Die Ilias – ein aktueller Klassiker

Im 12. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung hat der wohl getobt. Was Homer aber darüber zu Pergament gebracht hat, liest sich wie eine Geschichte aus dem Informationszeitalter.

Es geht um intrigante Chefs, von denen sich manche für Halbgötter halten und die meist mehr mit internen Machtkämpfen beschäftigt sind als mit ihrem Geschäft. Und dieses Geschäft ist Krieg. Denn Business ist ja Krieg.

Und dann dieser Tage ist ja auch wieder so ein trojanisches Pferd aufgetaucht, wenn auch nicht am Hellespont, so doch in Bayern.

Aber nach allem, was man vom Chaos Computer Club darüber liest, gibt es da durchaus Parallelen: Die Kommunikation mit dem Command and Control Server erfolgte unverschlüsselt. Also technisch sehr viel weiter als seinerzeit, sind die, die das neue trojanische Pferd gebaut haben, wohl auch nicht. Und damals wie heute ist man mit sehr viel Heimtücke ans Werk gegangen.

Auch die handelnden Personen ähneln sich: Einen moderner Ajax, den Großen, kann man im bayerischen Innenminister Joachim Herrmann sehen. Wenn der wütet, kennt er auch kein Halten. Die Piratenpartei hat ihn bereits aufgefordert zurückzutreten, also sich – politisch gesprochen – vor Scham in sein Schwert zu stürzen.

Persönliche Sorgen um Joachim Herrmann machen, braucht man sich allerdings nicht. Er hat’s nicht so mit der griechischen Mythologie und auch nicht mit dem Schämen.

Die Rolle der Hera hat mittlerweile Sabine Leutheusser-Schnarrenberger übernommen. Sie kommt aus dem Wahlkreis Starnberg ist eine der obersten Göttinnen im Berliner Olymp, nörgelt zwar gelegentlich rum, macht dann aber doch immer mit.

Otto Schily (ehemals: Wahlkreis München-Land) ist im digitalen trojanischen Krieg der Nestor, laut Wikipedia: ein “sagenhafter Herrscher”. Weil seine Gefährten ihn für ihre Kämpfe nicht mehr benötigten, hat er sich in die Toskana zurückgezogen und hebt dort wohl den Nestorbecher. Dessen Inschrift lautet bekannter Maßen: “Die Götter machten den besten Wein den sterblichen Menschen, damit sie die Sorgen vertreiben können.”

Der gegenwärtige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wiederum macht eher den Eindruck eines Epigonen. Dieses Wort verwendet man heute im Sinne eines unbedeutenden Nachfolgers bedeutender Vorgänger. Aber gemeint sind natürlich in erster Linie die brutalen Draufgänger der griechischen Mythologie.

So wie Diomedes einer war. Der saß vor 3000 Jahren auch im trojanischen Pferd. Hans-Peter Friedrich allerdings bestreitet vehement, mit dessen aktueller digitaler Implementierung etwas zu tun zu haben. Vielleicht ist er ja wirklich nur im modernen Sinn ein Epigone.

Auf jeden Fall aber haben einige bayerische Heldengestalten schwer gegen die Demokratie gefrevelt. – Das ist ja auch so ein griechisches Wort. – Man möchte ihnen die Erinyen an den Hals wünschen, die Rachegöttinnen. 9,3 Millionen potentielle listet das bayerische Wählerverzeichnis.

Aber es ist heute eben doch einiges ein bisschen anders als damals. Die Rolle des Paris etwa kann nicht besetzt werden. Das war dieser strahlende Jüngling, der seinerzeit mit seinem Apfel die Katastrophe ausgelöst hatte. – Vielleicht war’s ja auch ein schicker Apple, mit dem er Unsinn getrieben hatte.

Er verscherzte es sich dadurch mit den Göttinnen der Wissenschaft und der Macht. Und das Einzige, was ihm blieb war die Schönheit. – Einen bayerischen Politiker gäb’s ja, auf den diese Beschreibung zuträfe und der auch ansonsten bis vor Kurzem für jeden Blödsinn zu haben war. Aber der weilt gerade im Ausland.

Und vor allem findet sich nirgendwo in der aktuellen trojanischen Schmierkomödie ein Odysseus, ein wirklich Listenreicher, einer der zwar skrupellos, aber auch brillant ist. Und einen Palamedes gibt’s schon gar nicht, einen Heros, der ausruft: “Die Wahrheit stirbt mit mir!”

Naa, das wird nichts mit dem weiß-blauen Heldenepos. Der Schreiber gibt auf und geht jetzt in die Wirtschaft, zum Franz ins Bayernstüberl am Tirschenreuther Platz – dem Dionysos ein Opfer bringen.

Silicon-Redaktion

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