Der milliardenschwere Rückkauf von Dell ist über die Bühne und sobald die Mehrheit der Aktionäre zugestimmt hat, wird Dell von der NASDAQ-Börse verschwinden. Verschiedene Analysten meinen, dass sich durch die neuen Eigentumsverhältnisse wenig ändern wird. Diese Ansicht vertreten vor allem Forrester-Analyst Dave Johnson, Carl Brooks von der 451-Gruppe und Gartner-Analyst Michael Silver. Obwohl dieser schon auf einen Konfliktbereich hinweist, der den Dell-Partnern zu denken geben wird.
“Microsoft hat Dell mit zwei Milliarden Dollar unter die Arme gegriffen. Auch wenn es sich dabei nur um einen Kredit und nicht um direkte Firmenanteile handelt, so sind beide Unternehmen doch ab sofort eng verbunden”, sagte er an die Adresse der OEM-Partner. Diese sind verständlicherweise beunruhigt, denn Microsoft ist bereits mit Surface in ihr Hoheitsgebiet der Hardware eingestiegen und jetzt kaufen sich die Redmonder auch noch zusätzlich in einen der härtesten Konkurrenten von Lenovo, Acer und HP ein.
Microsoft spielt dagegen das Dell-Engagement herunter. “Wir sind am langfristigen Ausbau des PC-Eco-Systems interessiert und dazu gehört auch die Unterstützung von innovativen Partnern”, heißt es in einer Erklärung auf der Microsoft Webseite. Doch gerade am PC-Geschäft scheiden sich die Geister. Dell hat schon seit Jahren immer wieder beteuert, dass es keine PC-Firma mehr sei. Server, Storage und seit einem Jahr auch Rechenzentrums-Software sollen den fallenden PC-Absatz kompensieren. Leider geht das nicht so schnell, wie der PC-Markt einbricht und deshalb meinen viele Analysten, dass Dells Rückkauf von der Börse nur das Ziel habe, das Unternehmen während der weiteren Umorientierung vom Quartalsdruck der Wall Street zu befreien. Das aber wäre genau das Gegenteil von dem, was sich Microsoft erhofft.
Zwar gibt es noch keine offiziellen Stellungnahmen der Dell-Konkurrenten, doch das liegt vermutlich nur daran, dass diese zunächst versuchen, die Dell-Kunden für sich abzuwerben. So schickte HP einen Brief an alle Dell-Anwender, in dem diese vor der weiteren Zusammenarbeit mit Dell gewarnt werden. “Dells gegenwärtiger Transformationsprozess ist nicht gut für die Kunden und bedeutet sehr viel Unsicherheit. Wir glauben, dass die Dell-Kunden jetzt alle denkbaren Alternativen ausloten müssen und HP kann ihnen dabei behilflich sein”, hieß es darin. Hinzu kommt laut HP, dass Dell jetzt hoch verschuldet ist und folglich kein Geld für neue Produkte zur Verfügung steht.
Der letzte Punkt ist in der Tat sehr kritisch. Zwar gibt es keinen Druck mehr durch die öffentlichen Quartalsmeldungen, aber es gibt erhebliche monatliche Tilgungs- und Zinszahlungen, die pünktlich zu erfüllen sind. Eine Neuverschuldung wird jetzt immer schwieriger, denn die US-Ratingagentur Standard and Poor’s hat bereits angekündigt, dass sie die Kreditwürdigkeit von Dell aufgrund der hohen Schuldenlast zurückstufen werden.
Noch schwerer wiegt jedoch die neue Geheimniskrämerei, die Dell jetzt betreiben wird. Kunden und Partner wissen ab sofort nicht mehr, wie wirtschaftlich stabil das Unternehmen oder einzelne Geschäftsbereiche sind. Es kann durchaus sein, dass Michael Dell weiterhin an seinem Transformationsprozess festhält, an dessen Ende konsequenterweise der Verkauf der PC-Sparte stehen muss. Es kann aber ebenso gut sein, dass Dell sich von anderen weniger lukrativen Produktbereichen trennt, für die man erst in den letzten Jahren erhebliche Akquisitionen getätigt hat.
Alle, die derzeit mit Dell Geschäfte machen, sollten deshalb auf der Hut sein. Private-Equity-Investoren bieten kein Ruhekissen. Normalerweise stecken sich diese Fonds die Bargeldreserven eines Unternehmens in die Tasche (bei Dell immerhin 15 Milliarden Dollar), womit ihre Kosten abgedeckt sind. Von da an können sie dann beruhigt schlafen, denn sie verlieren nichts mehr. Einen ordentlichen Gewinn machen sie dann mit Entlassungen und dem Schließen von unprofitablen Bereichen. Die profitablen Produktbereiche werden dann scheibchenweise mit viel Gewinn verkauft, oder wieder an die Börse gebracht.
Vielleicht aber ist das schon zu weit in die Zukunft projiziert, denn ob die Dell-Aktionäre ihren Segen zu dem ausgehandelten Kaufpreis von 13,65 Dollar geben, ist noch nicht endgültig geklärt. Viele Investmentbanken und Vermögensverwaltungen haben sich schon lauthals über den relativ niedrigen Verkaufspreis beklagt. “Normalerweise gibt es einen Aufpreis auf den aktuellen Aktienkurs – nicht aber bei diesem Deal. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Investoren Sturm dagegen laufen werden”, sagte Shawn Wu, Analyst bei der Vermögensverwaltung Sterne Agee.
Die Bedenken sind nicht unbegründet. So meldet die New Yorker Anwaltskanzlei Morgan & Morgan bereits, dass sie eine Sammelklage der Kleinaktionäre vorbereitet und hierzu schon Ermittlungen gegen den Dell-Aufsichtsrat eingeleitet hat. Der Vorwurf: Dells Aufsichtsrat und sein Vorsitzender Michael Dell haben sich auf einen zu niedrigen Preis eingelassen und damit ihre Verantwortung gegenüber den Aktionären vernachlässigt. Hierzu zitieren die Anwälte verschiedene Analysten, die einen Mindestwert von 16 Dollar pro Aktie veranschlagen.
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