Categories: Management

Wann Verbraucher im Inland ausländische Firmen verklagen dürfen

Der europäische Gerichtshof stellt klar (Urteil vom 06.09.2012 Az.: C-190/11), dass der Umstand, dass ein Verbraucher zum Vertragsschluss in das EU- Heimatland des Verkäufers gefahren ist, nicht automatisch bedeutet, dass das Gericht im EU-Heimatland des Käufers nicht zuständig ist.

Bei grenzüberschreitenden Geschäften kann somit der Verbraucher den Unternehmer auch vor inländischen Gerichten verklagen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die berufliche und gewerbliche Tätigkeit des Verkäufers auf das Heimatland des Verbrauchers ausgerichtet ist.

Zwar habe die europäische Regelung bis 2002 verlangt, dass der Verbraucher die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen in seinem Land vorgenommen haben musste, die derzeitig gültigen Regelungen enthielten aber eine solche Voraussetzung nicht, argumentiert das Gericht. Ziel der Neuregelung war es, den Schutz der Verbraucher zu verbessern.

Der Fall

Eine Österreicherin hatte bei österreichischen Gerichten gegen ein Hamburger Autohaus geklagt. Sie forderte die Wandlung des Kaufvertrages über einen Pkw, den sie für ihren privaten Bedarf gekauft hatte. Auf das Angebot des Autohauses war sie über ihre Recherche im Internet gestoßen. Zur Unterzeichnung des Kaufvertrags und Übernahme des Autos begab sie sich jedoch nach Hamburg. Zurück in Österreich entdeckte sie, dass das Fahrzeug wesentliche Mängel aufwies. Da das Hamburger Autohaus sich weigerte das Fahrzeug zu reparieren, erhob die Österreicherin Klage bei österreichischen Gerichten. Deren internationale Zuständigkeit wurde von dem beklagten Autohaus gerügt.

Das Urteil

Mit seinem Urteil gab der europäische Gerichtshof der Österreicherin Recht. Die Möglichkeit für einen Verbraucher, ein Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat vor einem inländischen Gericht zu verklagen, setzte nicht voraus, dass der Vertrag im Fernabsatz geschlossen wurde.

Der oberste Gerichtshof ist im vorliegenden Fall der Auffassung, dass die gewerbliche Tätigkeit des Autohauses durchaus auf Österreich ausgerichtet gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass die Website des Autohauses in Österreich zugänglich gewesen sei und dass es Fernkontakte (Telefon/E-Mails) zwischen den Vertragsparteien gegeben habe.

Das EU-Recht wolle den Verbraucher als schwächere Vertragspartei in grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten schützen, indem ihm der Zugang zur Justiz insbesondere durch geographische Nähe zum zuständigen Gericht erleichtert wird.

Redaktion

Recent Posts

Bau-Spezialist Schöck: Migration von SAP ECC ERP auf S/4HANA

Bau- und Fertigungsspezialist investiert in die S/4HANA-Migration und geht mit RISE WITH SAP in die…

1 Tag ago

Pure Storage: Cloud, KI und Energieeffizienz

Trends 2025: Rasante Entwicklungen bei Automatisierung, KI und in vielen anderen Bereichen lassen Unternehmen nicht…

2 Tagen ago

GenKI verbessert Datenmanagement und Angebotsgenauigkeit

DHL Supply Chain nutzt generative KI-Anwendungen für Datenbereinigung und präzisere Beantwortung von Angebotsanforderungen (RFQ).

3 Tagen ago

Rolls-Royce Power Systems nutzt industrielle KI aus der IFS Cloud​

Marke mtu will globale Serviceabläufe optimieren und strategische Ziele hinsichtlich Effizienz, Nachhaltigkeit und Wachstum unterstützen.

3 Tagen ago

Thomas-Krenn.AG: viele Pflichten, knappe Ressourcen, mehr freie IT-Welt

IT-Infrastruktur-Trends 2025: Open-Source-Projekte sowie aufwändige regulatorische und Pflichtaufgaben werden das Jahr prägen.

3 Tagen ago

Stadt Kempen nutzt Onsite Colocation-Lösung

IT-Systeme werden vor Ort in einem hochsicheren IT-Safe betrieben, ohne auf bauliche Maßnahmen wie die…

4 Tagen ago