silicon.de: Immer wieder gerne wird dem Mainframe das baldige aussterben vorhergesagt. Welche Trends sehen Sie generell im Mainframe-Markt für 2013?
Rainer Downar: Die Ausgangssituation ist klar: Unternehmen setzen nach wie vor auf den Mainframe, dieser Trend ist ungebrochen. Der zentrale Grund hierfür ist, dass ein Großteil der Transaktionen und Anwendungen seit vielen Jahren auf dem Mainframe stabil und mit hoher Verfügbarkeit läuft. Allerdings steigen auch die Herausforderungen. So nehmen die Anforderungen in den Fachbereichen der Unternehmen zu, da sie gezwungen sind, ihre bestehenden Applikationen zu modernisieren. Das ist verbunden mit einem steigenden MIPS-Bedarf und höheren Kosten für Operations, Wartung und systemnahe Software. Es besteht somit ein dringender Handlungsbedarf auf Seiten der IT zur Konsolidierung.
Dabei stehen Unternehmen vor drei Alternativen: Rewrite (Neuentwicklung), Replace (Ersatz der Softwarelösung durch Standardapplikationen) oder Reuse (Weiterverwendung der IT und Applikationen nach einer Modernisierung). Aufgrund der hohen Risiken und Kosten sowie langen Laufzeiten bei Rewrite- oder Replace-Projekten entscheidet sich eine Vielzahl der Anwender für den Reuse-Ansatz. Hierbei steht die Modernisierung der bestehenden, bereits etablierten und stabilen Prozesse in einem überschaubaren Zeitrahmen im Vordergrund – und zwar im Hinblick auf die Realisierung einer kostengünstigen und effizienten Lösung, die die Verfügbarkeit und Sicherheit der Anwendungen unverändert gewährleistet und gleichzeitig eine performante und modernisierte Applikation bietet.
Der Reuse-Ansatz bietet mehrere Vorteile: Er führt zunächst dazu, dass Unternehmen durch umfangreiche Analysen ein erheblich besseres Verständnis der existierenden Mainframe-Anwendungen und -Landschaft erhalten, auch im Hinblick auf Kosten und Effizienz. Eine Modernisierung, die auch die Einführung kostengünstiger Plattformen wie Windows, Unix und Linux beinhaltet, ermöglicht zudem eine Optimierung der MIPS-Nutzung und Reduzierung des Entwicklungs- und Testaufwandes. Nicht zuletzt bietet der Lösungsansatz „IT-Weiterverwendung durch Modernisierung“ die Möglichkeit, neue Technologien und Prozesse (Mobility, Web-Services, Cloud) schnell und einfach auch für bewährte Anwendungen zur Verfügung zu stellen.
silicon.de:Die zunehmende Nutzung mobiler Anwendungen – Stichwort Online-Shopping oder Mobile Banking – hat vielfach auch eine direkte Auswirkung auf den Mainframe-Workload. Der MIPS-Verbrauch steigt, mehr Kapazität ist gefragt. Wie kann man der Problematik kostengünstig Herr werden?
Rainer Downar: Als Alternative hierzu empfiehlt Micro Focus die Verlagerung des Workloads auf kostengünstige Plattformen wie Linux, Unix oder Windows. Dadurch bietet sich Möglichkeit, den MIPS-Verbrauch zu reduzieren, die Kosten zu senken und oftmals sogar die Performance aufgrund von Code-Analysen und gestiegener Prozessorleistung zu optimieren.
Auch die Anforderung, neue Prozesse im Internet in bestehende Prozesse zu integrieren, kann im Rahmen einer Modernisierung erfüllt werden. Kundenanwendungen können über Webservices mit eingebunden und/oder modernisiert werden, um die Anwendung auch über das Internet bereitzustellen. Beispiele hierfür sind im Versicherungsumfeld Online-Tarife, auf die Kunden einfach über ihren Internetbrowser zugreifen können.
Aber auch im Batch-Bereich können rechenintensive Anwendungen (Heavy Workload) auf deutlich kostengünstigeren Systemen bereitgestellt und ausgeführt werden. Dies schont nicht nur das IT-Budget, sondern trägt auch zur Performancesteigerung bei. Hierbei kann für einen Bruchteil der Kosten ein Vielfaches an Performance zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel unter Windows.
silicon.de: Die Cloud ist nach wie vor ein zentraler IT-Trend, auch im Hinblick auf die Auslagerung von Mainframe-Applikationen. Wie ist Micro Focus in diesem Bereich positioniert und wie sieht das Lösungsangebot konkret aus?
Rainer Downar: Micro Focus ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, in der wir unsere Modernisierungs- und Migrationsprojekte auch für Windows-Azure-Plattformen zur Verfügung stellen. Dies bedeutet, dass bestehende Applikationen durch Tools von Micro Focus in die Microsoft-Cloud übertragen werden können. Dabei kann auch eine Datenbank-Migration auf Windows erfolgen, Administration, Reporting, Printing sowie Transaktionsmonitore können komplett in der Cloud mit den neuesten Microsoft-Cloud-Services zur Verfügung gestellt werden.
Micro Focus sieht in der Cloud eines der neuen Wachstumsfelder im Mainframe-Modernisierungsumfeld, da die Vorteile für Kunden weitreichend sind: von der Kostenreduzierung bis hin zu einer Senkung des Administrationsaufwandes.
silicon.de: Herr Downar, wir danken für das Gespräch.
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