Die bedeutendste Nachricht der Sapphire lautet: Die CRM-Funktionen von SAP laufen nun auch auf SAP Hana. Somit können Anwender die In-Memory-Datenbank-Appliance aus Walldorf nicht mehr nur für analytische, sondern auch für transaktionale Informationen nutzen. SAP macht damit einen wichtigen Schritt in Richtung des vorgegebenen Ziels, SAP Hana für alle hauseigenen Produkte verfügbar zu machen.
Die CRM-Funktionen der Business-Suite sind somit erst der Anfang. Und für viele Unternehmen ist dies eine gute Nachricht. Denn die Prozesse im Kundenmanagement gewinnen dank Hana deutlich an Tempo. Die Kundendatenbanken lassen sich nun weitaus schneller durchsuchen. „Wir bringen CRM damit auf ein neues Niveau“, verkündete Co-CEO Jim Hagemann Snabe auf der Sapphire. Anwender, die in Madrid zugegen waren, reagierten daher positiv auf die Ankündigung.
Doch die bedeutende Neuigkeit war gut versteckt. Denn die Möglichkeit, SAP Hana für CRM zu nutzen, ist nur eine Komponente im Angebot 360 Customer, das SAP auf seiner Anwenderkonferenz vorstellte. Die Walldorfer Softwerker bündeln dabei In-Memory-, Cloud-, Mobil- und Collaboration-Technik. Unternehmen sollen einen Rundum-Überblick über ihre Kunden erhalten. Daher der Name 360.
Konkret bedeutet das: SAP stellt den Anwender eine Lösung zur Verfügung, die aus verschiedenen Einzelprodukten besteht. Dazu zählen CRM-Funktionen der Business Suite auf SAP Hana, Cloud-Produkte wie Customer On-Demand, mobile Apps sowie die Social-Software-Plattform Jam. „Statt dem Anwender die verschiedenen Technologien einzeln zu liefern, die er dann selbst zusammenführen muss“, erklärt Snabe, „kombinieren wir sie für ihn und übergeben ihm dann eine Komplettlösung.“
Damit vereinfache SAP die Nutzung von IT, so der Co-CEO. „Ein kleiner Schritt für die IT-Abteilung, ein riesiger Schritt für das Geschäft“ – so sieht Snabes Idealvorstellung für den Einsatz von SAP-Technik aus. CRM für Hana ist daher auch als so genannte Rapid Deployment Solution verfügbar. Anwender erhalten ein Paket aus vorkonfigurierter Software, Implementierungsservices, Inhalten und Endanwender-Diensten. Laut SAP können solche Lösungen innerhalb von maximal zwölf Wochen zum Festpreis installiert werden.
Nach Ansicht von Snabe stellt 360 Customer auch eine Vereinfachung beim Thema Lizenzen dar. Schließlich müssten die Anwender nur noch einen Preis für ein ganzes Bündel an Produkten zahlen. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht: Aus rechtlichen Gründen ist die Lösung in zwei Pakete unterteilt, für die jeweils ein eigener Vertrag abgeschlossen werden muss.
Zum finanziellen Aufwand machte SAP in Madrid keine Angaben. Laut Vice-President Marcus Ruebsam soll der Preis aber „sehr aggressiv“ sein.
Die CRM-Lösung ist das erste Mitglied einer neuen Produktfamilie, die den Namen 360 trägt. Allen gemein wird es sein, dass sie die verschiedenen SAP-Technologien zu einer Komplettlösung kombinieren. Schlüsselkomponente ist dabei die In-Memory-Datenbank SAP Hana.
„Wir glauben nicht an Hybrid-Lösungen“ sagt Snabe. Gemeint sind damit Konzepte, bei denen Daten zum Teil auf der Festplatte und zum Teil im Arbeitsspeicher gehalten werden. SAP setzt stattdessen komplett auf In-Memory-Technik. Alle Informationen sollen in den Arbeitsspeicher wandern. Snabe sieht dabei kein Kapazitätsproblem: „Wir könnten die Daten von 100 Unternehmen in einem einzigen Hana-System speichern.“
Laut dem SAP-Chef arbeiten zurzeit etwa 600 Unternehmen mit SAP Hana. Bis aber die Datenbank-Appliance auch die übrige ERP-Software von SAP unterstützt, wird noch einige Zeit vergehen. Alle Systeme SAP Hana-fähig zu machen, bedeutet viel Aufwand für SAP. Snabe weist darauf hin, dass viele Programme zunächst umgeschrieben werden müssen, damit diese auch mit der In-Memory-Technik funktionieren. Im kommenden Jahr werde es aber bereits weitere Neuigkeiten zu diesem Thema geben, verspricht Snabe.
Zeit benötigt auch die Zusammenführung der Technologien im mobilen Bereich. Dort hat SAP momentan zwei Plattformen zu bieten, die mit den Übernahmen von Sybase sowie Syclo ins Portfolio kamen. Geplant ist, die beiden Systeme im ersten Halbjahr 2013 zusammenzubringen. Zunächst beziehe sich dies auf ein einheitliches Management der beiden Plattformen, so Alexander Arnold, der bei SAP als Leiter Center of Excellence Mobility für die Region DACH zuständig ist. Die komplette Integration der Technologien werde später folgen.
Mit der Sybase-Plattform werden sich künftig auch Anwendungen für Windows 8 entwickeln lassen. Arnold berichtet, dass vor allem seit der Vorstellung von Microsofts Tablet-Rechner Surface das Interesse der SAP-Nutzer an entsprechenden Applikationen deutlich gestiegen sei. Daher spielt nun auch das Betriebssystem aus Redmond eine Rolle in SAPs Mobilstrategie. Neben der Sybase Plattform wird auch die Lösung Afaria künftig Windows 8 unterstützen. Mithilfe von Afaria können Firmen ihre mobilen Endgeräte verwalten. Das System kommt somit unter anderem zum Einsatz, wenn Unternehmen ein BYOD-Konzept (Bring your own Device) verfolgen – also ihren Mitarbeitern die Möglichkeiten geben, eigene Smartphones oder Tablet-Computer für ihren Job zu verwenden.
Außerdem plant SAP, sechs neue Apps für Windows 8 einzuführen. Dazu zählt etwa das Mini-Programm Workdeck, das nur für Microsofts Betriebssystem angeboten wird. Die App stellt rollenbasierte Workflows bereit, mit denen Manager auch unterwegs Reise-, Urlaubs- und Einkaufsanträge genehmigen können.
In Zukunft soll es auch möglich sein, die mobilen Plattformen von SAP als Cloud-Service zu nutzen. Arnold berichtet von entsprechenden Plänen. Unternehmen, welche die Systeme nicht im eigenen Haus installieren möchten, können dann die Funktionen ihrer Geschäftsanwendungen mithilfe von Cloud-Technik auf die Smartphones und Tablets ihrer Mitarbeiter bringen.
Neben Hana und Mobility ist Cloud die dritte tragende Säule in der SAP-Strategie. Dazu zählen sowohl die Anwendungen der On-Demand-Marke als auch Business By Design. Laut SAP hat das Marktwachstum von Business By Design in den vergangenen sechs Monaten stark zugelegt. Weltweit seien mehrere Tausend neue Anwender hinzugekommen. Zudem wurde die Lösung mit 800 neue Funktionen ausgestattet.
Auf der Sapphire wurde deutlich, dass Business By Design zunehmend als 2-Tier-ERP-System positioniert wird. Unternehmen nutzen die Onpremise-Lösung von SAP als zentrale Standardsoftware und setzen darunter Business By Design als Plattform für ihre Tochterfirmen ein. Ein Beispiel dafür ist der Werkzeughersteller Hilti. Das Unternehmen nutzt SAPs Cloud-Lösung als Standardplattform für seine weltweiten Tochtergesellschaften, um Bereiche wie Projektmanagement, Vertrieb und Finanzwesen abzudecken. Zudem diene das System dazu, möglichst viele Geschäftsinformationen zu sammeln, die dann analysiert werden könnten, wie Martin Nemetz berichtet, Head of Competence Center On-Demand bei Hilti.
Business By Design als zusätzliches Werkzeug zum bestehenden ERP-System einzusetzen, hält IDC-Analyst Matthias Zacher für sinnvoll. Schließlich sei SAPs Cloud-Software ohnehin keine vollwertige ERP-Lösung, sondern biete nur eine begrenzte Auswahl an Funktionen – etwa für Marketing, Vertrieb oder das Projektmanagement.
Und Business By Design bekommt zunehmend Konkurrenz. „SAP steht unter verstärktem Druck durch Anbieter wie zum Beispiel Netsuite“, sagt Zacher. Diese stellen ebenfalls ERP-Software aus der Cloud zur Verfügung, die sich mit dem im Unternehmen vorhandenen SAP-System verknüpft. Und sie sind damit zunehmend erfolgreich.
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