Lehrer als Raubkopierer – Verlage setzen auf “Schultrojaner”
Ein angeblicher “Schultrojaner” sorgt derzeit an Schulen und in Schulbuchverlagen für Aufregung. Hintergrund ist ein Bericht des Politikblog Netzpolitik.org, wonach Lehrbuchverlage ab dem kommenden Jahr Schulcomputer nach illegalen Kopien durchsuchen lassen.
Hintergrund ist ein entsprechendes Abkommen, für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke in Schulen. Ende 2010 hatten Schulbuchverlage und Bundesländer einen entsprechenden “Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” unterzeichnet. Die Details können unter anderem auf der Seite von Netzpolitik.org eingesehen werden.
Ein Auszug aus dem Vertragswerk: ” Die Verlage stellen den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Die Länder wirken – die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt – darauf hin, dass jährlich mindestens 1 Prozent der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lässt.”
Die Software solle ab dem Frühjahr nächsten Jahres zum Einsatz kommen. Wie genau die “Plagiatssoftware” funktioniert, wird nicht beschrieben.
Herbe Kritik kommt unter anderem von der Piratenpartei. “Es ist ein Skandal, wenn sich die Länder hier von Verlagen vorschreiben lassen, wie sie mit ihren Bediensteten umgehen sollen”, so der Bundesvorsitzende Sebastian Nerz in einer ersten Stellungnahme. “Das ist ein offener Vertrauensbruch mit den Lehrerinnen und Lehrern. Schulleiter und Landesregierungen sind keine Hilfspolizisten der Verlegerlobby”
In dem Vertrag wird außerdem die Vergütung für das Kopieren von Schulmaterial geregelt. Demnach wurde für 2011 eine pauschale Vergütung von 7,3 Millionen Euro festgelegt.
Bereits 2008 hatten sich Kultusminister und Verlage auf den Umfang von Kopien geeinigt. So dürfen Lehrer höchstens 12 Prozent, maximal 20 Seiten eines Werkes, kopieren und auf Papier weitergeben. Für digitales Lehrmaterial, etwa PDF-Dateien, gelten noch schärfere Regeln. Ohne die Genehmigung des Verlages geht hier gar nichts. Stelle beispielsweise ein Lehrer den gescannten Inhalt eines Buches über einen Schulserver zur Verfügung, verstößt er damit gegen das Urheberrecht.