größere Anzahl von Lesern die Ansicht äußern, dieser Wochenrückblick sei völlig inhaltslos, so wird er demnächst als Powerpoint-Präsentation ins Netz gestellt.
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auf den Punkt gebracht
...erst am montag gelesen, dazu passt es ja das am Montag ein Artikel "Professor warnt vor Powerpoint" erschienen ist.