Salesforce.com: Letzter Ballon der Dotcom-Bubble

Salesforce.com will für eine Milliarde Dollar Wandelschuldverschreibungen herausgeben. Die Papiere sollen eine Laufzeit von fünf Jahre haben und es soll eine Option auf weitere 150 Millionen Dollar geben. Das frische Geld soll für “Akquisitionen oder Investitionen in komplementäre Unternehmen, Dienstleistungen oder Technologien” genutzt werden. Während bereits wilde Spekulationen über die möglichen Akquisitions-Kandidaten im Umlauf sind, sollte man zunächst einen Blick auf die aktuelle Finanz- und Business-Situation von Salesforce.com werfen.

Am 7. März veröffentliche das Unternehmen seinen Geschäftsbericht für das am 31. Januar zu Ende gegangene Geschäftsjahr. Danach hat der CRM-Spezialist das Jahr mit einem Rekordverlust von 270 Millionen Dollar abgeschlossen. Allein im letzten Quartal gab es einen Verlust von 20,8 Millionen Dollar, nachdem im Quartal zuvor bereits ein Rekordverlust von 220 Millionen Dollar angefallen war. Zwar legt das Unternehmen beim Umsatz kontinuierlich zu, doch mit dieser Art der Geschäftsführung erinnert Salesforce.com sehr deutlich daran, dass es eines der letzten Unternehmen der Dotcom-Bubble ist. Salesforce.com wurde 1999 vom heutigen CEO und Chairman Marc Benioff gegründet und seit dem praktiziert er unbeirrt die damalige Geschäftsform, die man knapp mit “hohe Umsätze und dicke Verluste” beschreiben kann.

Kumulativ hat Salesforce.com von 2001 bis 2013 über 82 Millionen Dollar Verlust gemacht. Das heißt, es wurde bislang noch nicht ein einziger Cent verdient. Auch in anderen Parametern zeigt sich, dass der CRM-Spezialist ein Relikt aus vergangenen Zeiten ist. Die Produktangebote sind überwiegend Me-too-Produkte, die Manager werden im hohen Maße mit Aktien bezahlt und der Aktienkurs steigt kontinuierlich an. Letzteres liegt vor allem daran, dass das Unternehmen parallel zu den gesetzlich vorgeschriebenen GAAP-Ergebnissen eigene, sehr geschönte, Non-GAAP-Zahlen veröffentlicht – und nur über diese Angaben redet das Top-Management. Jede Telefonkonferenz mit Analysten beginnt mit dem Hinweis darauf, dass nur die Non-GAAP-Zahlen kommentiert werden und dass auch nur Fragen zu diesen Zahlen akzeptiert werden.

Viele Investoren warnen bereits seit langem vor einer Überbewertung der Aktie, da sie im Salesforce-Angebot keinen USP (Unique Selling Proposition) mehr sehen. Das beutet, dass der Druck der Konkurrenz immer größer wird. Noch vor wenigen Jahren konnte Benioff über Microsofts-Einstieg in den Cloud-Markt schmunzeln. “Jedes Großunternehmen, das sich diesem Markt zuwendet verbessert die allgemeine Marktakzeptanz – und davon werden wir als Marktführer am meisten profitieren”, sagte er damals. Doch das Lachen wird ihm inzwischen vergangen sein. Microsoft, Oracle, SAP, IBM, Netsuite, Amazon und viele andere sind ernstzunehmende Konkurrenten geworden.

Ein weiteres Problem ist die anhaltende Strategie-Verzettelung. Von der angestammten CRM-Plattform wird schon seit langem kaum noch geredet. CRM schafft keine Headlines mehr, denn es gibt zu viele Anbieter und die Marktsättigung ist hoch. Viele Jahre lang verfolgte man deshalb eine Strategie in Richtung Plattform-Provider, für die man auch eine Reihe an Akquisitionen tätigte. Doch in diesem Markt haben Amazon, HP, Dell und andere große Cloud-Provider längst die Führung übernommen, da sie traditionsgemäß einen besseren Zugang zum IT-Chef haben. Die nächste Stoßrichtung war Social Media im Unternehmen, das sogenannte Social Business. Chatter heißt das zugehörige Produkt. Doch auch damit hinkt Salesforce.com der Konkurrenz hinterher. In Gartners Magischem Quadrat liegt Chatter deutlich hinter Jive, Microsoft, IBM und Yammer. Ganz aktuell soll jetzt der Einstieg ins Marketing-Business neues Wachstum schaffen. Aber auch hier haben bereits IBM, Oracle und SAP die Nase vorn. “Es ist schwer auszumachen, wo Salesforce.com realistische Wachstumschancen hat, die den gegenwärtigen Aktienkurs auch nur annähernd rechtfertigen”, sagt Richard Saintvilus, Analyst beim Finanzinformationsdienst Motley Fool.

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Redaktion

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