Aus für Drosselkom? EU will ISPs zu Netzneutralität zwingen

Unter der Federführung der EU-Kommissarin und Vizepräsidentin der Kommission Neelie Kroes konkretisiert die Europäische Kommission jetzt die Pläne rund um die Netzneutralität. So drohen laut der Kommission rund 100 Millionen Europäern Einschränkungen im Internet, weil Internet Service Provider (ISP) Dienste von Rivalen nicht gleichwertig behandeln.

Derzeit sind  Slowenien und die Niederlande die einzigen EU-Mitgliedsstaaten, die Netzneutralität garantieren. Jetzt will jedoch Kroes ähnliche Rechte für alle Bürger der EU schaffen.

Kroes unterstellt ISPs, dass Dienste wie Skype und WhatsApp blockiert werden, “um dem Wettbewerb zu entgehen”. Diese Ideen seien aber überholt, denn Verbraucher wollten ein “unbegrenztes Internet”.

Bei einer Rede in Brüssel ergänzte sie: “Mir ist klar, dass viele Europäer Schutz vor solchen wirtschaftlichen Taktiken erwarten. Und genau diesen Schutz will die EU jetzt einführen. Ein Schutz für jeden Europäer, auf jedem Gerät, in jedem Netzwerk: ein garantierter Zugang zum vollen und offenen Internet ohne jede Blockade oder Drosselung konkurrierender Dienste.”

Eine 2011 von EU-Regulierern durchgeführte Studie kam zu dem Ergebnis, dass Dienste oft insgeheim eingeschränkt oder gedrosselt würden, und zwar bei einem Fünftel der Festnetzanschlüsse und bei mehr als einem Drittel der mobilen Nutzer. Das sei zum Nachteil der Verbraucher, die nicht die Services erhielten, für die sie bezahlt hätten, sagte Kroes. Zudem wüssten Start-ups nie, ob ihre “tollen Ideen eine faire Chance im Markt erhalten.”

Kroes räumte ein, dass es legitime Gründe für eine Steuerung des Internetverkehrs gebe, beispielsweise um Überlastungen zu verhindern, Spam zu unterbinden und eine gleichbleibende Qualität sicherzustellen. “Ich würde sagen, die meisten Nutzer finden das hilfreich und sind glücklich damit.” Nutzer stellten zudem unterschiedliche Anforderungen. Einige verschickten nur wenige E-Mails, andere schauten ununterbrochen Videos. ISPs müssten also die Möglichkeit haben, unterschiedliche Pakete für Internetzugänge anzubieten.

In dem Zusammenhang forderte Kroes mehr Transparenz bei Breitbandverträgen für Verbraucher, damit sie verstehen könnten, was sie kauften. “Wir alle verdienen klare Aussagen, bevor wir unterschreiben – und keine unangenehme Überraschung im Nachhinein.”

Im nächsten Schritt will die EU entscheiden, ob sie die Netzneutralität als “rechtliche Empfehlung” oder im Rahmen einer Durchführungsverordnung einführt. Eine Empfehlung könnte schon im Dezember 2013 ausgesprochen werden. Eine Verordnung wiederum muss vom Europäischen Parlament und dem Europarat verschiedet werden. Die Mitgliedstaaten müssten sie dann wahrscheinlich erst 2015 umsetzen.

Ob von diesen Vorgaben dann auch die von der Telekom geplante DSL-Drosselung für Vielnutzer betroffen ist, wird derzeit vom Bundeskartellamt geprüft. René Obermann hingegen ist davon überzeugt, dass diese umstrittenen Pläne nicht die Vorgaben der Netzneutralität verletzen.

[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

Redaktion

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  • Ich finde die Debatte um die angeblich durch die T-Com verletzte "Netzneutralität", die unter der Bezeichnung "T-Com Drossel" erst kürzlich als Sau der Woche durch deutsche Medien getrieben wurde, bezeichnend für die Inkompetenz der Medien wie auch jenen, die so mancher das als "Fachmann" heranzieht.

    Netzneutralität bedeutet in erster Linie, das ein Kunde das bekommt, was vereinbart wurde und er transparent erkennen kann, was ihm geboten wird, so das ER entscheinden kann, welches Produkt welchen Anbieters ihm genehm kommt und er bereit ist zu bezahlen. Fakt ist auch, das die Telekom auch kein Monopol (mehr) auf ebenjene betroffenen IP-Zugangsleistungen hält. Niemand wird dazu gezwungen die betr. Produkte der T-Com zu kaufen.

    Das Quasimonopol der T-Com auf die "letzte Meile" hat damit ebenfalls nichts zu tun, denn dabei handelt es sich lediglich um physisches Kabel und kein IP etc.pp.. Niemand ist mehr auf die Leistungen der T-Com exklusiv angewiesen (was auch gut so ist). Zudem ist IP per Telefonleitung heute nur noch eine von vielen IP-Zugangsmöglichkeiten für Endkunden (siehe z.B. TV-Kabel, 3G/4G, Sat, Stromanbieter etc.).

    Ein "unbegrenztes Internet" gab es nie und kann es nie geben, schon weil das Netz wohl immer auf endlichen, kostenbehafteten Ressourcen basiert. Eine derartige Netzneutralität ist ebenso irreal wie ineffizient.

    Als T-Com Kunde finde ich es fair, das die T-Com transparentere Verträge stricken will, dabei mit offensichtlich nicht mehr funktionierenden Mischkalkulationen aufräumt, die jene bestrafen, die effizient mit dem Netz umgehen oder auch nur Wenig-User sind, damit weniger Ressourcen ins Anspruch nehmen. Wenn ein Anbieter volumenbasiert abrechnet, dann hat er großes Interesse daran, das seine Kunden optimale Bandbreiten erreichen können - in all jene Zielnetze, die die Kunden "nutzen" wollen - denn daran verdient er ja nicht zuletzt. Und natürlich ist jedem ISP daran gelegen, die meistgenutzten Pfade möglichst günstig zu halten. Ebenso ist das Internet ja auch erfolgreich geworden wie gewachsen.

    Natürlich ist es weniger ressourcenaufwendig IP ins providereigene Netz zu transportieren, statt an externe Ziele. Sofern der Anbieter diesen Vorteil an mich weiter geben will, ist das doch begrüßenswert?

    Mehr hat die T-Com auch nicht vor und ebendies ist bereits bewährte Praxis auf allen Ebenen des Netzes seit es das Internet gibt.

    Wohingegen so manch anderer Anbieter, an dessen Produkte ich mich erinnere (Arcor/Vodafone, O2), tatsächlich Eingriffe in die Netzneutralität beging, um sich Vorteile zu verschaffen - zu Lasten der Kunden (zB beschränktes Web, beschränkte Protokolle uswsusf.), nur gab das erstaunlicherweise kein derartiges Gebrüll. Und, achja: auch die Mobilfunker verkaufen ihre "Flats" allesamt mit "Drossel" - und das nicht selten gut versteckt in den seitenlangen Vertragsbedingungen...

    Daher kann ich Hrn. Obermann hier nur Recht geben, wenngleich mich nicht wundern würde, wenn die Justiz ihm kein Recht geben würde - schaut man sich die internetbezogene Gesetzgebung wie Politik heute an, kann man als Kenner der Materie oft nur noch mit dem Kopf schütteln...

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