Vint Cerf: Google Glass braucht neue gesellschaftliche Konventionen

Wir haben ein Problem mit diesen Technologien”, sagte er auf der Konferenz Future in Review im kalifornischen Laguna Beach mit Blick auf Google Glass. “Unsere gesellschaftlichen Konventionen haben nicht Schritt gehalten mit der Technik.”

Als eher allgemeines Beispiel beschrieb er jemanden, der vor ägyptischen Pyramiden steht und einen Fremden bittet, ein Foto aufzunehmen. Ein zufällig in der Nähe stehender Tourist kommt mit ins Bild, das zu einer Foto-Sharing-Site hochgeladen und damit öffentlich zugänglich wird. Ein anderer sucht online nach Pyramiden, sieht den Reisenden im Bild und kennzeichnet ihn durch ein Tagging. Das wiederum hat Folgen für diesen, da er seiner Partnerin gesagt hatte, auf Geschäftsreise und an einem ganz anderen Ort zu sein …

“Es könnte sein, dass wir einige schmerzliche Erfahrungen machen werden, bevor wir darauf kommen, wie die gesellschaftlichen Konventionen aussehen sollten”, schloss Cerf daraus. “Wir werden eintauchen in dieses Meer von Informationen. Die Medaille wird zwei Seiten haben – ein riesiger Nutzen und eine Gesellschaft, die zunehmend transparent ist.”

Vinton “Vint” Gray Cerf gilt als einer der “Väter des Internets” und ist heute als Chief Internet Evangelist für Google tätig. Schon vor Cerf äußerten sich mehrere Google-Manager zu möglichen Problemen mit der Computerbrille Google Glass. “Wir werden tatsächlich eine neue gesellschaftliche Etikette entwickeln müssen”, sagte Chairman Eric Schmidt im April in einem BBC-Interview. “Es ist offensichtlich nicht angebracht, die Brillen in Situationen zu tragen, in denen keine Aufnahmen erwünscht sind, und wir haben dieses Problem ja auch schon mit Mobiltelefonen.”

Inzwischen geht auch der US-Kongress Datenschutzfragen hinsichtlich Google Glass nach. Parlamentsmitglieder stellten dazu letzte Woche briefliche Fragen an CEO Larry Page. Sie wollen unter anderem wissen, welche proaktiven Schritte Google unternimmt, um die Privatsphäre von Nicht-Nutzern beim Gebrauch von Glass zu schützen. Bedenken haben sie besonders gegenüber Gesichtserkennungstechniken. Außerdem fragen sie, inwieweit Datenschutz bei der Genehmigung neuer Anwendungen für Glass eine Rolle spielt.

[mit Material von Dan Farber, News.com]

Redaktion

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  • hmm,
    ich halte die gerade um Google Glas geführten "Angstdebatten" für übertrieben.

    Zum einen gibt es bereits geltende Gesetze zum Schutz persönlicher Rechte. Z.B. ist das o.g. Tagging Dritter auf FB nur mit deren Einverständnis juristisch erlaubt und nicht zuletzt deaktivierbar von jedem Nutzer. Tut es doch jemand, wird er sich künftig ggf. auf Unterlassungsforderungen bis hin zum Schadenersatz einstellen müssen.

    Viel wichtiger ist, das bestehende Persönlichkeitsrechte besser verstanden werden, denn nur dann werden Menschen sich gegen ungewollte Uebergriffe verteidigen können. Das ist spätestens dann der Fall, wenn es die ersten "Fehltritte" geben wird.

    Zum anderen kann bereits jeder, der es will, die Google Glas Kernfeatures bereits mit mobien Geräten wie Smartphones etc. umsetzen - wenn auch weniger komfortabel.

    Mich erinnert das an die frühere Angst vor (später vor "zu großen") Computern, die erst dem Menschen die Arbeisplätze wegnehmen würden, ihn später "versklaven" könnten usw..

    Stattdessen entrechten wir uns selbst höchst freiwillig, indem wir an den Staat immer mehr Freiheits- und Persönlichkeitsrechte im Sinne angeblicher "Sicherheit" abgeben - im Fortschreiten dieser immer "selbstverständlicheren" Entwicklung sehe ich wesentlich ernstere Befahren.

    • Fakt ist dass die Gesellschaft Konventionen dafür lernen muss. Aufhalten oder regulieren lässt es sich nicht.
      Es wird nicht übertrieben oder Ängste geschürt, vielmehr wird auf die (kriminellen) Möglichkeiten hingewiesen.
      Mir ist es bereits jetzt schon unangenehm, wenn ich im Cafe sitze und jemand auf seinem Smartphone "surft" und dabei die Kamera-Linse mich im Fokus hat.
      In Umfeld hört man sowas wie "Brillenträger dürfen geschlagen werde.."
      Es gehört sich eben nicht mit der Class in der S-Bahn "rumzublicken" - das wird ein "schmerzlicher" Lernprozeß..

      • Ich halte das nicht für *Fakt".

        Wer in den 80ern "vorhergesagt" hätte, dass man mal persönlichste bis peinlichste Inhalte außerhalb einer Telefonzelle, also im Zug, im Klo oder wo auch immer, herauskräht, der hätte sich damals auch der Meinung ausgesetzt gesehen, dass es dann dafür Konventionen geben muss.

        Und es gibt eben keine: man hat sich ein Peinlichkeitsbewusstsein für das gesprochene Wort einfach abtrainiert, und so wird es auch mit Optischem gehen.

        Diese Haltung "ist doch normal" ist es, was Überwachung einfach macht - und die ist, weil möglich, auch nicht aufhaltbar.

        Die Gesetze, mit Verlaub, bewirken schon jetzt nix. Um Unterlassungserklärungen durchzusetzen, müssen Sie das zu unterlassende erst mal nachweisen - so, wie den Datenschutzverstoß. Die Bußgelder dafür sind lächerlich und kommen kaum zum Einsatz.

        Es handelt sich durch die Bank um Ordnungswidrigkeiten. Die wenigen Straftatbestände sind so krude, dass man kaum jemals wird einen Nachweis führen können. Es mangelt an jur. Einsicht in die Thematik ebenso wie an der Fähigkeit, dafür angemessene Regeln zu treffen. Sicherheit auf Papier und reale Sicherheit haben schon heute nix gemein.

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