Mit Hilfe dieser Daten sei es der Start in eine neue Ära hoch personalisierter Computerservices möglich, mit einem “gewaltigem Potential, der Menschheit zu helfen”, sagte Berners-Lee gegenüber dem britischen Guardian.
Sein Computer wisse genau, wie fit er sei, was er esse und wo er sei. Mit Hilfe solcher Informationen sei es – etwa in Verbindung zu Kalender- und Kartendaten – möglich, äußerst nützliche Services anzubieten. Das funktioniere allerdings nur, wenn die Rechner Zugriff auf die persönlichen Daten hätten, die aktuell in der Hand unterschiedlicher Internetkonzerne seien.
Berners-Lee hat in diesem Zusammenhang auch in der Vergangenheit schon mehrmals vor so genannten “Social-Networking-Silos” gewarnt. Er selbst versteht sich als Unterstützer eines “offenen Internets”. Einige große Internetkonzerne würden inzwischen auf den zunehmenden Druck der Anwender reagieren und Daten leichter auffindbar machen.
Nach seiner Vorstellung muss der Daten-Output verschiedener Seiten standardisiert werden. So sei es möglich, intelligente Services zu entwickeln, die etwa genau die richtige Morgenlektüre zum Frühstück vorschlagen – passend zu aktuellen Stimmung und zu den anstehenden Terminen des Tages.
Gleichzeitig beobachtet der MIT-Professor die Auswirkungen großer, marktbeherrschender Unternehmen weiter mit Sorge. Allerdings sei er überzeugt, dass diese Dominanz Dank der größeren Innovationskraft kleinerer Firmen nicht ewig andauern wird.
“Solange es das Web gibt, haben sich die Menschen Sorgen über Monopole gemacht”, sagt Berners-Lee und erinnert an den Browser-Krieg der 1990er Jahre. “Eine der Lektionen ist, das sich die Dinge sehr schnell verändern.” Grundsätzlich müssten sich Internetanwender der Tatsache bewusst sein, dass Webseiten, die scheinbar eine feste Größe in der Online-Welt sind, innerhalb weniger Jahre verschwinden können.
“Egal in welchem Social Network oder wo immer jemand Daten ablegt – man sollte sicher stellen, dass man diese zurückbekommt und zwar in einem Standard-Format. Tatsächlich würde ich mich regelmäßig darum kümmern, ähnlich wie um das Backup für einen Computer. Von der Entscheidung, welche Webseite wir nutzen oder eben nicht, hängt möglicherweise ab, ob unsere Enkel unsere Bilder anschauen können oder nicht.”
Gleichzeitig kritisierte der Erfinder des Internets die Geschlossenheit der App-Welt. In Richtung Apple sagte er: “Ich sollte wählen können, welche Anwendung in nutze, um mein Leben zu organisieren, ich sollte wählen können, welche Inhalte ich anschaue und ich sollte wählen können, welches Gerät ich dafür nutze, welches Unternehmen für meinen Internetzugang und ich möchte, dass dies unabhängige Entscheidungen sind.”
Auch die zunehmende Verbreitung relativ restriktiver Smartphones auf Kosten von PCs oder Macs ist ihm ein Dorn im Auge. Hinzu komme die Tendenz einiger Hersteller von Laptop-Betriebssystemen, “diese ebenfalls abzusperren, weil sie an den abgeschlossenen Smartphone-Umgebungen Gefallen gefunden haben.” Zwar könnten solch eingeschränkte Betriebssysteme die Sicherheit verbessern, aber “auf der anderen Seite sind sie das Ende der breiten Innovation”.
Mit Blick auf die aktuellen Debatten rund um den Datenschutz sagte er, dass immer mehr Internetuser bestimmen wollen, auf welche Weise ihre Daten genutzt werden. “Anstatt die Anwender davor zu schützen, dass Informationen zusammengebracht werden, entsteht derzeit eine Welt, in der Anwender zustimmen, dass Informationen nicht für bestimmte Zwecke eingesetzt werden.” Vor diesem Hintergrund begrüßt Berners-Lee Überlegungen für ein “Anti-Tracking-Protokoll”, das derzeit in den USA diskutiert wird. Den Plänen zufolge könnten Anwender so verhindern, dass Webseiten ihr Online-Verhalten verfolgen.
Deutlich wird in dem Interview, dass dem Vater des Internets in vielen Punkten nicht mit der aktuellen Entwicklung seiner Erfindung einverstanden ist. Die meisten schlaflosen Nächte bereitet ihm nach eigenen Worten vor allem ein Thema: Der Versuch von Regierungen, das Internet zu überwachen. Das sei eine “Zerstörung der Menschenrechte”.
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