SAP weitet die Verfügbarkeit von Business ByDesign weiter aus, jetzt kommen Dänemark, Italien, Niederlande und Spanien hinzu. Neu ist auch eine Entwicklerumgebung, über die Partner das SAP-Kernprodukt für einzelne Branchen und Regionen anpassen können.
“Version 4.0 von Buyiness ByDesign soll ein Signal für unsere Partner und Kunden sein, dass wir jetzt richtig Gas geben”, bekräftigt Horak noch einmal. Und dieses Signal könnte tatsächlich ein Startschuss, oder auch der Befreiungsschlag für die Lösung gewesen sein.
Bislang nutzen häufig kleinere oder neu gegründete Unternehmen diese On-Demand-Lösung. Der Vorteil ist neben einer kurzen Implementierungszeit vor allem der für die Anwender mehr oder weniger sorgenfreie Betrieb der Lösung. Das Labor Berlin ist ein Beispiel für diese ‘Art’ des Anwenders.
Bei der Einführung der Lösung bei dem Tochterunternehmen der Berliner Krankenhäuser, zu denen auch die Charité gehört, musste jedoch – zumindest in Teilbereichen – darauf geachtet werden, dass bestimmte Prozesse und Abläufe sich nach den Vorgaben der Software richten und nicht zu sehr vom Standard abweichen. Das mag für manche Anwender zwar auch ein Vorteil sein, damit engte sich der Markt für potentielle Käufer der Software ein.
Das neue SDK hingegen weicht dieses Hindernis auf und birgt zudem den Vorteil, dass Partner-Unternehmen, ohne die sich der Mittelstand selten an ein derartiges Projekt herantraut, nun über einen Value-Add um ByDesign herum neue Geschäftsfelder aufziehen können. Und damit wertet SAP ByDesign auch in den Augen der im Mittelstand stark vertretenen Partnerunternehmen auf.
“Das Geschäft im Mittelstand läuft über Partner”, sagt Horak. “Wir wollen, dass die Partner die Nähe zu den Kunden haben. SAP kann nicht in allen mikrovertikalen Branchen vertreten sein. Wir sagen: Wir kennen Dienstleistung, Herstellung und Distribution. Die Nische abzudecken, überlassen wir unseren Partnern. Das Development-Kit ist eine Einladung.”
“Der Partnern will ja seine Anpassung ja auch auf den Markt bringen”, erklärt Sven Denecken, VP Cloud Solutions bei SAP. Daher biete SAP seit geraumer Zeit auch den entsprechenden Store mit an, der auf der ByDesign-Plattform läuft. Darüber können Partner ihre Branchenlösung anbieten.
Geht bei der erfolgreichen Business-Suite Business One der Vertrieb zu 100 Prozent über den Channel, liegt laut Denecken der Partner-Anteil bei ByDesign “bei über 50 Prozent”. In den anderen Fällen vertreibt und implementiert SAP die Lösung bei den Anwendern selbst.
Denecken, in dessen Aufgabengebiet auch das Thema Co-Innovation fällt, betont außerdem: “Wir erweitern natürlich auch die Funktionalitäten von Business ByDesing und entwickeln industriespezifische Funktionalitäten selbst. Damit unterstützen wir auch unsere Partner.” Daher arbeite SAP auch weiterhin eng mit Anwendern zusammen, um die Plattform auszubauen. Und so profitiere auch der Bereich On-Demand von Themen wie Mobility und Analytics.
Auf die Frage, warum SAP erst jetzt das SDK anbietet, erklärt Denecken, dass Business ByDesign hier zunächst eine gewisse Produktreife erreichen musste. Allerdings gibt es bereits ältere Beispiele für entsprechende Anpassungen von ByDesign. So hatte etwa Accenture zusammen mit dem Feature Pack 3 für ByDesign eine Branchenlösung für die chemische Industrie vorgestellt. Allerdings sei dies ohne das SDK keine “skalierbare” Vorgehensweise gewesen. Erst mit der Version 4.0 hat SAP jetzt über ein Public-Data-Modell diese Entwicklerumgebung auch einer breiteren Anwenderschaft zuführen können.
Version 4.0 soll auch letzte Zweifel ausräumen, ob ERP in der Wolke auch tatsächlich funktioniere. Indikator für die Glaubwürdigkeit sei die Stabilität, mit der Business By Design nun laufe. “Wir haben jetzt ein ausgereiftes Produkt, das robust ist und das wir weiter pflegen werden”, verspricht Horak. Gerade das ist nach unbedachten Äußerungen des mit SuccessFactors neu zu SAP hinzugekommenen Lars Dalgaard vor Journalisten und Analysten über Business By Design wichtig. Zudem werde es alle drei Monate neue Versionen mit zusätzlichen Erweiterungen geben. Damit, wie Denecken betont, wird die Lösung zwar schlagkräftiger, es bedeutet aber auch für Partner und Anwender, dass häufiger getestet werden muss.
Das in der Version 4.0 enthaltene Development-Kit für Partner und Kunden, ermöglicht Branchenlösungen und Länderversionen über Add-ons anpassen und bauen zu können. Bei den Branchenlösungen konzentriert sich SAP auf den Sales-Order-Prozess, wo es um Planung, Verkauf und Bestellung von Materialien geht, sowie die Distribution, wo die Verteilung von Gütern im Mittelpunkt steht. Beides sei ausdrücklich von Kunden gewünscht worden.
Beim Add-on zur Erstellung eigener Länderversionen hat SAP vor allem die Filialen von Großkunden im Auge, die in kleineren Länderniederlassungen nur geringe Funktionalität, beispielsweise die Bilanzkonsolidierung, brauchen.
Strategisch will SAP bei Business By Design weitere Großkunden gewinnen, um Marktmacht und Glaubwürdigkeit auszubauen. “Wir wollen damit bei kleineren Kunden punkten und den Vertrieb weiter vorantreiben”, so Horak. Es ist deutlich erkennbar, was sich die SAP von der neuen Version verspricht: Business One, lange Zeit das Stiefkind im Produktportfolio der Walldorfer, hat sich inzwischen sehr gut positioniert. Den Erfolg hat letztendlich das Service Development-Kit gebracht. Zudem hat man in der Applikation aufgeräumt. Die Länderversionen wurden in einer gemeinsamen Codebasis zusammengeführt. Das Resultat: Eine international verfügbare und saubere Lösung. Dasselbe soll nun auch bei Business By Design funktionieren.
Was sagen die Analysten?
Dennoch bleiben Zweifel: “Die Neuerungen sind gut. Die technische Stabilität und die Möglichkeit zur Erweiterung sind jetzt da”, sagt Christian Hestermann, Research Director ERP beim Analystenhaus Gartner. “Aber man müsste endlich einmal klar sagen, welche Strategie SAP bei Business By Design verfolgt und welche Märkte über die heutigen hinaus man in den nächsten fünf Jahren adressieren will. Da fehlt ein klares Bekenntnis auf politischer Ebene.”
Doch muss man sich um ByDesign trotz verhaltener Verkaufszahlen denn eigentlich Sorgen machen? Wenn Horak von einem weiteren Startschuss spricht, meint er die mit der Version 4.0 hinzugekommen Länder? Denn den Startschuss zu einem Wettrennen kann er kaum meinen. “In der Art und Weise, wie SAP ByDesing positioniert, ist das Produkt in seinem Funktionsumfang mehr oder weniger konkurrenzlos”, erklärt Rüdiger Spies, Analyst und Independent Vice President Enterprise Applications bei IDC.
Somit tritt SAP in einer Kategorie an, in der derzeit kein zweites Unternehmen vergleichbares anbietet. Damit dürfte SAP, auch wenn es diesen Lauf nun sehr vorsichtig und zurückhaltend angeht, der erste Platz gewiss sein.
Schließlich hatte SAP ja auch das Ziel, bis Ende 2011 1000 Kunden für die ERP-Lösung zu haben, ja auch erreicht. Als weiteren Grund für das scheinbar nur langsam vorankommende ByDesign-Geschäft sieht Spies auch in dem “extremen Fokus” SAPs auf den Themen HANA und Mobility. Zudem habe SAP mit Business One ja ein Erfolgsmodell und die Vertriebsmannschaft verdiene hier gutes Geld. “ByDesign hingegen ist ein langfristiges Geschäft”, kommentiert Spies. “Hier kommen die Umsätze erst in den nächsten Jahren.”
Einen massiven Hemmschuh für den Erfolg des On-Demand-ERPs sieht Spies jedoch mit der Einführung des SDKs aus dem Weg geräumt. “SAP dreht sicher noch weiter an einigen Stellschrauben, um die Plattform zu optimieren. Es besteht in absehbarer Zeit keine Gefahr, dass ByDesign unter die Räder gerät.”
[mit Material von Markus Reppner, ZDNet.de]
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