Roadmap 3.0: SAP definiert Mobile Business jenseits von App-Philosophie
Auf der Fachkonferenz Mobile Business für SAP-Anwender 2012 skizzierte der Global Player erste Umrisse einer umfassenden Mobilitätsstrategie. Der Softwarekonzern aus Walldorf investiert massiv in Technik und personelle Ressourcen, um mit einer vollständigen Integration die Anwender von seiner mobilen Vorreiterrolle in der Branche zu überzeugen.
Der einfache Download einer kleinen App dürfte gerade bei sensiblen betriebswirtschaftlichen Kernfunktionen im Unternehmen nicht dazu ausreichen, verlässliche Kunden- und Serviceprozesse zu implementieren.
Aber auch komplexe Anwendungen haben es in sich. Oder wie es ein Anwender am Rande der Mobile Business Conference für SAP Anwender 2012 mit einem Bonmot so formulierte: Sein Unternehmen beschäftige sich hauptsächlich damit, wie man überflüssige SAP-Features wieder deaktiviere.
Die positive Nachricht lautet: Das Gros der Unternehmen ist aufgrund der anhaltenden Consumerisierung der IT weiter dazu bereit, den Weg der Hersteller in das mobile Zeitalter mitzugehen. Dies trotz einer unübersichtlichen Zahl von Endgeräten und Betriebssystemen, sowie einer bei den Anbietern einsetzenden Marktkonsolidierung, bei der sich das Setzen auf ein (mobiles) Pferd später als Irrweg erweisen kann.
So verdeutlichte die 8. Mobile Business Conference in Berlin: Die mittlerweile flügge gewordenen Businesslösungen treiben den Markt, was auch das rege Interesse der Teilnehmer an diesem Event dokumentierte. Seit dem Jahr 1999 befinden sich SAP’s Mobility Plattformen im Entwicklungsprozess. Manche Beobachter nennen dies auch „Findungsprozess“.
Nach SAP CRM Mobile kamen im Jahr 2003 sukzessive weitere Lösungen heraus, wie SAP MAM beziehungsweise MAU für die Bereiche Instandhaltung und Service. Im Jahr 2008 legte das Unternehmen SAP Net Weaver Mobile (NWM) vor, gefolgt nach der Übernahme von Sybase von der SAP Mobility Plattform und SAP Mobile Apps im vergangenen Jahr.
„Die gesamte SAP-Plattform soll bald auf kleineren Endgeräten nutzbar sein, wobei unser Augenmerk darauf liegt, perspektivisch das höchste Maß an Integrationsqualität sicherzustellen“, betont Dr. Alexander Arnold, Head of Excellence Center Mobile Business Solutions (D/A/CH) bei SAP Deutschland, mit Blick auf die sich abzeichnende Roadmap für das kommende Jahr.
Denn der Softwarekonzern möchte seine Aktivitäten zu einer konsistenten und gleichwohl offen gestalteten „SAP Mobility Plattform 3.0“ (SMP 3.0) ausbauen. Erste Lösungsansätze dazu sollen bereits im Frühjahr spruchreif sein. Dabei gehe es darum, die Integration zwischen Daten und mobilen Geräten sicher zu gestalten, lässt Arnold durchblicken.
Angetrieben wird der Markt von SAP durch strategische Übernahmen. Neben dem Service- und Unternehmenssoftwareanbieter Sybase spielt laut Arnold auch der im Frühjahr übernommene Mobile Enterprise Spezialist Syclo mit seinem mobilen Framework Agentry eine wichtige Rolle. Das Unternehmen beschäftigt 170 Mitarbeiter weltweit.
Um den Anwendern den Umstieg auf einer verlässlichen Planungsgrundlage zu ermöglichen, soll es einen Upgrade-Pfad geben von der für das mobile Unternehmen maß geschneiderten Sybase Unwired Platform (SUP), hin zur neuen Plattform unter der provisorischen Bezeichnung „SAP Mobility Plattform 3.0“ (SMP 3.0).
Nur die Zusammenführung zwischen Sybase (SUP) und Syclo (inklusive Agentry) decke alle Anforderungen einer vollständig integrierten mobilen Plattform ab, skizziert der SAP-Experte. Auf eine zeitlich verbindliche Produkteinführung möchte sich SAP aber derzeit – auch aus rechtlichen Gründen – nicht festlegen lassen.
„Super-Set“: Abspecken und aufrüsten zugleich
Laut SAP zielen die mit der Plattform SMP 3.0 einher gehenden Bestrebungen aber vor allem auf die Senkung von Betriebskosten ab, etwa in den Bereichen Vertrieb und Marketing sowie Instandhaltung und Service. Um die damit verbundenen Effizienz- und Kostenvorteile zu realisieren, seien reduzierte und vereinheitlichte Plattformarchitekturen notwendig, sagt Alexander Arnold.
Der von Walldorf verfolgte „Box-Ansatz“ soll nach eigener Aussage damit einer vollständigen Integrationslösung weichen, im firmeneigenen Fachjargon als „Super-Set“ bezeichnet. Dieser Schritt ziehe massive finanzielle Investitionen in umfassende Integrationsteams nach sich. „Wir möchten unseren Kunden die Sicherheit geben, dass wir hier als Marktführer voran gehen“, so der Experte weiter.
Sisyphosarbeit: ROI bei mobilen CRM-Lösungen errechnen
Aus Sicht der Anwender rückt vor allem eine realistische Kosten-Nutzen-Betrachtung in den Fokus. Mit Blick auf SAP CRM Lösungen hat das Beratungsunternehmen Neo Business Partner GmbH einen so genannten „ROI-TCO-Kalkulator“ entwickelt. Damit seien Unternehmen auch beim Schwenk zu SAP Mobile in der Lage, eine plausible Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anhand von weichen Faktoren in Vertrieb und Service erfolgreich zu bewerkstelligen.
Dazu sind laut Neo Business Partner zunächst die geschäftlichen Ziele vom jeweiligen Unternehmen möglichst exakt zu spezifizieren und anhand von sinnvollen Metriken zu operationalisieren. Am Beispiel einer Szenarioanalyse im Bereich Großhandel hat der IT-Dienstleister die konkret zu realisierenden Einsparpotentiale bereits durch kalkuliert.
So lasse sich etwa beim Außendienst durch saubere Dokumentation und fortlaufende Datenpflege via mobile Anbindung der Aufwand für die Vor- und Nachbereitung von Kundenterminen deutlich minimieren. In einem konkreten Fallbeispiel betrug die Kostenersparnis bis zu 17 Prozent.
Auch der Innendienst profitiere durch reibungslose Online-Dokumentation und benötige somit deutlich weniger Nacharbeit für das manuelle Einpflegen von Daten. Letztlich könne dadurch die Mitarbeiterzahl in Vertrieb und Außendienst leicht sinken, rechnen jedenfalls die Experten von Neo Business Partner vor, was weitere finanzielle Einsparungen nach sich ziehe.
Was sich für den einen oder anderen erfahrenen IT-Praktiker mit Blick auf die komplexe Integration von mobilen Lösungen in das SAP-Alltagsgeschäft noch wie „Kaffeesatzleserei“ anhören mochte, versuchte die 8. Mobile Business Conference durch zahlreiche anschauliche Praxisberichte zu untermauern.
So berichtete etwa der Handwerksdienstleister Mega eG, dass es dem Unternehmen gelungen sei, durch mobile Lösungen und eine einheitliche Arbeitsweise im Außendienst die Transparenz und Effizienz deutlich zu erhöhen.
Die Folge: Keine Papierberichte mehr, alle Termine bei SAP CRM sind seit kurzem auch im Outlook-Kalender transparent. Jederzeit kann der Außendienst bei der Malereinkaufsgenossenschaft Mega über das mobile Endgerät beispielsweise Änderungen im aktuellen Datenbestand vornehmen, welche das IT-System automatisch synchronisiere.
Kurzum: Jede mobil nutzbare SAP-Lösung soll bei Mega eG einen kleinen Beitrag dazu leisten, alle relevanten Kundendaten topaktuell und verfügbar zu halten. Ein hoher Anspruch, der sich im Kleingedruckten von unzähligen Applikationen und Plattformen freilich nicht immer vollständig einlösen lässt, bestätigt denn auch Außendienstspezialist Malte Scharenberg.