Demnach ist die Mehrheit der Softwareentwicklung-Manager in Deutschland überzeugt, dass sich die herkömmliche Entwicklung negativ auf das Wachstum des Unternehmens auswirkt. Das ist das Ergebnis der Studie Business Benefits of Service Virtualization, die das britische Marktforschungsunternehmen Coleman Parkes im Auftrag von CA Technologies durchgeführt hat.
Über zwei Drittel (71 Prozent) der deutschen Befragten gaben an, dass der Ruf ihrer IT-Abteilung leidet, weil für Software-Applikationen keine zeitgemäßen Entwicklungs- und Testverfahren angewendet werden. Die Folge seien vor allem Qualitäts- und Zeit-Probleme bei der Applikations-Einführung, Schwachstellen in Perfomance-Tests sowie Probleme beim Probebetrieb.
Für die Studie wurden über 300 Manager in Deutschland, Frankreich und Großbritannien befragt – deutsche Entwicklungs- und Test-Teams scheinen von den Problemen besonders betroffen. “Wie die Studie aufzeigt, gehen die deutschen Entwickler davon aus, dass sie durchschnittlich 5,9 Anwendungsprogramme pro Jahr entwickeln – das ist die niedrigste erhobene Zahl im Vergleich zu Frankreich und UK”, sagt Justin Vaughan-Brown, Strategic Relationships Director EMEA bei CA Technologies. “Gleichzeitig sind 70 Prozent der deutschen Entwickler davon überzeugt, dass die erwartete Funktionalität der Software im Jahr 2012, verglichen mit der im Jahr 2011, zunehmen wird. Nur vier Prozent der Befragten gehen von einem geringeren Funktionsumfang aus.”
Als Reaktion darauf, denkt bereits knapp die Hälfte der Befragten (44 Prozent) darüber nach, auf eine cloudbasierte Entwicklungsumgebung umzuschwenken, Noch mehr, nämlich 49 Prozent der Software-Entwickler, beschäftigen sich mit agilen Entwicklungsmethoden.
Eine aktuelle Studie der Hochschule Koblenz liefert hier ein Bild, wie agile Methoden in deutschsprachigen Unternehmen verwendet werden. Klares Ergebnis: Die wenigsten Unternehmen setzen ausschließlich auf klassische oder agile Methoden. Stattdessen nutzt über ein Drittel (35 Prozent) beide Varianten, mehr als ein Viertel (27 Prozent) arbeitet mit Mischformen.
Die durchgängige Nutzung agiler Methoden macht 16 Prozent und damit die kleinste Gruppe aus. Am weitesten verbreitet ist Scrum, dabei werden einzelne Anforderungen in kleine Teilaufgaben zerlegt. Von den durchgängig agilen Umfrageteilnehmern wurde die Methode zu 100 Prozent als gut oder sehr gut bewertet.
Überhaupt scheint sich der Wechsel zu agilen Methoden zu lohnen. Umsteiger sehen deutlich Verbesserungen bei der Erfolgsquote. 94 Prozent ziehen eine positive Bilanz. Ein Viertel der Befragten bewertet die Verbesserungen als sehr viel höher als den Aufwand. Nur fünf Prozent der Befragten gaben an, dass mit der Anwendung agiler Methoden keine Verbesserungen bei Ergebnissen und Effizienz erreicht worden sind.
Bei der Eigeneinschätzung des Erfolgs des eigenen Unternehmens zeigen die agilen Unternehmen ähnliche Werte. Alle drei Gruppen stufen sich erfolgreicher als andere Unternehmen der Branche ein. Unternehmen, die klassisches Projektmanagement betreiben, sind dagegen nur ähnlich erfolgreich wie andere Unternehmen der Branchen.
Um dieses Erfolgspotential abschöpfen zu können, müssen aber offenbar bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sein: Der Einsatz agiler Methoden bei der IT-Entwicklung stehe auch in direktem Zusammenhang mit der Unternehmenskultur: “Während die Gruppen mit agilen Methoden zu fast oder sogar mehr als 50 Prozent feststellen, Ihre Unternehmenskultur basiert auf Wandel, sagen dies nur circa ein Viertel der Befragten, die auf klassische Methoden setzen”, schreiben die Wissenschaftler er Hochschule Koblenz.
Zentraler Erfolgsfaktor für agile Projekte sei die Einbettung in das Gesamtunternehmen, sagt Wolfram Müller-Grabellus, Scrum-Experte bei Hamburger IT-Beratungshaus Nielsen+Partner. Kleine Pilotprojekte mit engagierten Mitarbeitern könnten zwar durchaus erfolgreich sein. Ohne die nötige Außenwirkung – durch die Unterstützung des Top-Managements sowie internes Eigenmarketing – bleibe jedoch die langfristige Wirkung auf die Projektkultur aus.
Wenn agile Projekte in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister entstehen, lauern zusätzliche Fallstricke. Es gehe inzwischen verstärkt darum, die Risiken zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu verteilen, sagt Rüdiger Striemer, Co-Vorstandsvorsitzender des Dortmunder IT-Dienstleister adesso. Er fordert eine Abkehr von der “Vollkasko-Mentalität” vieler Auftraggeber.
“Beide Seiten profitieren, und beide Seiten müssen sich auch bewegen. Ein Beharren auf vertraglich risikoabsichernde, ausgedehnte Spezifikationsphasen wird sich in Zukunft nur noch selten durchsetzen lassen.” Eine ausführliche silicon.de-Rechtskolumne zur vertraglichen Absicherung agiler Software-Projekte finden sie hier.
Trotz der zahlreichen Aspekte, die beim Umstieg auf neue Methoden zur Software-Entwicklung beachtet werden müssen, scheint das Festhalten an herkömmlichen Methoden keine Alternative. Gefragt nach den negativen Auswirkungen, haben die deutschen Teilnehmer der Studie von CA Technologies eine lange Liste parat. Wer an klassischen Vorgehensweisen festhält, benötigt ihrer Meinung nach weiteres Budget für zusätzliches Personal (78 Prozent), läuft Gefahr gewünschte Applikationen zu spät an Stammkunden auszuliefern (76 Prozent), setzt das Ansehen der IT im Unternehmen aufs Spiel (58 Prozent) und riskiert, dass neue Software nur im eingeschränkten Funktionsumfang produktiv geht (55 Prozent).
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