Lockerung des Datenschutzes vom EU-Parlament gefordert
Ein Ausschuss des EU-Parlaments hat für eine Lockerung der Vorschläge für eine neue europäische Datenschutzrichtlinie gestimmt. Die Entscheidung ist allerdings nicht bindend, da der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) nur einer von sechs Parlamentsausschüssen ist, der sich mit den neuen Regeln beschäftigt. Das EU-Parlament wird voraussichtlich im Sommer über den Entwurf beraten und abstimmen.
Datenschützer werfen dem IMCO vor, sich den wirtschaftlichen Interessen der USA zu beugen. Laut der französischen Organisation La Quadrature du Net steht das Abstimmungsergebnis für die erfolgreiche Lobbyarbeit von US-Verbänden zu Fragen des Datenschutzes. Es sei zudem ein “Weckruf”.
Der Ausschuss habe sich dafür ausgesprochen, dass es für US-Firmen einfacher werden soll, Daten über ihre Nutzer zu sammeln, kritisiert La Quadrature du Net. Auch die Regeln für die Offenlegung von Datenverlusten würden abgeschwächt. Zudem hätten die Mitglieder des IMCO die meisten Vorschläge zur Stärkung des Datenschutzes abgelehnt.
“Die Abstimmung zeigt, wie sehr das Europäische Parlament durch die Lobbyarbeit großer US-Konzerne beeinflusst werden kann”, sagte Jérémie Zimmermann von La Quadrature du Net. Das sei nicht im Interesse der EU-Bürger. “Es sollte ein Weckruf für alle Bürger sein, ihr Recht auf Schutz der Privatsphäre gegen die ungerechtfertigte Sammlung, Verarbeitung und den Handel ihrer persönlichen Daten zu verteidigen.”
Nach Ansicht der Datenschützer vertreten die Parteien im EU-Parlament derzeit noch unterschiedliche Ansichten zur Neufassung der EU-Datenschutzrichtlinie. Von daher gebe es noch viel Freiraum für Lobbyarbeit zugunsten des vorliegenden Entwurfs.
Im vergangenen Jahr hatte sich die US-Regierung offen gegen die Vorschläge für ein neues europäisches Datenschutzgesetz gewandt. Die US-Handelskammer gründete daraufhin eine 50 Mitarbeiter umfassende “Taskforce”, zusätzliche zu den zahllosen weiteren Lobbygruppen in Brüssel.
Quellen von TechWeekEurope zufolge erregte die Kampagne der USA auch die Aufmerksamkeit der EU-Kommission. Forderungen, die Reform zu verschieben oder abzuschwächen, seien zu dem Zeitpunkt aber abgelehnt worden.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die EU im Rahmen der Aktualisierung ihrer Datenschutzstandards auch an einem Gesetz arbeitet, das Technologiefirmen dazu verpflichten würde, jegliche Sicherheitsverletzungen und Datenverluste einer nationalen Cybersecurity-Behörde zu melden. Ziel ist es demnach, Unternehmen wie Facebook, Google oder Microsoft, die Zugang zu Nutzerdaten haben, für Datenschutz- und Sicherheitsprobleme zur Verantwortung ziehen zu können. Das sagte Neelie Kroes, Vizepräsidentin der EU-Kommission und für die digitale Agenda zuständig, im Gespräch mit der Financial Times.
[mit Material von Max Smolaks, TechWeekEurope]