Categories: Management

Freie Fahrt für Abmahnungen bei fehlendem Impressum auf Facebook

Der Fall

Die Klägerin, ein IT-Dienstleister, hatte über eine eigens entwickelte Software automatisch innerhalb von acht Tagen 181 Unternehmen wegen fehlenden Impressums bei Facebook ermittelt und abgemahnt. Die Beklagte war der  Auffassung, dass es ausreiche, dass das notwendige Impressum unter der Firmen Info-Box durch Srollen auf der Firmeninternetseite abrufbar gewesen sei. Im Übrigen sei die erfolgte Abmahnung auch rechtsmissbräuchlich, da eine derart häufige Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur sonstigen gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe.

Die Entscheidung

Dem hat das Landgericht Regensburg widersprochen (Az.1 HK O 1884/12 v- 31.1.2013). Die Beklagte benutze ihren Facebook-Auftritt als Eingangskanal für ihre Website, auf der die Darstellung ihrer entgeltlichen Leistungen erfolgt. Damit greift die Pflicht nach §5 TMG  auch auf derartige Facebook-Seiten ein, die einen gewissen Grad von Selbstständigkeit in Bezug auf die präsentierte Firma haben.

Nach §5 TMG  müssen Diensteanbieter, die ihre angebotenen Leistungen letztlich gegen Entgelt erbringen, ihre Daten entsprechend auch auf der Facebook-Seite darlegen und folglich ein den Anforderungen des § 5 TMG entsprechendes Impressum vorhalten.

Auch der Umstand, dass die Klägerin innerhalb von acht Tagen 181 Unternehmen wegen eines fehlenden Impressums bei Facebook ermittelt und abgemahnt habe, sei im vorliegenden Fall nicht rechtsmissbräuchlich. Der Aufwand für die Ermittlung der Sachverhalte durch die eigens entwickelte Software sei verhältnismäßig gering.

Die Anzahl von 180 Abmahnungen innerhalb einer Woche erfülle zwar das Kriterium eines Vielfachabmahners, was aber für sich allein genommen noch nicht den Rückschluss auf einen Rechtsmissbrauch zulasse. Ein Wettbewerber könne grundsätzlich auch eine Vielzahl von Mitbewerbern belangen, wenn sich eben eine Vielzahl von Mitbewerbern wettbewerbswidrig verhalte.

Insgesamt stünde daher die Abmahntätigkeit der Klägerin in einem vernünftigen Verhältnis zur übrigen gewerblichen Tätigkeit der Klägerin.

Tipp: Sind Sie ein Facebook-Experte? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Redaktion

View Comments

  • Wie wäre es, wenn man Richtern und anderen Juristen die Benutzung von Computern untersagen würde, bis sie zu einer Rechtsprechung finden, die sachgerecht und sich nicht an den nicht-IT-Verhältnissen des letzten Jahrhundert orientiert?

    Oder umgekehrt. Ein Richter darf erst ein Urteil zu Facebook fällen, wenn er ein aktiv gepflegtes Profil mindestens 6 Monate betrieben hat.

    Es ist für Nicht-Juristen schwer verständlich, dass wir ein Non-IT-Universum haben, aus dem Querschläger kommen, die Existenzen vernichten können. Die aktuelle Anwendung des Wettbewerbsrechts auf IT-Präsenzen gehört dazu. Es ist ein bisschen so, als ob man von Aliens beherrscht wird.

  • Na dann darf man auch mal gleich hier: http://www.kuvertieren-heute.de/ ne feine Abmahnung verschicken. Kein Impressum, nur eine Verlinkung zu google.
    Neuer Spamer … wie blöde muss man sein … aber so bekommt der Spamer mal seine Packung ab.

  • Uns kommt es teilweise so vor, als seien wir im falschen Film, denn auf Facebook wird nicht nur das Impressum vergessen, sondern auch gegen eine Menge anderer Rechte und Vorschriften verstoßen: http://www.recht-freundlich.de/abmahnung-ueber-facebook-wie-gefaehrlich-ist-die-pinnwand

    Dabei würde es schon helfen, wenn die sogenannten Social Media Berater sich zumindest die Grundkenntnisse des Datenschutzrechts, Wettbewerbs- und Urheberrechts mal anschauen.

    Es darf damit gerechnet werden, dass die social media zur Abmahnfalle avancieren, in nicht ferne Zukunft.

Recent Posts

Alle Prozesse im Blick: IT-Service Management bei der Haspa

Wo es früher auf Buchhalter, Schreiber und Boten ankam, geht es heute vor allem um…

14 Stunden ago

Wie generative KI das Geschäft rund um den Black Friday verändert

Mit KI-Technologien lässt sich das Einkaufserlebnis personalisieren und der Service optimieren, sagt Gastautor Gabriel Frasconi…

15 Stunden ago

Banken und Versicherer sind KI-Großabnehmer

Ein Großteil der weltweiten KI-Gelder fließt in den Finanzsektor. 2023 wurden in der Branche 87…

1 Tag ago

Siemens legt 10 Milliarden Dollar für Software-Spezialisten auf den Tisch

Die Übernahme des US-amerikanischen Anbieters Altair Engineering soll die Position im Markt für Computational Science…

2 Tagen ago

Standortübergreifender KI-Einsatz im OP-Saal

Ein deutsch-französisches Projekt hat hybride Operationssäle entwickelt, die durch 5G-Netz und KI neue Anwendungen ermöglichen.

2 Tagen ago

OT-Security braucht zunächst Asset-Transparenz

Unternehmen wissen oft nicht, welche Geräte in der Produktion eine IP-Adresse haben, warnt Peter Machat…

5 Tagen ago