Tableau Software will aus Big-Data-Mauern Wege machen

Das US-Unternehmen Tableau Software versteht Business Intelligence als Mission. Mit Hilfe einer Reihe von Produkten zu Daten-Visualisierung will die Firma die Datenflut überschaubar und verständlich machen. Ralf Patzwaldt, Sales Manager DACH bei Tableau Software, beschreibt im Interview mit silicon.de, wie unter anderem Storytelling dabei helfen kann.

Ralf Patzwald: "Unser Gehirn ist immer noch genauso beschränkt wie vor Jahrhunderten." Quelle: Tableau
Ralf Patzwaldt: “Unser Gehirn ist immer noch genauso beschränkt wie vor Jahrhunderten.” Quelle: Tableau

silicon.de: Business-Intelligence-Experte Tableau hat ja in den vergangenen Monaten eine erstaunliche Entwicklung hingelegt. Liegt das Ihrer Meinung daran, dass sich Tableau gewissermaßen darauf spezialisiert hat, Daten zum Sprechen zu bringen?

Patzwaldt: In der Tat, benötigen wir einen völlig neuen Ansatz: einen Ansatz, der Daten für jedermann, der Fragen hat, verfügbar macht, sodass man schnellere und leistungsfähigere Analysen durchführen kann. Dieser Ansatz wurde jedoch von den meisten Unternehmen, die ihre Prozesse gerne kontrollieren, nicht verfolgt. Doch auch diese Unternehmen öffnen sich nun immer mehr. Wir bei Tableau sprechen hier von der Notwendigkeit einer Daten-Demokratie: Die Mitarbeiter fordern neue Lösungen und den Zugang zu Daten, um fundierte Antworten auf ihre Fragen zu finden. Unternehmen sind also dazu genötigt umzudenken, um ihren Mitarbeitern gerecht zu werden. Unsere Entwicklung spiegelt genau dieses Verlangen nach Antworten durch Daten wider und wir freuen uns natürlich, dass dies auch von unterschiedlichen Seiten anerkannt wird.

silicon.de: Können sie den Begriff “Data-Storytelling” noch etwas genauer umreißen?

Patzwaldt: Geschichten zu erzählen ist ein unglaublich effektiver Weg, um Informationen zu erhalten und gleichzeitig sicherzustellen, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Für viele Jahrtausende waren Geschichten das wichtigste Instrument für die Bewahrung von Informationen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Heute haben wir zwar raffinierte Computer und eine Flut an Daten, aber die Erinnerungsfähigkeit unseres Gehirns ist immer noch genauso beschränkt wie vor Jahrhunderten. Deshalb benötigen wir Informationen, die uns stückweise und übersichtlich vermittelt werden. Außerdem müssen die Informationen miteinander verbunden sein. Letztendlich verbinden Geschichten Fakten miteinander und ermöglichen Menschen diese leichter zu verstehen. Besonders Bilder erleichtern diesen Prozess und beispielsweise Besonderheiten werden erst durch die visuelle Darstellung erkennbar und können so natürlich auch leichter dargestellt und erläutert werden.

silicon.de: Aber es ist doch erstaunlich, dass andere Anbieter, die aus dem klassischen BI kommen, und mit pervasive BI ebenfalls solche Ansätze verfolgen, hier offenbar ein Defizit haben?

Patzwaldt: Es ist ein iterativer Explorations-Prozess. Sie können vorab ja nicht wissen, was eine Person vielleicht fragen wird. Keine Vorberechnung in der IT-Abteilung wird in der Lage sein, alle möglichen Analyse-Arten vorauszusehen, mit denen Menschen im Bezug auf Daten arbeiten wollen beziehungsweise welche Fragen sich eventuell bei der Datenanalyse noch aufkommen könnten. Also benötigt man einen flexiblen, Menschen-zentrierten Ansatz, um den Mitarbeiters eine maximale Möglichkeit zu geben, die Vorteile von Daten zu nutzen.

silicon.de: Nach meinem Gefühl ist es für viele Unternehmen das Problem nicht zu wenig, sondern eher zu viel Daten. Was sind denn Ihrer Meinung nach die wichtigsten Stolpersteine, damit aus Daten Information und aus Information Wissen wird?

Patzwaldt: Ja, Big Data ist hier das große Schlagwort. Ob Log-Daten oder Google-Analytics–Auswertungen, Unternehmen haben definitiv mit immer mehr Datenquellen und damit auch größeren Mengen zu kämpfen als sagen wir vor zehn Jahren. Die Herausforderung besteht hier darin, dass die Daten oft aus unterschiedlichen Quellen kommen – Mitarbeiter arbeiten mit Datenbanken und Tabellenkalkulationen, Hadoop und Cloud-Daten. Diese Daten werden höchstwahrscheinlich in keinem Unternehmen an nur einem Ort gespeichert. Laut einer aktuellen TDWI-Umfrage schätzten beispielsweise 73 Prozent der Befragten, dass sie innerhalb der nächsten drei Jahre Hadoop in einer Produktionsumgebung nutzen werden.

Und Hadoop ist nur eine von einer Vielzahl von neuen Techniken und Technologien, die zusammengeführt werden, um mit Daten umgehen zu können.
Die Welt der Daten wird einfach immer größer. Es ist schwer genug, wertvolle Informationen aus Daten durch traditionelle Technologien zu erhalten. Was passiert, wenn man hier auch noch neue Datenspeicher hinzufügt? Was wir wollen, sind Antworten.

Die Mitarbeiter brauchen dafür aber nicht nur ein Toolkit, sie brauchen einen einfachen Self-Service-Weg, um Antworten zu erhalten. Während herkömmliche Business-Intelligence-Plattformen oftmals Tage und sogar Wochen für die Auswertung benötigen, verbinden sich zum Beispiel Lösungen von Tableau in Echtzeit mit der Datenbank. Anwender selbst können Analysen und Berichte eigenhändig und problemlos erstellen und mit Kollegen teilen.

silicon.de: Selbst wenn ich am Ende einer ausgefeilten Auswertung stehe, ich muss stets mit einer gewissen Fragestellung an meine Daten heran treten. Wie kann ich denn sicherstellen, dass ich die richtigen Fragen stelle?

Patzwaldt: Die Fragestellungen ergeben sich mit dem Blick auf die Daten. In dem Moment, in dem Sie die Ansicht auf ihre erste Grafik erstellt haben und sehen, kommt Ihnen automatisch die nächste Frage in den Sinn. Die ist der Vorteil von Visualisierungen: sie erwecken sofort Assoziationen und Fragestellungen im menschlichen Gehirn. Wenn ihr Werkzeug – also in dem Fall das Analysetool – genauso arbeitet wir Ihr Gehirn und diesen Denkprozessen dank Mustererkennung unterstützt, sind Sie nicht nur in der Lage auf die richtigen Fragen kommen, sondern diese auch in kürzester Zeit zu stellen und zu beantworten.

silicon.de: Es existieren ja bereits Studien, die belegen, dass Daten-getriebene Unternehmen im Schnitt finanziell besser gestellt sind, als andere. Könnte es nicht auch sein, dass finanziell besser situierte Unternehmen einfach mehr Zeit und Geld investieren können, um sich eingehender mit der Datenanalyse zu beschäftigen?

Patzwaldt: Mitarbeiter, die die Möglichkeit zur Datennutzung erhalten, können wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen. Daten für alle Mitarbeiter verfüg- und nutzbar zu machen, kann die Kultur eines Unternehmens verändern und insbesondere die Zusammenarbeit in und zwischen Abteilungen fördern. Unter dem Strich hat dies positive Auswirkungen für das Unternehmen.

Die Kosten müssen auch nicht immer unbeschreiblich hoch sein. Das Risiko beziehungsweise die Anfangsinvestition ist mit Tableau nicht vorhanden oder sehr gering – beispielsweise unsere “Tableau Desktop Personal Edition” ist für 999 US-Dollar zu haben, viele unserer Angebote wie “Tableau Public” oder “Tableau for Students” sind sogar kostenfrei.

Und welches Unternehmen leistet sich heute noch Schreibbüros? Das hat mit der Größe und der Finanzkraft nichts zu tun, die Mitarbeiter in den Unternehmen können das Dank des einfachen Ansatzes von Tableau selbst. Es werden keine Heerscharen von Beratern mehr benötigt, um Analysen zu erstellen. Die Berater werden nicht arbeitslos, sondern helfen Unternehmen auf den Weg zur Real-Time-Enterprise (In-Memory Datenbanken mit ERP und Analysedaten).

silicon.de: Ich nehme jetzt einfach einmal an, dass Sie Recht haben. Ein Datengetriebenes Unternehmen ist in der Regel erfolgreicher, aber wenn ich bislang nicht dieser Kategorie angehöre, ist es dann nicht auch ein kulturelles Problem innerhalb der Unternehmen, solche Ideen dann auch gewinnbringend umzusetzen?

Patzwaldt: Der Begriff Governance spielt hier hinein. Natürlich kann nicht einfach jeder machen was er will. Oft wollen auch die Manager ganz im Detail wissen, was ihre Mitarbeiter machen. Die Frage ist also: Bin ich als Unternehmen oder Manager bereit die Verantwortung auf Mitarbeiter zu übertragen? Ein Unternehmen sollte hier auch strukturiert vorgehen. Wenn jeder vor sich hin analysiert, kann es ein ganz schönes Durcheinander verursachen. Besonders Sandbox-Konzepte helfen hier, da man sichergehen kann, dass nichts verändert werden kann, was nicht geändert werden darf, beziehungsweise nicht alle Daten dürfen analysiert werden. Das ist auch sehr wichtig für die Sicherheit.

Prinzipiell muss also ein Unternehmen entscheiden, ob es sich einer offenen Analyse-Kultur hingibt oder nur ausgewählte Mitarbeiter die Rechte besitzen.

silicon.de: Ich habe spaßeshalber mal im Bewerberportal der Bundesagentur für Arbeit nach einem “Data Scientist” gefiltert. Und immerhin einen in Bayern gefunden! Wenn diese Leute so wichtig und unentbehrlich sind, hat dieser Bewerber bei der Gehaltsverhandlung vermutlich gute Karten.

Patzwaldt: Der Data Scientist ist alles in einem: Analyst, Programmierer, Kommunikator, Manager. Ja, höchst wahrscheinlich hat der Bewerber sehr gute Karten, wenn er die richtigen Qualifikationen mitbringt.

Aber dazu muss man sagen, dass der Erfolg mit Analytics in Unternehmen nicht nur alleinig vom Data Scientist abhängt, sondern jeder Mitarbeiter im Unternehmen sollte an den Prozessen beteiligt sein, beziehungsweise die Möglichkeit haben sich zu beteiligen. Und dafür brauchen sie einfach zu bedienende Werkzeuge und Zugang zu den Daten. Nur so werden schnelle und fundierte Entscheidungen ermöglicht, die letztendlich ein Unternehmen zum Erfolg führen kann.

silicon.de: Noch eine gesellschaftliche Frage: Wie glauben Sie, werden die Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen, die Prognosen und Analysen, die damit möglich sind, unser aller Leben beeinflussen, oder tun es bereits heute?

Patzwaldt: Sie beeinflussen unser Leben definitiv schon heute. Ob es in der medizinischen Forschung ist oder bei der Stauanalyse – alle diese Bereiche werden mit Hilfe von einer Vielzahl von Daten analysiert und das schon seit vielen Jahren. In den letzten Jahren sind vermehrt Daten durch die Internetnutzung hinzugekommen (ob Log-Dateien, Social Media-Auswertungen etc.) und auch zukünftig werden immer mehr Bereiche Daten aufwerfen und neue Analysen ermöglichen, die unser Arbeits- oder auch unser Privatleben verändern werden.

silicon.de: Glauben Sie, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür bereits heute ausreichend gegeben sind, oder müsste die Politik hier nicht nachbessern und auf die neuen Möglichkeiten, die den Unternehmen dadurch an die Hand gegeben werden reagieren?

Patzwaldt: Die Unternehmen die ich kenne beziehungsweise mit denen wir arbeiten, gehen alle sehr gewissenhaft mit den Daten um. Die meisten speichern die Daten im Moment erst nur ab. Der Zugriff und die Möglichkeiten zur Auswertung werden gerade geschaffen. Tableau hilft dabei die Daten verständlich zu machen. Wir hoffen, dass mithilfe von Tableau Daten nicht mehr wie eine Mauer wirken, sondern wie ein Weg, der zu neuen Möglichkeiten führt.

silicon.de: Vielen Dank für das Gespräch!