Hinter SOPA steht die US-Musik- und Filmindustrie, die Recording Industry Association of America (RIAA) und die Motion Picture Association of America (MPAA). Eine ganze Zeit lang wurde der Entwurf für SOPA (PDF) wenig beachtet, man räumte ihm doch kaum Chancen ein. Das hat sich geändert: Es setzt sich allmählich die Ansicht durch, dass der Entwurf durchaus vom Kongress abgesegnet werden und Gesetzeskraft erlangen könnte.
Für Aufsehen sorgt vor allem, wie gegen die Verletzung von Urheberrechten vorgegangen werden soll. Wer sich im Besitz eines Urheberrechts wähnt (oder es tatsächlich ist), schreibt einfach den Betreiber der Website an, auf der angeblich verletzendes Material auftaucht. Dieses muss dann von allen Sites, auf die der Betreiber Zugriff hat, gelöscht werden. Außerdem ist der Account des Nutzers zu sperren und seine IP-Adresse samt zusätzlicher, identifizierender Daten herauszugeben. Damit kann der Rechteinhaber den Verletzer dann auf Schadenersatz in einer Höhe verklagen, die um ein Vielfaches über das hinausgeht, was zum Beispiel in Deutschland üblich ist. Das geht sogar dem EU-Parlament zu weit, das sich in einer Resolution gegen SOPA ausgesprochen hat.
Der Vorwurf von Urheberrechtsverletzungen könnte, wenn SOPA verabschiedet wird, zudem dazu führen, dass eine Firma ihre Domains abgeben muss. Das träfe nicht nur Kleinunternehmen, sondern könnte auch auf börsennotierte Konzerne angewandt werden. Und es wäre nicht nur für US-Firmen eine ernsthafte Bedrohung, sondern für alle, die unter den Top-Level-Domains .com, .net und .org agieren. Das Gesetz würde es auch ermöglichen, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen, die außerhalb der USA begangen wurden. Im Zweifel würde es das Gesetz auch ermöglichen, Webseiten zu sperren.
Die Liste der SOPA-Gegner ist lang und prominent: Amazon, Ebay, Google, Facebook, LinkedIn, Mozilla, Yahoo und natürlich die Electronic Frontier Foundation (EFF) sowie die American Civil Liberties Union (ACLU). EFF und ACLU befürchten, dass die Behörden mit SOPA so viel Macht erhalten, dass sie die Grenze zur Zensur des Webs überschreiten könnten. Amazon & Co. wollen die Kosten vermeiden, die entstehen würden, wenn sie gegen Inhalte vorgehen müssten, die angeblich Urheberechte verletzen. Die Unternehmen haben sich gegen SOPA in der NetCoalition zusammen geschlossen. Die Mitglieder der NetCoalition hätten ernsthaft darüber diskutiert, ob sie ihre Dienste aus Protest einen Tag abschalten sollten, sagte Markham Erickson, Chef der NetCoalition, gegenüber CNET. Das Ergebnis der Diskussion steht noch aus. Im Internet wird kolportiert, dass diese Aktion am 23. Januar starten könnte – einen Tag bevor der US-Senat über SOPA abstimmt.
Zu den Gegnern von SOPA gehören der Wikipedia-Begründer Jimmy Wales und der Internetpionier Vint Cerf. Wales zog im Dezember in Erwägung, die englischsprachige Ausgabe aus Protest vorübergehend zu schließen. Er befürchtet eine unsachgemäße Sperrung von Webseiten und dass sich das Gesetz insgesamt negativ auf das Internet auswirken könnte. Vor diesem Hintergrund hat er in Wikipedia eine eigene Website eingetragen, um Wikipedia-Nutzern die Möglichkeit zu geben, das weitere Vorgehen zu diskutieren.
Wales schreibt, der vorübergehende “Streik” könnte auf die US-Version von Wikipedia beschränkt werden. Er verspricht sich durch eine solche Aktion ein mögliches Umdenken innerhalb der US-Regierung. Als erfolgreiches Beispiel für eine vergleichbare Aktion verweist er auf Italien: “Vor ein paar Monaten hat sich die italienische Wikipedia-Gemeinschaft dazu entschlossen, alle Seiten der italienischen Wikipedia-Version vorläufig auszublenden. Damit wurde gegen ein Gesetz protestiert, das die Freiheit der Autoren eingeschränkt hätte. Das italienische Parlament hat den Gesetzesentwurf sofort zurückgezogen.”
Auch Cerf hat sich der Kritik an SOPA angeschlossen. Seine Bedenken äußerte er in einem offenen Brief an den Autor des Gesetzes, Lamar Smith von den Republikanern. Es werde “nicht effektiv den Zugriff auf illegale Daten im Ausland verhindern”. Schließlich könnten die Anwender ja einfach einen ausländischen DNS-Server nutzen. Schlimmer sei aber, dass damit “ein weltweites Wettrüsten um eine nie da gewesene Zensur” eingeleitet werde.
Cerfs Empfehlung: “Statt weiter ineffiziente und schädliche ‘technische’ Lösungen anzustreben, wie sie sich im revidierten Entwurf von SOPA finden, ermahne ich den Kongress, einen besser auf die Ziele zugeschneiderten effizienteren Ansatz zu verfolgen und etwa beim Geld anzusetzen. Das heißt, dass man Finanzierungsmechanismen für illegale Seiten im Ausland unterbinden würde, indem man es für sie unmöglich macht, durch Anzeigen Geld zu verdienen oder Bezahlungen anzunehmen.”
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