SAPs Cloud-Bereich überbesetzt?

Über 55.000 Beschäftigte zählt SAP weltweit inzwischen. Da scheint die Tatsache, dass 350 Mitarbeiter in eine andere Abteilung verlegt werden, eher als eine Lappalie. Die Wirtschaftswoche zitiert aus Rhein-Neckar-Zeitung und Mannheimer Morgen den SAP-Betriebsratschef Stefan Kohl. Demnach hätten die Mitarbeiter gelassen auf die Umstrukturierung reagiert. Diese Überkapazitäten sind durch die Übernahme des amerikanischen Cloud-Spezialisten SuccessFactors zustande gekommen. 265 dieser Mitarbeiter sind am Hauptsitz in Walldorf tätig. Laut Betriebsrat sollen diese Mitarbeiter keine finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.

Aufhorchen lässt Kohls Aussage im Mannheimer Morgen: “Hier treffen zwei Dinge glücklich zusammen und wir sind erleichtert, dass wir über keinen Sozialplan verhandeln mussten.”

Nun spekuliert die Wirtschaftswoche, die zudem eine SAP-interne Quelle zitiert, darüber, dass ein Sozialplan nur bei betriebsbedingten Kündigungen nötig ist und dass daher SAP möglicherweise die Überkapazitäten im Geschäftsbereich Cloud durch Entlassungen abbauen wollte. Angesichts der “wirtschaftlichen Stärke” hätte SAP diesen Schritt jedoch laut WiWo-Quelle nicht rechtfertigen können.

Allerdings gehen Sozialplanverhandlungen keineswegs zwangsläufig betriebsbedingte Kündigungen voraus. Voraussetzung ist eine betriebliche Änderung, zu der neben der Stillung von Geschäftsbereichen unter anderem auch die Reorganisation oder die Zusammenlegung von Geschäftsbereichen zählen.

Allerdings scheint nicht nur diese Aussage des Betriebsrates bei den Beschäftigten für Unruhe gesorgt zu haben. Denn SAP habe die Pläne sehr schnell umgesetzt. Es wird berichtet, dass einige Mitarbeiter sogar im Urlaub telefonisch von der Versetzung informiert wurden. “Die gesamte Aktion wirkt so, als solle es schnell gehen”, so der SAP-Mitarbeiter gegenüber der WiWo.

Möglicherweise sollte durch den Mitarbeiterabbau der Cloud-Geschäftsbereich rentabler gemacht werden. Denn die Umstrukturierung fand vor dem neuen Quartal, das Anfang September startet, statt. SAP weist seit diesem Jahr in der Bilanz den Bereich Cloud gesondert aus.

Diese Spekulation wird von einer internen Mail von Gerd Oswald vom August gestützt. Dort heißt es: “Wir müssen einige historische Überkapazitäten in unserem Cloud-Segment adressieren, um die Grundlage für einen nachhaltigen, profitablen Geschäftserfolg zu legen.” Auch Oswald nennt den Personalbedarf bei Hana an gleicher Stelle als Glücksfall: “Er erlaubt uns, unsere Mitarbeiter durch Umschulungen für ihre neuen Verantwortlichkeiten fit zu machen, ohne Jobs streichen zu müssen.”

Offenbar hat man bei SAP also tatsächlich über Stellenstreichungen nachgedacht, was bei dem Software-Konzern durchaus selten vorkommt.

Dennoch wolle SAP diese Straffung des Personals nicht als Abkehr von der Cloud missverstanden wissen. Nach der Reorganisation werden hier rund 4100 Mitarbeiter beschäftigt sein. Bei Hana gibt es derzeit rund 1000 offene Stellen, die zudem recht schwierig zu besetzen sind, wie es aus dem SAP-Betriebsrat heißt.

Bernd Leukert, Leiter Anwendungsentwicklung, erklärte, dass SAP auch die Migration in die Cloud offenbar falsch bewertet hatte. Weniger SAP-Anwender als erwartet, haben bislang den Schritt in die Cloud gewagt. Bis Unternehmen ganze Prozesse in die Cloud verlagern, werde vermutlich noch viel Zeit vergehen. Heute glaube man bei der SAP eher an hybride Modelle.

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Redaktion

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