Die Razzien sollen bereits am Dienstag gestartet sein. Laut Berichten gehören neben der Telekom auch die französische France Télécom sowie die spanische Telefónic zu den durchsuchten Unternehmen. Die Telekom hat inzwischen bestätig, dass bei dem Unternehmen Hausdurchsuchungen durgeführt werden.
Ein Telekom-Sprecher hatte Agenturen gegenüber bestätigt, dass es eine “Nachprüfung” gegeben habe. Der Konzern zeigt sich verwundert. Schließlich hätten ältere Untersuchungen des Internetverkehrs durch nationale Regulierungsbehörden keine Ergebnisse erbracht.
Daher zeigte sich der Sprecher über neuerliche Untersuchung verwundert. Vor allem auch, weil laut Ansicht der Telekom der Markt für Internetverbindungen von US-Großanbietern dominiert werde und nicht von der Telekom. Jedoch kündigte die Telekom an, mit den Behörden zusammen arbeiten zu wollen.
Bei Orange scheint die Lage ähnlich zu sein. Auch bei dem Französischen Anbieter hatten die nationalen Behörden bislang keine Beweise für die Vorwürfe erbringen können. Damals hatte die französische Kartellaufsicht wegen des Netzbetreibers Congent ermittelt. Laut Orange könne sich die unangekündigte Aktion noch einige Tage hinziehen.
Bei einer kartellrechtlichen Verurteilung kann die EU-Kommission eine Strafe von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes erheben. Im Fall der deutschen Telekom, die im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von 58,17 Milliarden Euro gemacht hat, entspräche das einer Strafe von 5,8 Milliarden Euro.
Allerdings betont die Kommission auch, dass diese Durchsuchungen lediglich ein erster Schritt sind, und damit noch kein Verschulden der Unternehmen belegt sei. Einen gesetzten Zeitrahmen für die diese Untersuchungen gebe es nicht.
Die EU-Kommission treibt einerseits eine Vereinheitlichung des europäischen Kommunikationsmarktes voran. Etwa indem Roaming-Tarife schrittweise reduziert beziehungsweise abgeschafft werden sollen. Für Kartellbildungen zuungunsten des Verbrauchers scheint die EU jedoch wenig Toleranz zu zeigen.
Auslöser der Nachforschungen sind laut der französischen Zeitung Vorwürfe des US-Unternehmens Cogent aus dem Jahre 2011, das in zahlreichen Ländern aktiv ist. Die Amerikaner hatten damals gegen Orange geklagt, weil die Franzosen sich nicht an Peering-Abkommen gehalten hätten. Mit diesen Abkommen verpflichten sich Provider gegenseitig, den vom jeweils anderen kommenden Internet-Traffic ohne Berechnung der Kosten durchzuleiten.
Dabei wird in der Regel davon ausgegangen, dass das Aufkommen sich in etwa die Waage hält. Allerdings hat Cogent damals dreizehnmal so viel Traffic an Orange geschickt, wie umgekehrt. Der Grund: Damals war der inzwischen geschlossene Filehoster Megaupload großer Cogent-Kunde. Aufgrund des Ungleichgewichts hatte Orange von Cogent eine finanzielle Entschädigung für die über das übliche Maß hinausgehenden Leistungen verlangt.
Die Klage von Cogent wurde im September 2012 von der französischen Wettbewerbsaufsichtsbehörde abgewiesen (PDF). Die Entscheidung erregte recht viel Aufmerksamkeit, war es doch die erste, mit der eine Behörde feststellte, dass es das Recht der Netzbetreiber ist, sich für die Nutzung ihrer Netze bezahlen zu lassen.
Offenbar hat sich Cogent durch die Entscheidung der französischen Wettbewerbshüter aber nicht einschüchtern lassen und sich inzwischen an die EU-Behörden gewandt. Die Amerikaner liegen mit Telefónica und der Deutschen Telekom wegen derselben Gründe im Streit. Wie Le Figaro berichtet, herrscht bei den europäischen Firmen reichlich Ärger und Unmut: Sie werfen der EU-Kommission vor, sich in dem Streit von den Amerikanern vor den Karren spannen zu lassen. Zudem fordern die Telekommunikationsunternehmen auf europäischer Ebene mehr Freiräume für Fusionen und eine Carrier-freundliche Regulierung des Marktes.
[mit Material von Peter Marwan, ZDNet.de]
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