PRISM bringt selbst alten Stasi-Offizier zum Staunen
“So viele Informationen über so viele Leute!” Das Ausmaß der US-Überwachung durch das bislang geheime Programm PRISM bringt sogar ein Spionageurgestein ins Schwärmen.
Die Stasi, der Geheimdienst der DDR, gilt auch im Ausland als Musterbeispiel für Lückenlose Überwachung. Das dicht gewobene Agentennetz der Staatssicherheit konnte den Menschen während des Kalten Krieges teilweise die intimsten Geheimnisse entlocken.
Jetzt hat sich ein Journalist des Hauptstadbüros des US-Zeitungshauses McClatchy mit Wolfgang Schmidt, einem ehemaligen ranghohen Stasi-Offizier über das frisch enthüllte Überwachungsprogramm PRISM unterhalten: “Für uns wäre damit ein Traum wahr geworden”, gesteht der ehemalige Oberstleutnant Schmidt. Damals konnte seine Abteilung lediglich 40 Telefonapparate überwachen.
Wenn man sich entschloss einen neuen Spion oder anderen Verdächtigen zu überwachen, musste man an anderer Stelle die Überwachung abbrechen, erklärt er. Umso mehr setze ihn die Möglichkeit in Staunen, dass man heute in der Lage sei, Millionen Telefonate abzuhören und Millionen Internetverbindungen zu überwachen.
Aber Schmidt sieht definitiv die negativen Auswirkungen dieser Praxis. “Es bedeutet den Gipfel der Naivität zu glauben, dass diese einmal gesammelten Informationen nicht auch verwendet würden”, erklärt Schmidt. Das sei schließlich die Natur eines Geheimdienstes.
Die einzige Möglichkeit, die Privatsphäre der Bürger zu schützen, sei den Regierungen zu verbieten, diese Informationen zu sammeln. Inzwischen habe auch die Bundesregierung das eigene “Befremden” nach Washington gemeldet, wie Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt.
Die Regierung reagiert damit auf Berichte, dass die National Security Agency gezielt deutsche und europäische Botschaften überwacht haben soll. Jetzt nennt die Bundesregierung das Vertrauensverhältnis mit den USA als gestört. Seibert erklärt: “Abhören von Freunden, das ist inakzeptabel, das geht gar nicht, wir sind nicht mehr im Kalten Krieg.”