“Analysen sind längst nicht mehr reine Chefsache”

silicon.de: Herr Kobek, seit Jahren prosperiert der Bereich Business Intelligence (BI). Auch in den nächsten Jahren prognostizieren Analysten und Marktbeobachter diesem Markt überdurchschnittliches Wachstum. Haben Sie eine Idee, warum das so ist?

Kobek: Der offensichtlichste Grund ist, dass wir immer mehr und unterschiedliche Daten produzieren. Die Geschäftswelt ist inzwischen global hochvernetzt. Jede unserer Transaktionen erzeugt elektronische Daten. Dazu kommt, dass auch immer mehr Maschinen, mobile Geräte oder auch Warenartikel mit Chips, GPS-Sendern oder RFID-Tags versehen sind und Informationen zu Standort, Leistung oder Einsatz liefern können. Rechnet man dazu noch die unstrukturierten Daten aus E-Mails, Chats, Foren oder Videos, ergibt sich daraus ein wahrer Datenschatz. Führende Unternehmen sehen hier ihre Chance, daraus wichtige Informationen für ihren Geschäftserfolg zu ziehen und erwerben daher BI-Werkzeuge, um darüber Trends und Kundenpräferenzen aufzuspüren. Daraus entwickelt sich eine Sogwirkung: Andere Unternehmen müssen mitziehen und einen aktuellen Überblick über ihre Geschäftsentwicklung behalten, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Ein weiterer Grund ist der Wandel im Anforderungsprofil für BI-Software: Analysen sind längst nicht mehr reine Chefsache. Statt nur der Geschäftsführung einen statischen Bericht zu liefern, müssen BI-Lösungen heute auch Antworten für andere Geschäftsbereiche wie Marketing, Vertrieb, Controlling oder Logistik parat halten. Implementierungen werden breiter – damit steigt auch das Investitionsvolumen in Software. Daneben gewinnen neue Bereiche an Bedeutung, in denen Analysen gefordert sind: IDC beispielsweise spricht davon, dass Investitionen in Compliance und Sicherheit gestiegen sind. Dadurch wächst auch die Nachfrage an analytischen Lösungen und Reporting-Anwendungen.

silicon.de: Hersteller sprechen in den zurückliegenden Monaten auch gerne über Big Data. Welche Rolle will QlikTech denn hier spielen? Dieser Technologie-Bereich ist ja stark durch quelloffene Technologien gekennzeichnet.

Kobek: Das Phänomen Big Data habe ich ja bereits zuvor angerissen: Immer mehr und verschiedene Datenformate stellen Unternehmen vor eine echte Herausforderung. Unser Anspruch ist, dass Anwender mit QlikView Informationen für bessere Entscheidungen erhalten. Bei uns stellt sich also weniger die Frage nach dem Volumen von Daten, sondern vielmehr nach deren Relevanz. Wir picken sozusagen aus einer riesigen Datenmenge die Rosinen heraus, filtern die relevanten Informationen und stellen sie dem Anwender zur Verfügung. Aus technischer Sicht lässt sich hier noch ergänzen, dass wir uns seit der Gründungvon QlikTech im Jahr 1993 auf In-Memory-Technologie stützen. Wir haben somit langjährige Erfahrung darin, Prozessorleistung so effizient wie möglich zu nutzen. Das kommt uns bei der Analyse großer Datenvolumina zugute, sprich dann, wenn zahlreiche Anwender gleichzeitig auf Milliarden von Datensätzen zugreifen müssen.

silicon.de: Ein weiterer Trend bei Business Intelligence lässt sich in meinen Augen am besten mit Pervasive Business Intelligence umschreiben. Dabei bekommen immer mehr Anwender Zugriff auf die Werkzeuge, die in traditionellen Konstellationen von technisch versierten Spezialisten erstellt werden müssen. Was ändert sich dadurch für die Fachabteilungen?

Michael Kobek, QlickTech.

Kobek: Wir verknüpfen Pervasive Business Intelligence mit dem Begriff Business Discovery: Dahinter verbirgt sich ein anwendergesteuerter Ansatz, der dem Anwender in der Fachabteilung die Kontrolle über die Analysen überträgt. Traditionell folgte BI einem Top-Down-Prozess, in dem alles zentralisiert und vordefiniert ablief. Vorbestimmte Pfade und Fragen, die weit vor der Lieferung einer Analyse festgelegt werden mussten, limitierten die Anwender auf eine ganz bestimmte Sicht der vorliegenden Daten. Mit Business Discovery können Nutzer direkt während der Analyse neue Fragen stellen und Querverbindungen ziehen. QlikView verwendet drei Farben: Die Antworten auf eine Frage werden grün angezeigt, verwandte Daten in weiß. Nicht ausgewählte Daten bleiben grau. Ein Beispiel: Ein traditioneller BI-Bericht zeigt, welcher Mitarbeiter welche Produkte in welchem Gebiet und über welchen Zeitraum erfolgreich verkaufen konnte. QlikView liefert mit der Farbcodierung zusätzliche Antworten auf Fragen, die der Mitarbeiter nicht gestellt hat, die aber vielleicht einen entscheidenden Erkenntnisgewinn liefern – etwa, welche Produkte nicht verkauft worden sind. Mit Business Discovery kann man Daten also nicht nur sehen, sondern auch verstehen. Was sich für die Fachabteilungen ändert, ist damit klar: Sie können mit BI selbstbestimmter umgehen, sind weniger abhängig von der IT und schneller in ihrer Entscheidungsfindung.

silicon.de: Aber die Daten fallen ja auch für Business Discovery nicht vom Himmel. Auch wenn sich das Arbeiten, das Erstellen von Reportings oder auch die Abfrage von bestimmten Daten durch diesen Ansatz deutlich vereinfacht, muss das System ja an irgendeiner Stelle mit den Informationen gefüttert werden. Wird dadurch das für die späteren Anwender ‘unsichtbare Backend’ nicht deutlich komplizierter?

Kobek: QlikView ermöglicht den Anwendern, Informationen aus verschiedenen Quellen zu konsolidieren. Betrachtet man die heutige Vielfalt an Datenquellen, ist offensichtlich, dass an der Datenqualität gearbeitet werden muss: Je nach Quellsystem variieren Daten in Inhalt, Form sowie der syntaktischen und semantischen Validität. Sie sind oftmals unvollständig, ungenau oder veraltet. Um hier Kontrolle und maximale Datenqualität zu bieten, kooperieren wir seit einiger Zeit mit Trillium Software, einem anerkannten Marktführer im Bereich Informationsqualität. Diese Zusammenarbeit unterstützt einen verbesserten Transfer komplexer Geschäftsdaten in QlikView-Anwendungen. Das Backend wird dadurch vereinfacht und ein umfassendes Data Profiling sowie Datenbereinigung, -erweiterung und -verknüpfung ermöglicht.

silicon.de: Kann man denn auf diese Weise tatsächlich mehr Anwender erreichen (für die mir dann gegebenenfalls auch zusätzliche Lizenzkosten entstehen), oder wird es für eine beschränkte Zahl von Anwendern, die diese Tools nutzen, dadurch nur einfacher und schneller, sich eigene Analysen zusammenzustellen?

Kobek: Wir sehen bei vielen unserer Kunden zwei Hauptgründe, warum die Zahl der Anwender tatsächlich steigt. Zum einen ist der Kreis der BI-Anwender nicht mehr auf wenige Experten begrenzt. Die hohe Benutzerfreundlichkeit ermöglicht es theoretisch jedem Mitarbeiter, selbstständig mit der Analyse-Software zu arbeiten. Zum anderen ziehen Kollaborationsmöglichkeiten mehr und mehr Anwender auf unsere Plattform. Entscheidungen werden selten alleine getroffen – im Gegenteil: Meist tauscht man sich aus, diskutiert und fasst dann gemeinsam einen Entschluss. Wir haben daher Funktionen für Social Business Discovery in QlikView integriert. Das heißt, dass Analysen einfach und unkompliziert mit Kollegen geteilt werden können. Der Anwender lädt andere Benutzer ein, die, selbst wenn sie keine QlikView-Lizenz haben, live und interaktiv gemeinsam an einer Analyse zu arbeiten. Dadurch setzt in der Regel ein Schneeball-Effekt ein: Mehr und mehr Mitarbeiter entdecken QlikView für ihre Arbeit und fordern einen breiteren Roll-out.

silicon.de: Wenn wir gerade bei der Nutzerfreundlichkeit sind, sehen Sie diese denn auch durch Technologien wie In-Memory gefördert? Schließlich arbeitet QlikTech ja schon seit einigen Jahren mit dieser Technologie.

Kobek: QlikTech zählt zu den Pionieren im Bereich In-Memory-Technologie, die den Arbeitsspeicher als Datenspeicher für die Analyse nutzt. In-Memory-Technologie hat ihre heutige Popularität dem Preisverfall von Arbeitsspeicher zu verdanken: Die meisten Rechner sind inzwischen leistungsstark genug, um In-Memory-Ansätze zu unterstützen. Der Vorteil für den Anwender ist die Geschwindigkeit: Zwischen der Frage an das BI-System und der Antwort liegen nur ein paar Klicks. Auch die Navigation in Daten unterschiedlicher Detailtiefe und Aggregationen erfordert keine umfangreichen Neukonstruktionen der Datenbank oder lange Analysezeiten. In-Memory-Technologie liefert die technische Basis für unsere Business-Discovery-Plattform und die assoziative Analyse. So können wir Ergebnisse ähnlich wie über eine Internet-Suchmaschine präsentieren: Der Anwendergibt Worte oder Wortgruppen in beliebiger Reihenfolge in ein Suchfeld ein und erhält innerhalb von Sekunden assoziative Ergebnisse, die neue Verbindungen und Beziehungen zwischen den Daten aus verschiedenen Anwendungen aufzeigen – als Diagramm, Tabelle oder Kurve in 2D- oder 3D-Ansicht.

silicon.de: Man kann sich vorstellen, dass eine OLAP-Abfrage durch In-Memory beschleunigt wird. Dennoch gibt es ja auch Datensätze, die über einen gewissen Zeitraum konstant bleiben. Was nutzt dann eine schnelle Realtime-Analyse? Muss ich denn auf der anderen Seite, etwa im Reporting meine Tools nicht auch auf die In-Memory-Technologie optimieren, oder kann ich bestehende Technologien oder Investitionen ganz einfach weiter nutzen?

Kobek: Richtig – der Zugriff auf Daten auf Festplattenspeicher könnte theoretisch zu einem Engpass werden. In der Praxis lässt sich dieses Problem umgehen: Ein Reporting benötigt nie alle konstanten Daten. QlikView lädt regelmäßig alle neuen Informationen in den Arbeitsspeicher, so dass diese bei einer Abfrage zur Verfügung stehen. Die Voraussetzung dafür ist ein leistungsstarker Server mit ausreichend Arbeitsspeicher.

silicon.de: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen, bei dem die In-Memory-Technologie tatsächlich einen messbaren Vorteil bringt?

Kobek: Gerne. Ein gutes Beispiel ist die BOWA Electronic GmbH &Co. KG, ein Anbieter von Hochfrequenz-Chirurgie-Geräten und Zubehör. Das Unternehmen aus dem Bereich Elektromedizin verwendet QlikView in mehreren Bereichen – darunter Controlling, Vertrieb, Personal und Produktion. Ausgewertet werden rund 11 Millionen Datensätze aus SAP®, MS Dynamics CRM und Excel. Die Produktion informiert sich beispielsweise über Auftragsstratus, ausstehende Materiallieferungen und ruft monatlich die Materialpreisentwicklung ab. Während das Controlling früher zwei Stunden alleine für die Aufbereitung der Zahlen gebraucht hat, ist dies nun in wenigen Sekunden erledigt und die Mitarbeiter können sich auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren: die Analyse der Daten.

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Redaktion

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