Ist Windows 8 Microsofts neues Vista?
Egal ob man die Metro-Oberfläche mag oder nicht, Microsoft bringt eine neue Version von Windows, und Unternehmen müssen sich mit der Frage beschäftigen, ob man diese Migration mit vollzieht, oder ob man Windows 8 links liegen lässt.
Microsoft muss sich etwas einfallen lassen, um gegen die Konkurrenz von Apples iPad bestehen zu können. Die Antwort auf den Erfolg von Apple aus Redmond nennt sich Metro. So weit so gut.
Auf dem offenbar neu entstehendem Tablet-Markt – IDC geht von einem Wachstum bei Tablets von über 56 Prozent aus – mag das Sinn machen. Allerdings prognostiziert IDC Microsofts Plattform auch in den nächsten Jahren praktisch keinen Marktanteil mit Windows auf Tablets.
Bislang kennt man nur den Consumer Preview von Windows 8. Und die ersten Reaktionen zu dem neuen Betriebssystem geben durchaus Anlass dazu, ein neues “Vista” für Microsoft heraufdämmern zu sehen. Doch nicht alle Analysten vertreten diese Ansicht.
Die Unternehmen sind gerade dabei XP abzulösen und freunden sich mehr und mehr mit Windows 7 an, das derzeit den allermeisten Ansprüchen an ein solides, wartungsarmes, verwaltbares und ohne große Schulungen einzusetzendes Betriebssystem genügt. Warum also schon wieder ein Update?
Windows 8 ist daher – zumindest für Unternehmen – gewissermaßen ‘außerplanmäßiges’ Update. Es gibt zahlreiche Stimmen und Einwände gegen Windows 8 im Unternehmen. Das Entfernen des Start-Buttons etwa könnte sich für Unternehmen als große Bremse erweisen. Mit Windows 7 war für viele Anwender schnell klar, dass eine kurze Einführung bei einer Tasse Kaffee in den meisten Fällen als Schulung ausreicht. Nun kommt Windows 8 und sorgt für Änderungen, die manchen als willkürlich, überflüssig und inkonsistent erscheinen.
Metro als Nutzeroberfläche scheint – zumindest in der Preview – noch nicht ganz durchgängig. Man startet auf einem Metro-Tile und gelangt irgendwann ohne Vorwarnung auf den klassischen Desktop. Auch beim Ribbon-Konzept scheint sich Microsoft noch nicht so recht entschieden zu haben, ob es dieses Bedienkonzept denn nun für Maus und Keyboard optimieren will, oder ob man das Ganze auf eine Touch-Steuerung trimmen sollte.
Der US-Blogger Scott Lowe äußert durchaus Verständnis für die Metro-Strategie von Microsoft. “Aber was ich nicht verstehe, ist warum dafür eine gewohnte Umgebung vollständig entfernt werden muss.” Und so wie Lowe wird es vielen ergehen, die sich mit dem Desktop von Windows 8 beschäftigen. Man kann sich über Lowes Meinung sicherlich streiten, doch mit dem neuen Desktop wird auf jeden Fall deutlich mehr Schulung nötig sein, als mit den Vorgänger-Versionen von Windows. Und bislang war Microsoft mit Aussagen, welche Vorteile Windows 8 für Unternehmen bringen wird sehr zurückhaltend. Neil McDonald von Gartner allerdings sieht vor allem deutlich mehr Sicherheit in Windows 8 implementiert als das beim Vorgänger Windows 7 der Fall ist.
Der Forrester-Analyst David Johnson hingegen warnt vor vorschnellen Verurteilungen von Windows 8. Eines vorweg, auch Forrester glaubt nicht an eine große Verbreitung von Windows 8 auf dem klassischen Enterprise-Desktop. Eine aktuelle Prognose von Forrester geht davon aus, dass bis zum Ende 2012 rund 83 aller neu installierten PC in Unternehmen mit Windows 7 laufen werden. Daher werden viele Unternehmen tatsächlich Windows 8 als große Migration überspringen, alleine schon aus dem simplen Grund heraus, dass die IT-Abteilungen gerade eine Migration hinter sich haben und nicht gleich die nächste anstreben werden.
“Wir glauben jedoch nicht, dass Windows 8 auch von den Mitarbeitern übersprungen werden wird”, schränkt Johnson ein. Denn Windows 8 gilt als Enabler für diejenigen, die neben ihrem PC auch ein Tablet und ein Smartphone verwenden und eng miteinander integrieren wollen. Und genau solche Menschen treiben in Unternehmen häufig Veränderungen voran. Und somit könnte Windows 8 auch im Unternehmen wieder Fuß fassen, wenn genau diese Personengruppe beschließen sollte, die Metro-Oberfläche in Windows 8 zu mögen. Daher rät Forrester, dem Phänomen Windows 8 nicht völlig unvorbereitet gegenüber zu stehen.
Eine gute Vorbereitung, so Forrester sei indes Windows 7. Daher sollte man die Migrationspläne für die aktuelle Windows-Version nicht verzögern. Die Anwendungskompatibilität zwischen 7 und 8 sei deutlich besser als die zwischen XP und 7. Es sollte daher kein allzu großes Problem sein, glaubt Forrester, heterogene Umgebungen mit Windows 7 und 8 zu pflegen. Die einzige Ausnahme seien jedoch Anwendungen, die ausschließlich für die Metro-Oberfläche geschrieben wurden. Neben der Windows-7-Migration sollten Unternehmen sich auch versichern, dass Clientmanagement-Software, Sicherheit und auch die Produktivity-Tools Windows 8 unterstützen. Vor allem bei Vertragsverlängerungen sei darauf zu achten.
Schließlich rät Forrester, sich mit den Vorteilen von Metro auseinander zu setzen. Wenn die ersten Early Adopters mit Windows 8 Tablets im Unternehmen aufschlagen, sollten sie wenigstens in der Lage sein, sich mit Outlook zu synchroniseren. Liest man Forresters Prognose allerdings durch die Zahlen, die IDC für die Zukunft von Media-Tablets vorsieht, dann wird wohl die Anzahl derer, die ein Windows 8 Tablet benutzen, recht bescheiden ausfallen.