Systemhäuser und Berater verdienen viel Geld damit, dass sie BYOD-Systeme programmieren, Compliance Vorgaben schreiben und alles bei den Kunden implementieren. CIOs touren über die Kontinente, um stolz zu zeigen, wie sie in ihrem Haus den Dämon BYOD in die Knie gezwungen haben. Und wie viel Budget sie mit ihrer Strategie sparen. Als neue Shooting Stars am IT-Himmel glänzen die Hersteller von Mobile Device Management.
Alles gut, alles schön, sollte man denken, ein weiteres IT-Problem ist sicher im Griff. Wenn es da nicht diese kleinen Zweifel gäbe – die beispielsweise durch eine OVUM-Studie bestätigt werden. Wie der OVUM-Analyst Richard Absalom schreibt, greifen 70 Prozent der Mitarbeiter mit ihrem eigenen Device auf die Netzwerke des Unternehmens zu – das klingt nicht nach einem Problem. Allerdings, so berichtet Absalom weiter, seien 80 Prozent dieser Zugriffe nicht vernünftig gemanagt.
Und für alle, bei denen jetzt nicht die Warnlampen angehen, ist ein weiterer Befund der Studie ernüchternd. Denn entgegen der allgemeinen Meinung habe sich laut OVUM die Existenz des Problems nicht ausreichend herumgesprochen – oder die IT-Leiter verschließen absichtlich ihre Augen. In 50 Prozent der Antworten waren sich die Verantwortlichen nicht über das BYOD-Problem im Klaren. Und/oder sie hatten beschlossen es zu ignorieren – die berühmte “Don’t ask, don’t tell”-Strategie.
Probleme werden an der falschen Stelle diskutiert
Jetzt ist es an der Zeit sich zu wundern, die Augen zu reiben und zu fragen – wenn die Lücke zwischen Sein und Soll so groß ist – warum bemerken die IT-Leiter diese Risiken in ihrer Infrastruktur nicht? Schließlich sollten ihnen beim Netzwerke administrieren oder beim Prüfen der Sicherheitssysteme Angriffe und Datenverluste auffallen.
Ein Grund könnte sein, dass viele Probleme nur aus der technischen Sicht diskutiert werden – allerdings nicht aus der Sicht der Prozessverantwortlichen. Und dass viele Probleme gar nicht in der IT-Abteilung aufschlagen, sondern in den Fachabteilungen.
Eine Suche nach einer Studie über Störungen in kritischen Prozessen, die auf BYOD-Problemen beruhen könnten, bleibt erfolglos. Aber eine nicht repräsentative Umfrage bei Bekannten oder Kollegen gibt einen Hinweis auf mögliche Probleme. Elektronisch verschickte Rechnungen verschwinden, Dokumente tauchen in den verschiedensten Versionen auf und wieder unter, Mails werden doppelt oder sogar dreimal – widersprüchlich – beantwortet. Mindestens eine Nachricht kommt mit dem Hinweis “Sent from my iPhone”.
Sind das die normalen Probleme des “papierlosen Büros”? Oder resultieren sie daraus, dass die Anwender mit zu vielen Geräten zu viele Nachrichten und Daten an zu vielen verschiedenen Orten abarbeiten.
Früher galt Microsoft als der ideale Problemlöser rund um alle Kommunikationsfragen. In einer geschlossenen Windows Welt gab es – verglichen mit der heutigen BYOD-Kosmologie – lediglich eine schwer überschaubare Komplexität. Und womöglich kann Windows 8 dabei helfen die BYOD-Probleme eines Unternehmens zu lösen – wenn sich die CIOs auf die alte Microsoft-Infrastruktur einlassen und die Devices ihrer Mitarbeiter auf Windows 8 umstellen.
Doch kein Experte möchte dieser Konstruktion eine Chance geben. BYOD werde weiterhin ein Problem sein, das die CIOs mit Hilfe eines bunten Gemisches von eigenen und gekauften Anwendungen und IT-Lösungen klären.
Und dabei ist Eile geboten, denn die Welt wird nicht auf die CIOs und die Lösung ihrer BYOD-Probleme warten – die Evolution der IT-Systeme schreitet voran.
Vor dem Wechsel in die VoIP-Königsklasse
“Ein wichtiges technisches Thema ist die Fragmentierung der Betriebssysteme”, sagt Ramses Gellgo, Vice President der Sicherheitsorganisation ISACA. Einerseits rollen die Softwarehersteller in hoher Geschwindigkeit neue Versionen ihrer Betriebssysteme aus. Anderseits gelänge es ihnen nicht, die Anwender auf das jeweils aktuellste System zu migrieren.
Allein die Liste der Google-Betriebssysteme für Android-Geräte liest sich wie die Speisekarte einer US-amerikanischen Kaffeekette: Cupcake, Donut, Eclair, Froyo, Gingerbread, Honeycomb, IceCream Sandwich und Jelly Bean werden in unterschiedlichen Releases unterstützt. Ab kommendem Jahr steht dann noch Key Lime Pie mit auf dem Menu.
Welchem IT-Leiter kann man es übelnehmen, dass er alleine mit dieser Liste vor Augen das BYOD-Problem ignoriert.
Doch am IT-Horizont kündigt sich schon der nächste Technologiewechsel an, mit dem die CIOs umgehen müssen – Voice over IP. Zwar gibt es bis jetzt kaum Unternehmen, die bereits strategische Prozesse an ihre VoIP-Systeme übergeben, heißt es bei großen IT-Herstellern. Aber viele CIOs bauen Plattformen auf, analysieren und prüfen die benötigten Service Level.
Auf den langfristigen Roadmaps stehe der Wechsel in die VoIP-Königsklasse: Die IT-Abteilungen öffnen strategische Anwendungen für VoIP. Auf ihren Smartphones oder Tablets starten die Mitarbeiter aus den Anwendungen heraus Telefon- und Videokonferenzen. Die Kollegen tauschen Dokumente online aus, übertragen Daten in die Rechenzentren und starten dort hochautomatisierte Prozesse.
Je strategischer die Prozesse sind, desto besser müssen die Geräte verfügbar sein. Und die CIOs werden überlegen, wie viele private Daten, Apps oder Musik auf den Tablets der Mitarbeiter gespeichert sein sollten oder dürfen. Das könnte das Ende aller BYOD-Diskussionen bedeuten – denn ab dann ist das Device ein strategisches Arbeitsgerät in einem kritischen Prozess. Und das wollen die CIOs unter ihrer vollständigen Kontrolle haben.
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In welche Weise Windows 8 dieses Problem lösen könnte, erschließt sich leider aus dem Artikel nicht. Immerhin ist Windows 8 am Desktop durch die Metro-Oberfläche absolut unbrauchbar - zumindest, wenn die Mitarbeiter mit diesem Desktop produktiv arbeiten sollen. Und auch am Smartphone zeigt Windows 8 - wie schon Windows 7 - funktionale Lücken für den professionellen Einsatz.
BYOD kann nicht durch Konsollidierung auf ein Betriebssystem gelöst werden. Einfach deswegen, weil Stand heute kein OS in der Lage ist, alle Clients optimal für den Einsatz im Unternehmen zu unterstützen. Das Ziel muss sein, unabhängig von HW-Plattform und OS Clients jeder Art zu verwalten und in die Prozesse einzubinden.