Videokonferenzen: Durchbruch Dank Tablets?

Logitech-Manager Eric Kintz. Quelle: Logitech.

silicon.de: Videokonferenz-Systeme werden von Herstellern seit Jahren angepriesen. Doch der wirkliche Durchbruch lässt weiter auf sich warten. Warum?

Kintz: Der Kostenfaktor spielt natürlich eine große Rolle. Bisher dominierten vor allem raumbasierte Videokonferenzsysteme den Markt – und die sind nach wie vor teuer.

Hinzu kommt, dass die Installation solcher Systeme einigen Aufwand erfordert. Und: Lösungen für große Konferenzräume sind meist für das obere Management gedacht. Videokommunikation war bis dato daher kein fester Bestandteil des Arbeitsalltags der Mehrheit der Mitarbeiter.

Hier sehen wir allerdings einen deutlichen Wandel: Videokommunikation findet nicht mehr nur in großen Meetingräumen statt, sondern vermehrt auf kleinen Bildschirmen wie Desktops oder gar Tablets und Smartphones. Eine von Logitech beauftragte Studie, die Forrester im November 2012 unter IT-Entscheidern in den USA durchgeführt hat, bestätigt dies: Dort setzten bereits 60 Prozent der Befragten auf Desktop-Videosysteme und ein Drittel von ihnen hat zudem vor, den Einsatz weiter voranzutreiben. Ein weiteres Fünftel plant die Anschaffung solcher Lösungen. Insofern findet der wirkliche Durchbruch gerade auf kleinerer Ebene statt, nämlich direkt auf den Schreibtischen der Mitarbeiter.

silicon.de: Ist es vielleicht doch gar nicht so wichtig, den Gesprächspartner einer Konferenz auch zu sehen?

Kintz: Sicherlich muss nicht jedes Konferenzgespräch ein Videocall sein. Aber es gibt zahlreiche Beispiele, wo der visuelle Kontakt durchaus einen, vielleicht sogar entscheidenden, Unterschied macht. Denken Sie zum Beispiel an Kollegen, die an verschiedenen Standorten einer Firma arbeiten und ständig in Kontakt stehen. Videokommunikation stärkt die Bindung hier enorm. Mimik und Gestik vermitteln einfach ein ganz anderes Bild eines Menschen als nur die Sprache. Zudem geht es in Videocalls nicht nur darum, sein Gegenüber zu sehen. Mit der richtigen Kamera zum Beispiel lassen sich auch Dokumente zeigen und besprechen oder virtuelle Brainstormings arrangieren, für die Whiteboards, Flipcharts und dergleichen eingesetzt werden – auch das ist übrigens mittlerweile schon mit Desktop-Webcams in hoher Qualität möglich.

silicon.de:Die Reduzierung der Reisekosten galt lange als eines der Hauptargumente für Video-Konferenzen. Die Studie hat das aber nicht bestätigt. Warum also sollten Unternehmen in – immer noch recht teure – Videokonferenz-Systeme investieren?

Kintz: In der Tat: Für über die Hälfte der befragten Entscheider spricht ein besseres Arbeitsklima unter den Kollegen genauso für den Einsatz von Videokommunikation wie das Argument, Reisekosten zu sparen. Als weiteren Pluspunkt führten die Befragten bessere Meetings an: Sie berichteten, dass ihre Mitarbeiter in Videocalls produktiver sind und sich mehr beteiligen als in traditionellen Telefonkonferenzen. Dies rechtfertigt für viele Unternehmen die Investition in Videokommunikation.

silicon.de: Welche Video-Konferenz-Produkte werden hauptsächlich nachgefragt?

Kintz: Desktop-IP-Konferenzsysteme stehen bei Unternehmen hoch im Kurs. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen setzt diese Technologie schon ein, weitere 20 Prozent planen diesen Schritt. Raumbasierte Systeme in HD- oder mit Standard-Bildqualität haben nur 46, respektive 45 Prozent im Einsatz. Hier sind auch deutlich weniger neue Implementierungen beabsichtigt.

Die Vorteile von Desktop-Lösungen liegen aber auch klar auf der Hand: Sie sind bei weitem nicht so kostenintensiv wie raumbasierte Systeme. Ein weiterer Pluspunkt: Mit einer Desktop-Lösung lassen sich Videocalls ganz einfach in den Arbeitsalltag integrieren. Mitarbeiter müssen dafür nicht extra einen Meetingraum buchen oder sich mit komplexer Technik rumärgern. Damit sind schon mal zwei Stolpersteine auf dem Weg zu einer flächendeckenden Anwendung der Technologie ausgeräumt. Für Unternehmen ist es schließlich frustrierend, festzustellen, dass Sie viel Geld investiert haben, aber niemand die neuen Technologien nutzt.

An diesem Punkt setzt übrigens auch Logitech an: Mit unseren Peripheriegeräten für Unified-Communications-Plattformen wie Cisco Jabber oder Microsoft Lync, bieten wir Tools, die sich der Arbeitsweise der Menschen anpassen. So soll ihnen der Übergang vom gewohnten Telefon auf Softphones und Videokommunikation leichter fallen.

silicon.de: Reicht für die meisten Unternehmen nicht auch eine kostengünstige Lösung wie Skype aus?

Kintz: Das kommt natürlich auf die Anforderungen des Unternehmens an. So mancher Großkonzern kann wohl nicht auf teure, raumbasierte Lösungen verzichten. Aber wir bei Logitech gehen davon aus, dass Angebote wie Skype oder Google Hangouts im Unternehmensumfeld durchaus großes Potenzial haben. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen oder für Mitarbeiter im Home Office sind diese Lösungen ideal. Um allerdings einen gewissen Standard im Business-Umfeld zu gewährleisten, werden sich trotzdem viele Unternehmen für UC-Plattformen mit umfassenderen Funktionalitäten entscheiden, wie dies etwa Microsoft Lync oder Cisco Jabber bieten.

silicon.de: Die Studie beleuchtet in erster Linie die Situation auf dem US-Markt – haben Sie auch Erkenntnisse über den europäischen und/oder den deutschen Markt?

Kintz: Für den deutschen oder europäischen Markt liegen uns leider keine konkreten Zahlen vor. Aber unsere Erfahrung zeigt, dass die Nachfrage nach Unified Communications und damit auch Videokommunikation in den letzten Jahren in Deutschland durchaus zugenommen hat. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend anhalten und sich sogar noch intensivieren wird. Dies wird zudem begünstigt durch verschiedene Entwicklungen: Zum einen stellt etwa ein Anbieter wie Microsoft seinen Kunden die Lösung Lync 2013 als Online-Service zur Verfügung. Das ist für viele Unternehmen ein Anreiz, die neuen technologischen Möglichkeiten einfach auszutesten – und zwar ohne dafür vorab kräftig in das Portemonnaie greifen zu müssen. Zudem hat sich in Sachen Qualität und einfacher Handhabung in den letzten Jahren einiges getan. Nervig ruckelnde und krisselige Videobilder sind mit Kameras, die über die H.264 Videokompressions-technologie und HD-Bildqualität verfügen, passé. Via Plug-and-Play lassen sich externe Kameras und Headsets auch bequem und einfach nutzen.

silicon.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Redaktion

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