IRQ 12-09: Von wegen Alleskönner!
Zu den schönsten Dingen im Leben gehört, etwas zu können. Dann weiß man auch zu würdigen, wenn jemand anderes etwas anderes kann. In jüngster Zeit aber gibt es immer mehr Alleskönner. Dass damit etwas nicht stimmen kann, sieht man an diesen Alleskönner-Handys, wie sie sie alle nennen.
Vor ziemlich genau zwei Jahren überschritt der Nicaraguaner Eden Pastora, auch Commandante Cero genannt, mit einer bewaffneten Miliz die Grenze zum Nachbarland Costa Rica, um dort eine unbewohnte Halbinsel zu besetzen. Er berief sich bei seiner Aktion auf Google Maps, wo das Gebiet – fälschlicher Weise – als nicaraguanisch eingezeichnet war.
Sowas gilt für gewöhnlich als Kriegsgrund. Dass die Angelegenheit glimpflich ausging, ist denn wohl auch allein dem Umstand geschuldet, dass Costa Rica seine Armee per Verfassung abgeschafft hat. Der Commandante und seine Kumpanen hinterließen daher bloß einen Haufen Müll und trollten sich dann wieder.
Soweit eine Begebenheit, wie sie mitnichten der überbordenden Phantasie eines Glossenschreibers entspringt, sondern wie sie sich wirklich zugetragen hat. Für das Weitere aber braucht es dann doch etwas Vorstellungskraft.
Was wäre geschehen, wenn der Commandante damals schon ein iPhone 5 mit Apple-Maps gehabt hätte? Das ist nur chronologisch etwas abwegig, ansonsten aber nicht. Denn nicaraguanische Befehlshaber lieben ja US-amerikanische Designer-Stücke.
Eden Pastora wäre vielleicht statt über den San Juan, den Grenzfluss zu Costa Rica, über das Karibische Meer übergesetzt und in Florida eingefallen. Sowas könnte ja jemandem, der sich auf Apple-Maps verlässt, durchaus passieren.
Und dann hätte die Sache böse geendet. Denn die USA haben schon Vieles über Verfassungsänderungen abgeschafft, aber noch nie ihre Armee.
Google, der große Konkurrent von Apple im Geschäft mit Smartphones, den Alleskönner-Handys, wie diese Dinger heutzutage alle nennen, greift nicht minder gravierend in den Lauf der Geschichte ein. Eine App in Android 4.2 lässt den Dezember aus. Auf den November 2012 folgt gleich der Januar 2013. “Bei Google fällt Weihnachten aus”, titelte Bild diese Woche.
Verheerend wäre das doch! Millionen Alleskönner-Handys kämen dann nicht unter den Baum.
Microsoft schließlich, der Konzern, den man mit Können bislang nun wirklich nicht in Verbindung gebracht hat, versucht’s auch mit Smartphones, seit kurzem mit welchen unter Windows 8. ZDNet berichtet diese Woche, jene würden ohne ersichtlichen Grund ständig rebooten.
Das ist das Gemeinste. Das, was man sich als Windows-User über viele Jahre hinweg mühevoll angeeignet hat, können diese Gadget jetzt selber: Alt+Ctrl+Del und sogar mit dem gleichen Ergebnis: Es nützt nix!
Die Alleskönner sind inzwischen inflationär geworden. Vor ein paar Jahren postulierte der Focus, die Arbeitsmänner und -frauen der Zukunft müssten solche Alleskönner sein. Man stelle sich das einmal vor: Die Leute würden so zuverlässig arbeiten wie Apples Karten-App oder Windows. Das würde sich doch noch verheerender auf die Weltwirtschaft auswirken als das Platzen der Dot-Com-Blase oder der Zusammenbruch von Lehman Brothers.
In der Folge erklärte das reich bebilderte und metaphorisch arme Blatt dann alles zu Alleskönnern, Smartphones natürlich, Motorräder, Autos, Philipp Mißfelder, Gartengrills, den Conficker-Wurm, Steve Jobs, Investmentfonds und Stefan Raab. Und vor ein paar Tagen schließlich den Irish Soft Coated Wheaten Terrier. Das ist ein Hund, der aussieht wie ein Flokati mit Beinen.
Ein ganz, ein Lieber. Den so zu nennen, ist doch fies. Oder?