IRQ 12-6: Offener Brief an Microsoft

Hey Microsofties,

Klasse! Eine tolle Pressemitteilung habt Ihr mir da gemailt. “Einfach und richtig gendern” ist sie überschrieben.

Wörtlich übersetzt bedeutet „gendern“ ja geschlechteln. Aber so frivol meint Ihr das natürlich nicht, sondern selbstverständlich politisch korrekt. Brav!

Ein Plug-in für Word zur “Überprüfung der geschlechtergerechten Schreibweise in Textdokumenten” habt Ihr entwickelt. Und das habt Ihr auch noch zum kostenlosen Download als Open Source (!) ins Netz gestellt.

Ihr seid mittlerweile ja richtig auf der Höhe der Zeit. Das Internet habt ihr kürzlich entdeckt und auch diese komischen Handys, die eigentlich PCs sind, obwohl meist kein Windows drauf läuft. Und jetzt auch noch die Frauenfrage, womit sich’s PR-mäßig so gut punkten lässt. Toll!

Trotzdem, Microsofties, warum so spät? Eure ganzen Konkurrenten vermarkten es doch seit Jahren schon, wenn einmal ein zufällig weiblicher Terrier sich bis an die Konzernspitze hochgebissen hat.

Bei Hewlett-Packard war lange Zeit Carlton Fiorina der Chef – “die Chefin”, wie Euer Gender-Plug-in hoffentlich korrigieren würde. Seitdem verfügt das Unternehmen über keine Hochtechnologie mehr, sondern nur noch über Wintel-Geraffel. Es musste doch wirklich einmal klar gelegt werden, dass es für solch eine Fehlentscheidungen keinen Mann braucht, sondern dass auch ein weiblicher CEO sie treffen kann.

Einer ihrer Nachfolger dann handelte nach dem Alt-68er-Motto: Der Unterschied zwischen Mann und Frau ist eine Quelle der Lust. – Alles Andere ist reaktionärer Quatsch. – Seitdem konkurriert er mit Safra Catz darum, wer Nachfolger des Patriarchen Lawrence Joseph Ellison bei Oracle wird.

Warum, Microsofties, aber habt Ihr solange zu diesem Thema geschwiegen? – Etwa, weil Ihr wusstest, dass es dem gemeinen Arbeitsmann und der gemeine Arbeitsfrau egal ist, ob einem ein Chef – oder eben eine Chefin – bei der Arbeit im Weg herum steht. – Doch wohl eher nicht.

Chefs sind ja wichtig, was sie durch öffentlich ausgetragene Bedeutungsschwangerschaften stets zu unterstreichen wissen. Seid Ihr Microsofties etwa draufgekommen, dass so eine Bedeutungsschwangerschaft deutlich an Metaphorik verliert, wenn sie auch von Frauen ausgetragen wird, und habt deshalb so lange gezögert? Dazu hättet Ihr in Eurer Pressemitteilung schon auch was schreiben können.

Und sagt mal, Microsofties, warum redet Ihr mich in Eurer politisch korrekten Mail eigentlich als “Sehr geehrte(r) Herr Killer” an? Habt Ihr das mit dem Gendern doch nicht so richtig drauf?

Oder seid Ihr ganz einfach draufgekommen, dass man sich Software von Euch – und sei’s ein Plug-in – besser nicht auf den Rechner lädt. Das wäre doch mal eine Erkenntnis!

Ein fetter Pinguin soll Euch dafür knutschen. Oder wenn Euch das lieber ist, eine grazile Pinguin-Dame.

Redaktion

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  • Eine Lanze für jene Damen, die es geschafft haben sich bis an die Konzernspitze hochzuarbeiten: Nicht immer haben sie ähnlich grobe Fehlentscheidungen auf dem Kerbholz wie ihre männlichen Kollegen, was sich gerade am Beispiel HP gut beobachten läßt. Bezüglich Fehlentscheidungen war sicher der zuletzt hinausgeworfene CEO einsame Spitze, und seine Nachfolgerin wird daran noch schwer zu tragen haben.

    Die im Artikel erwähnte frühere HP-Chefin Carly Fiorina hingegen mag auch ihre Schwächen gehabt haben, man sollte ihr aber zugute halten daß sie den Merger mit Compaq gegen heftigste Widerstände durchgesetzt und damit HP gerettet hat. Das Unternehmen lebt heute im wesentlichen von den durch Compaq eingebrachten Produktlinien, auch wenn diese hier abfällig als "Wintel-Geraffel" abgetan wurden. Und überdies hat HP seit der Compaq-Übernahme auch wirklich bemerkenswerte Hochtechnologie im Portfolio - ein massiv paralleles ausfallsicheres Rechnersystem, welches man in ähnlicher Form beim Wettbewerb vergeblich sucht.

  • Wir, die Microsoft Pressestelle, waren gestern für Stunden nicht erreichbar, weil alle KollegInnen sich prustend vor Lachen auf dem Boden gewälzt und um Luft gerungen haben. Bitte mehr davon, You made our day!

    Wörtlich übersetzt heißt gendering „Vergeschlechtlichung“, aber jetzt mal Ernst beiseite. Dass Sie als gestandener Journalist zum „Geschlechteln“ nicht auf die Hilfe eines Microsoft Plug-Ins angewiesen sind, können wir nachvollziehen, genauso wie Ihr Zitat: “Satire ist ein ernsthaft zu betreibendes Geschäft. Man muss sich da schon vorab ein paar Gedanken machen, wie sie denn wirken.” Doch: Bei aller Abneigung gegen Thesaurus & Co., eine Rechtschreibprüfung täte dem Artikel gut.

    Bei Tablets, Frauen in Führungspositionen, Smartphones & Co. waren wir der Zeit immer weit voraus, lediglich das Internet hatten wir fast verpennt. Aber als Microsoft 1996 seinen ersten Browser auf den Markt brachte, war der Großteil der Redaktion der Computer Zeitung noch per CompuServe unterwegs. Und mit Pinguinen knutschen wir schon lange, wie unser Engagement auf der Plattform http://www.Codeplex.com belegt.

    Ganz liebe Grüße
    Ihre Microsoft Pressestelle

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