Das wäre dann bereits im Jahr 2015. Kaum vorstellbar, dass bereist in so wenigen Jahren nur noch fahrerlose Autos den Straßenverkehr beherrschen.
Das meinen auch andere Experten. Bill Ford, Executive Chairman bei der Ford Motor Company, meint beispielsweise, dass diese Autos frühestens im Jahr 2025 eine allgemeine Zulassung erhalten werden. Doch auch das ist eventuell noch zu optimistisch. So glaubt die IDC-Analystin Sheila Brennan, dass es noch mindestens bis 2040 dauern wird, bis diese Technologie für den Endverbraucher verfügbar ist. Doch möglicherweise haben alle drei Recht.
Googles Prognose bezieht sich auf zwei Bereiche: Die Technologie und die gegenwärtigen Zulassungsregeln in verschiedenen US-Staaten, wonach diese Fahrzeuge unter bestimmten Auflagen betrieben werden dürfen. Was Googles Technologie angeht, so ist diese inzwischen sehr weit ausgereift – was man den fehlerfreien Testfahrten erkennen kann. Zwölf Fahrzeuge betreibt Google inzwischen, die meisten davon basieren auf Toyotas Prius. Für die Sensorik setzt Google auf einen 360-Grad-Laser, der auf dem Dach des Autos angebracht ist und 1,5 Mio. Pixel pro Sekunde liefert. Das ist nach heutigem Wissenstand die beste – aber auch die teuerste Lösung.
Anders verhält es sich dagegen bei den Zulassungs- und Betriebsvorschriften. In den USA gibt es derzeit Zulassungsgenehmigungen in den Staaten Kalifornien, Nevada und Florida; Arizona, Oklahoma, Washington DC, New Jersey und Hawaii arbeiten an entsprechenden Gesetzesvorlagen. Am weitesten fortgeschritten ist man in Nevada, wo schon vor zwei Jahren die erste Genehmigung erteilt wurde. Vorausgegangen waren intensive Tests, an deren Ende das Auto alle Stationen einer Führerscheinprüfung bestehen musste. Höhepunkt war eine Fahrt zur Rush-Hour über den belebten Las Vegas Boulevard, besser bekannt als “The Strip”.
Das hört sich bereits sehr weit fortgeschritten an, doch die Auflagen, unter denen die Autos betrieben werden dürfen sind sehr hoch. Google muss für jeweils fünf Fahrzeuge eine Bürgschaft von einer Million Dollar hinterlegen. Außerdem muss jedes Auto eine “Black-Box” haben, die fortlaufend alle Daten der letzten 30 Sekunden protokolliert, so dass nach einem Unfall der Hergang genaustens analysierbar ist. Letztlich aber traut man den Roboter-Autos auch in den USA noch nicht ganz hundertprozentig, denn die Autos dürfen nur dann fahren, wenn zwei Personen mit dabei sind, von denen jeder unabhängig voneinander unmittelbar die Fahrzeugführung übernehmen kann.
Bei Google meint man deshalb, dass in den nächsten Jahre vor allem die Betriebsregeln im Vordergrund stehen werden. “Rechtliche und verhaltensbedingte Vorgaben sind derzeit die Hauptprobleme”, so Lewandowski über die aktuellen Hemmschwellen. Mit den “verhaltensbedingten” Problemen meint er die Programmierung von Entscheidungsalternativen. Beispielsweise das Problem, dass das Auto plötzlich einer Person ausweichen muss und dabei den Frontalzusammenstoß mit einem entgegen kommendem Fahrzeug riskiert.
An diesem Punkt knüpfen auch die Bedenken von Ford und vielen anderen Fahrzeugherstellern an, die fast alle der Ansicht sind, dass die Technologie bereits weit fortgeschritten ist, doch dass vor allem unklare Rechtsverhältnisse eine baldige Einführung verhindern. Die Autobauer haben vor allem Angst vor einer Durchgreifhaftung, das heißt, nach geltendem Recht könnte bei einem Unfall eines solchen Autos der Hersteller der Software – also der Autohersteller haftbar gemacht werden. Und das ist ein unkalkulierbares Risiko. Folglich meint man nicht nur bei Ford, sondern auch bei GM und Volvo, dass selbstfahrende Autos nicht vor 2020 der Allgemeinheit zur Verfügung stehen werden.
Doch damit noch nicht genug. Sheila Brennan sieht darüber hinaus noch eine Vielzahl an Datenschutz- und IT-Sicherheitsprobleme, die die Einführung erheblich verzögern werden. “Google und Ford haben beide Recht, wenn es um die technologischen und rechtlichen Probleme geht, die alle innerhalb der nächsten Jahre lösbar sind. Doch bis die zugehörigen Datenschutz- und die IT-Sicherheits-Auflagen ausgearbeitet und erprobt sind, werden noch viele Jahre ins Land ziehen”, lautet ihre Einschätzung.
Mit ihrem ersten Punkt meint sie die Datensammlung, die alle selbstfahrenden Autos vornehmen werden, denn für die Analyse von Unfällen ist in Zukunft eine Vielzahl an Parametern auszuwerten. Diese Daten werden aus Sicherheitsgründen nicht im Auto gespeichert, sondern sie werden periodisch in eine Cloud hochgeladen. Da kann man sich schon jetzt ganz leicht vorstellen, was damit bei Google alles passieren wird. Doch nicht nur Google, auch die Polizei kann daran interessiert sein, denn die Daten enthalten neben den genauen Ortsangaben auch die Geschwindigkeit und Aufzeichnungen der Umgebung.
Jede Geschwindigkeitsüberschreitung, jedes überfahrene Stoppschild und jede dunkelgelbe Ampel wird bei diesen Autos genauestens protokolliert.
Brennans zweiter Punkt ist ein allgemeines (ungelöstes) IT-Problem. Sichere IT-Systeme sind selten – vor allem wenn sie mit einem drahtlosen Netz verbunden sind. Und die Vorstellung, dass die Steuerelektronik eines selbstfahrenden Autos bei 200 km/h gehackt wird, löst sicher bei jedem einen kalten Schauer am Rücken aus.
Fazit ist also, alle drei könnten Recht haben. Google wird es sicher schaffen, dass seine Fahrzeuge bald mit geringeren Auflagen betrieben werden können. Die immer etwas langsamere und vorsichtigere Auto-Industrie könnte in sieben Jahren auch so weit sein. Doch vielleicht ist die Schätzung von Sheila Brennan zu pessimistisch, denn man muss mit der Lösung der Datenschutz- und Sicherheitsprobleme nicht warten, bis Ford und Volvo ihre Autos auf dem Markt haben. Möglich, dass sich ein paar Sicherheits- und Datenschutz-Experten der Sache früher annehmen und entsprechende Vorschläge ausarbeiten.
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