Wie das Handelsblatt meldete, will der Konzern in Deutschland langfristig 8000 von 20.000 Stellen abbauen. Weltweit hat IBM 426.000 Mitarbeiter. Im 101. Jahr der Firmengeschichte steht der Hersteller zwar blendend dar. Das Unternehmen verfügt über einen Free Cash Flow von 100 Milliarden Dollar. In den vergangen Jahren hat IBM sehr viel richtig gemacht. So hat man sich der Drucker- und der PC-Sparte entledigt und auf Wachstumsmärkte wie Service, Software und Analytics konzentriert.

IBM wäre jedoch nicht IBM, wenn man sich mit dem Status Quo zufrieden geben würde. Bereits 2010 kündigte CEO Sam Palmisano an, das Ergebnis je Aktie von rund zehn Dollar bis zum Jahr 2015 auf 20 Dollar zu verdoppeln. Derzeit sind es rund 13 Dollar.

Manche Experten sagen zudem, IBM sei “von Innovation besessen”. Erst kürzlich teilte der Hersteller mit, man habe 2011 mehr Patente generiert als Apple, Amazon, Google, EMC, Hewlett-Packard und Oracle zusammen und sei zum 19. Mal in Folge Spitzenreiter der US-Patent-Leaders-Liste. Um das Ergebnis-Ziel zu erreichen, setzt IBM denn auch auf – Innovationen.

Die Namen dafür lauten Generation Open, Liquid Ressource und Liquid Community. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi ist Generation Open die IBM-Adaption des Ausdrucks ‘Gaming Generation’ der Autoren Lynne C. Lancaster und David Stillman (Buch: ‘When Generations Collide’). Diese jungen Menschen sind demnach durch kollaborative Kommunikation und Problemlösung gekennzeichnet. Soziale Netzwerke seien für sie eine Selbstverständlichkeit, ein Jobwechsel gehöre zur Routine. Laut Verdi soll der aktuelle Umbau IBM fit für diese Generation machen – und diese Generation solle IBM fit für die Zukunft machen.

Die Gewerkschaft verweist auf IBM Vice President Patrick Howard, der im August 2011 über die ‘Generation Open’ referierte. Demnach ist Generation Open “ein radikal neues Modell für Softwareabsatz und offene Kooperation”. Alles werde schneller, gleichzeitig werde Qualität verlangt. Das gehe eigentlich nicht – aber mit “community based delivery models” gehe es doch. “Also mit Mitarbeitern, die im Netz zu Hause sind, durch die Nutzung von Communities, die virtuell arbeiten, agil sind und kooperieren können. Durch den Einsatz von wieder verwendbaren Komponenten und überall verfügbaren Plattformen, die Social-Technologien nutzen und transparent zur Verfügung stehen.” Bereits jetzt habe man 7000 registrierte , hieß es von Howard.

Liquid – das ist laut Handelsblatt auch der Name des Projektes, in dessen Rahmen die 8000 Stellen in Deutschland abgebaut werden sollen. Nach Angaben von Verdi soll dieses Projekt mit einer sogenannten Crowdsourcing-Strategie umgesetzt werden. Dies bedeute, dass Festangestellte und Externe als “Crowd” (Menge) behandelt werden. Eine Aufgabe werde nicht mehr in einem bestimmten Prozess intern abgearbeitet, sondern in einem “Call” an die Crowd übertragen. Die Mitglieder der Crowd machten dann Vorschläge, aus denen IBM auswählt.

IBM wolle das Crowdsourcing extern und intern nutzen, hieß es von Verdi. Extern werde auf Provider wie die Freelancer-Community TopCoder zurückgegriffen – die Aufträge in Wettbewerben ihrer Mitglieder vergibt. Die Gewerkschaft zählt Vorteile auf, die IBM von dieser Auftragsvergabe habe: “Keine Reisekosten! Keine Arbeitszeitregelungen! Kein Urlaub! Keine Mitbestimmung! Kein Qualifizierungsanspruch! Keine Betriebsrente! Keine Krankenkasse! Keine Rentenkasse! Keine Arbeitslosenversicherung! Kein Büro!”. Laut Verdi wird TopCoder IBM-intern als Liquid Ressource bezeichnet.

Im Unternehmen existiert demnach eine Liquid Community für das interne Crowdsourcing. Hier könnten sich Angestellte, die über freie Kapazitäten verfügen, an Ausschreibungen beteiligen. Liquid Ressource und Liquid Community sollten zwar nicht konkurrieren. Verdi: “Ausschreibungen sollen entweder in das eine oder das andere Liquid vergeben werden – aber könnte es letztendlich nicht eine einfache Rechnung sein, in welche Community wohl ausgeschrieben wird?”

Nach Angaben des Handelsblattes ist es kein Zufall, dass der Abbau der festen Stellen ausgerechnet in Deutschland erprobt wird. Die deutsche IBM-Abteilung gelte als zu groß und habe mit einem geschätzten Umsatz von 5 Milliarden Euro die Vorgaben verfehlt. Der weltweite IBM-Umsatz belief sich 2010 auf 99,8 Milliarden Dollar. “Es weht nun ein ganz anderer Wind bei IBM in Deutschland”, sagte eine Führungskraft. IBM-Deutschland-Chefin Martina Koederitz und ihr Team arbeiteten an völlig neuen Strukturen.

Das Unternehmen wollte sich zu den Zahlen zum Stellenabbau nicht äußern. Es teilte jedoch mit: “Wir richten unser Geschäft ständig innovativ und wettbewerbsfähig aus. Transformation ist Teil unseres Geschäftsmodells. Entsprechend passt sich unsere Belegschaft an.” IBM wird flüssig, hieß es von Verdi. Wo heute die Mitarbeiter die Basis eines starken Konzerns bilden, “könnte in wenigen Jahren eine Liquid Community sein”.

Silicon-Redaktion

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  • Das Unternehmen wollte sich zu den Zahlen zum Stellenabbau nicht äußern
    IBM äußert sich grundsätzlich nie zu Pressemeldungen. Das ist Teil der Firmenphilosophie.
    Zum Stellenabbau: Wie der vonstatten geht, kann man sich denken, wenn man weiß, dass Manager Kopfprämien dafür erhalten wenn Sie (auf die eine oder andere Weise) IBM-Festangestellte los werden. In etlichen IBM-Bereichen und Tochterfirmen, sind in unterster Reihe fast nur noch Zeitarbeiter beschäftigt. Und Verdi sieht zu!
    Hier ist schon das passiert, was bei BMW Leipzig jetzt blockiert werden soll.
    Moderne Sklaverei eben.

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