Piraten entern Berliner Abgeordnetenhaus


Sebastian Nerz, Bild: Piratenpartei

“Für die Piratenpartei Deutschland ist es ein ganz besonderer Erfolg, in das erste Landesparlament einzuziehen”, sagte Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland. Es verleihe Glaubwürdigkeit und biete die Chance zu beweisen, dass Piraten nicht nur Idealisten seien, sondern auch in der Lage, tatsächlich etwas zu bewirken.

Viele ehrenamtliche Helfer aus ganz Deutschland hätten “unermesslich viele Stunden” in den Wahlkampf investiert und allein 12.000 Plakate geklebt, so Nerz. Insgesamt habe der Wahlkampf jedoch nur 35.000 Euro gekostet.

Nach den amtlichen Ergebnissen entschieden sich in einigen Wahlkreisen mehr als zehn Prozent für die Piratenpartei: so in Berlin-Ost (10,1 Prozent), Mitte (10,4 Prozent), Friedrichshain-Kreuzberg (14,7 Prozent) und Pankow (10,5 Prozent).

Mit 8,9 Prozent ist die Piratenpartei fünftstärkste Kraft in Berlin. Großer Verlierer war die FDP, die 5,8 Prozentpunkte einbüßte und nur noch auf 1,8 Prozent kommt. Stärkste Partei ist die SPD (28,3 Prozent, minus 2,5 Punkte) vor der CDU (23,4 Prozent, plus 2,1 Punkte), den Grünen (17,6 Prozent, plus 4,5 Punkte) und Die Linke (11,7 Prozent, minus 1,7 Punkte). 8,3 Prozent der Stimmen entfielen auf sonstige Parteien (minus 5,4 Punkte).

Wie die Forschungsgruppe Wahlen mitteilte, wurden die Piraten “zu 80 Prozent aus Unzufriedenheit mit den anderen Parteien” und “zu zehn Prozent wegen der Inhalte” gewählt. Demnach war die Piratenpartei mit 15 Prozent bei den unter 30-Jährigen am stärksten. Bei den unter 30-jährigen Männern lagen die Piraten mit 20 Prozent sogar vor den Grünen (16 Prozent). Bei den unter 30-jährigen Frauen entschieden sich elf Prozent für die Piratenpartei.

Laut Infratest dimap konnten die Piraten vor allem aus dem linken Lager (SPD, Grüne, Linke) Stimmen hinzugewinnen. Es sei der Piratenpartei jedoch auch gelungen, Nichtwähler zu mobilisieren. Jeder sechste Wähler der Piraten sei bei der letzten Wahl möglicherweise zu Hause geblieben.


Andreas Baum, Bild: Lisavan / Wikipedia

Der Berliner Piraten-Spitzenkandidat Andreas Baum kündigte an, dass man sich in den kommenden fünf Jahren vor allem für die Themen Transparenz, Demokratie und Bildung einsetzen wolle. “Gerade im Bereich Transparenz hat Berlin viel aufzuholen.” Als ersten Schritt schalteten die Piraten den Blog Piratenfraktion Berlin frei. Die Abgeordneten wollen hier über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Fraktionsarbeit berichten und den Dialog mit den Bürgern suchen.

Derweil geht der Berliner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Oskar Niedermayer davon aus, dass sich die Piratenpartei dauerhaft in der deutschen Parteienlandschaft etabliert. “Ich glaube, dass die Piraten mit dem Thema Transparenz einen sehr guten Markenkern haben”, sagte er nach Angaben des Handelsblattes.

Ähnlich wie die Umwelt für die Wähler der Grünen, so sei die Transparenz für die Wähler der Piraten ein zentraler politischer Wert. Dies werde der Piratenpartei über die Berliner Landesgrenzen hinaus von Nutzen sein. “Sie haben mit dem Abgeordnetenhaus jetzt eine Bühne für ihre Forderungen. Wenn sie die sinnvoll nutzen, könnten sie auch in anderen Ländern Erfolge feiern.”

Zudem sei der Wahlkampf im Stadtstaat Berlin leichter zu organisieren gewesen als in Flächenländern wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, so Niedermayer. Für einen bundespolitischen Erfolg sei es daher jedoch noch zu früh.

Silicon-Redaktion

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