Spüren Sie den Fachkräftemangel, so die Fragestellung unserer Herbstumfrage für die silicon.de CIO Jury und ein fast einhelliger Chor aus Ja-Stimmen war die Antwort.
“Wir suchen seit Anfang des Jahres qualifizierte Netz-Admins und SAP MA – keine Resonanz, insbesondere im ländlichen Raum”, schreibt etwa Karl-Heinz Lager, CIO bei Dr. Suwelack. “Ausbildung und frühzeitiges Aufspüren von Talenten an Schulen hat hier bisher nur bedingt geholfen.”
Ralph Treitz ist dennoch überzeugt, dass dies der einzige Weg ist, sich mit Fachkräften zu versorgen. “Nämlich früh in der Kette anzusetzen, und Studenten bei Abschlussarbeiten, Promotionen usw. zu begleiten.” Bei VMS hat man nach den Worten des CEOs gute Erfahrungen mit diesem “frühen Fischen” gemacht. An der Grundproblematik ändere das allerdings nichts.
“Mehr werden es dadurch aber in Summe nicht. Die Menge ist ein gesellschaftliches Problem. Interessanterweise haben auch in Europa Länder mit schlechterem wirtschaftlichem Umfeld, zum Beispiel Rumänien oder Bulgarien eine bessere mathematische Grundausbildung und mehr Studenten im technischen Bereich. Über die Ursachen ließe sich sinnieren.”
Auch bei Bitmarck ist der Fachkräftemangel nach den Worten von CIO Andreas Straußfeld ein großes Thema. Aktuell begegne man dem Thema sehr intensiv, etwa durch gezielte Förderung von Fach- und Führungskräften sowie einem dualen Ausbildungssystem. Wo das nicht reicht “runden wir ab durch Hinzunahme externer Expertise”.
Vor allem aber treibt der Gedanke an die Zukunft IT-Leiter Straußfeld Sorgenfalten auf die Stirn: “Maßgeblich beschäftigt uns aber schon heute die Frage, welche Skills wir bei IT-Experten in fünf und mehr Jahren benötigen: sind es die klassischen Skills der ‘IT-Worker’ oder eher die soften Elemente? Und was tun wir aus Sicht des Managements dafür, diese Skills schon heute an Bord zu holen und uns selber darauf vorzubereiten? Das ist die eigentliche Herausforderung!”
Deutlich wird, das Firmen offenbar in erster Linie, den IT-Nachwuchs im Blick haben, da sich hier aktuell und in absehbarer Zukunft das größte Problem auftut. “Der Mangel scheint sich, meiner Meinung nach, auf 20-30jährige Fachkräfte zu beziehen”, sagt deshalb auch Siteco-CIO Peter Kempf . “Ältere Fachkräfte sind verfügbar. Die Entwicklung der aktuellen Durchschnitts-Gehälter, die sich ja in den letzen fünf Jahren kaum verändert haben, weist eher auf einen ausgeglichenen Arbeitsmarkt in der IT hin.”
Auch mit den Ursachen der für Unternehmen zunehmend heiklen Situation haben sich die Mitglieder unserer CIO Jury auseinandergesetzt. Da sind zum einen natürlich die Auswirkungen des demografischen Wandels. Doch die Verantwortung alleine auf dieses gesellschaftliche Phänomen zu schieben, wäre zu einfach, da sind sich die IT-Manager einig.
VMS-CEO Treitz etwa, nennt eine ganze Reihe von Ursachen: “Gesellschaftlicher Misserfolg bei der Positionierung von mathematisch-technischen Berufen als Wunschberuf, geringe Studentenzahlen, Desorientierung gerade in der IT mit einem ungesunden Wust an ‘Bindestrich-Informatikern’ und dementsprechend geringe Abgängerzahlen.”
Bernd Hilgenberg, Gründer des CIO Consulting Team, hat zwei weitere Ursachen des Fachkräftemangels ausgemacht. “Zum einen ist es die Konzentration im IT-Markt. Beispielsweise dominiert SAP den Markt bei den Businessanwendungen immer mehr. Die Folge ist, dass immer mehr SAP-Spezialisten benötigt werden. SAP-Spezialisten sind damit heute sehr schwer zu finden. Dies hat auch damit zu tun, dass man nicht “mal eben” zum SAP-Spezialisten wird, sondern diese Qualifikation längere Ausbildung und Erfahrung benötigt.”
Hinzu komme der schnelle technische Wandel. Wer sich heute beispielsweise mit dem Thema Big Data beschäftige, benötige Fachkräfte mit sehr speziellen Kenntnissen. So sei eine der am meisten gesuchten Qualifikation im Bereich Big Data die des Data Scientist. “Er übersetzt Business-Anforderungen in kundenspezifische Big-Data-Lösungen und agiert an der Schnittstelle von Business und IT”, beschreibt Hilgenberg das noch junge Job-Profil. Entsprechend schwer seien solche Qualifikationen zu finden.
“Aus diesem Grunde müssen diese Unternehmen heute sehr viel Kraft drauf verwenden, als Arbeitgeber attraktiv für Talente zu sein und zu bleiben”, sagt der Consultant. “Geld und Dienstwagen sind nicht mehr die ersten Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Fachkräfte an sich zu binden.”
Zum zweiten Mal in diesem Jahr haben wir diesmal unsere CIO Jury in Zusammenarbeit mit CIONET erstellt. Auch Deutschland-Geschäftsführer Tobias Frydman mahnt, dass der Fachkräftemangel mehr als ein “Beschaffungsproblem” sei. “Durch den zunehmenden Wettbewerb um geeignete Fachkräfte müssen sich CIOs vermehrt damit beschäftigen, wie sie Ihre aktuellen Fachkräfte halten können.”
Das Ergebnis einer Umfrage unter den CIONET-Mitgliedern ist eindeutig: 90 Prozent der deutschen CIOs, die an der Umfrage teilgenommen haben, spüren den Fachkräftemangel bereits heute. “Der aktuelle Bedarf an ITK-Fachkräften kann schon aktuell nicht mehr nur durch deutsche Fachkräfte abgedeckt werden, insbesondere wenn spezielle, zum Beispiel branchenspezifische, Kenntnisse zusätzlich gefordert werden”, beschreibt Frydman die Konsequenzen. “Der Blick über die Grenzen – nicht nur in die benachbarten Staaten – auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften ist deshalb inzwischen für viele Unternehmen Teil der Rekrutierungsmaßnahmen für ITK-Fachkräfte.”
Abschließend noch ein Hinweis in eigener Sache: silicon.de und CIONET unterstützen als Medienpartner gemeinsam deutsche CIOs. Seit Mai 2012 führen wir unsere “silicon.de CIO Jury” einmal im Quartal zusammen mit CIONET durch. Wie gewohnt werden die Mitglieder der Jury dabei Antworten auf die drängendsten Fragen der IT-Branche geben. Durch die Kooperation mit CIONET erhalten unsere Leser dabei noch mehr profunde Urteile von Deutschlands erfahrensten IT-Profis. Haben Sie Themenvorschläge für die Umfragen? Wo drückt Sie der Schuh? Wir freuen uns auf Ihren Input!
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Komisch und ich habe kaum Aufträge. Hier liegt die Fachkraft brach...
Och neee .... nicht schon wieder diese Mär von den "fehlenden Fachkräften", ich kanns nicht mehr hören! Vielleicht hat sich in die Chefetagen immer noch nicht rumgesprochen, daß man die eben auch angemessen bezahlen sollte.
Fachkräfte sind genug da, die arbeiten halt nur nicht für den gewünschen Billiglohn