In der SAP-Beratung legt man offenbar weniger wert auf Titel, Ausbildungen oder Zertifikate, als man vielleicht annehmen könnte. Dennoch müssen auch Quereinsteiger gewisse Voraussetzungen erfüllen, um für diesen anspruchsvollen Job in Frage zu kommen.
Rund 90 Prozent derer, die direkt nach dem Studium in die SAP-Beratung gehen, sind Wirtschaftsinformatiker, Wirtschaftswissenschaftler, Naturwissenschaftler oder Absolventen eines technischen Studiengangs. Üblicherweise haben diese “Direkteinsteiger” einen Master oder Diplom-Abschluss. Dem Bachelor-Titel mangelt es nach wie vor an Anerkennung, erklärt Dr. Thomas Biber, Geschäftsführer der auf SAP-Positionen spezialisierten Personalberatung Biber & Associates.
Mit einem Doktor-Titel allerdings können die Einsteiger in den Beruf jedoch kaum punkten: Er lasse die Nachwuchskräfte im Vergleich zu anderen Bewerbern meist nur älter aussehen, weiß Biber. Nur wer tatsächlich plane, in die Top-Etagen der Unternehmen aufzusteigen, habe mit dem Doktor oder mit MBA-Abschluss einen kleinen Vorteil. “SAP-Quereinsteiger” haben oftmals eine akademische Ausbildung in ganz anderen Fächern durchlaufen – zum Beispiel Jura, Geisteswissenschaften oder auch Theologie.
Sogar Nichtakademiker haben gute Chancen, beispielsweise nach einer Ausbildung in kaufmännischen oder Informatik-nahen Berufen. Erst wenn es, Jahre später, um Leitungspositionen geht, verschafft eine akademische Ausbildung wieder einen Vorteil vor dem Ausbildungsberuf. “Am wichtigsten ist, dass man sowohl IT-Know-How als auch betriebswirtschaftliche Kompetenz hat”, fasst Biber die notwendigen Fähigkeiten zusammen. “Viele erfolgreiche Quereinsteiger hatten berufliche Erfahrung in einem dieser beiden Felder gesammelt und brachten Interesse und Verständnis für das andere Feld mit.”
Darin stimmt auch Silvia Dicke, Sprecherin des SAP-Beratungshauses itelligence, mit überein. Das die NTT-Data-Tochter setzt bewusst auf “Quereinsteiger”, um vakante Stellen in der Beratung zu besetzen. itelligence setzt vor allem Akademiker, die einen staken Mittelstandfokus mitbringen, ein Branche gut kennen, oder sich bereits während des Studiums – etwa mit einem SAP-Schein oder in einem Praktikum – mit dem Thema SAP auseinander gesetzt haben. Auch Projekterfahrung oder allgemein “gute Softsiklls” würden die Chancen der Bewerber verbessern.
“Wir machen sehr gute Erfahrungen mit Quereinsteigern”, fasst Dicke zusammen. Denn SAP-Berater müssten “nicht nur eins und eins zusammenzählen, sondern es geht auch viel darum, Dinge zu vermitteln oder Informationen zusammen zu fassen.” Ganz allgemein setzte itelligence eine “hohe Problemlösungskompetenz” voraus.
Biber sieht die Vorbereitung von Quereinsteigern in Positionen im Controlling, Vertrieb oder in der Warenwirtschaft. Es sind also entweder betriebswirtschaftliche Kenntnisse, oder eine Tätigkeit als Webshop- oder Netzwerkadministrator beziehungsweise Programmierer, die profunde IT-Kenntnisse belegen.
Eine gute Vorbereitung sei auch, sich im Rahmen einer SAP-Einführung, sich vom Unternehmen zum SAP-Berater weiterbilden zu lassen. Auch die Arbeitsagentur zahlt gelegentlich eine SAP-Zertifizierung und manche Arbeitnehmer bekommen sie im Rahmen eines Outplacement-Verfahrens von ihrem ehemaligen Arbeitgeber bezahlt. Kurse mit SAP-Zertifizierungen werden sowohl vom Walldorfer Konzern selbst als auch von verschiedenen Weiterbildungsanbietern veranstaltet.
Die Zertifizierung ist aber keineswegs zwingend für eine Karriere als SAP-Berater: “Arbeitgeber ziehen das Learning-on-the-job, also die praktische Tätigkeit im SAP-Projekt, jeder Schulungserfahrung vor”, so Biber. Es komme vor, dass angehende SAP-Berater ein Job-Angebot ausschlugen, um die einmal begonnene und schließlich ja auch teure Weiterbildung zu Ende zu führen. Aber Gelegenheiten kommen nicht nach Belieben wieder: “Wenn sich eine Chance bietet, die erste feste SAP-Stelle zu ergattern, muss man als Neu- oder Quereinsteiger zugreifen”, warnt der Personalberater.
Im Allgemeinen lassen sich die neuen Arbeitgeber darauf ein, dass der Bewerber die SAP-Weiterbildung zunächst beendet, bevor er die neue Stelle antritt. Sollte ein Arbeitgeber das ablehnen, ist es das kleinere Übel, die Weiterbildung abzubrechen. Denn die erste Stelle als SAP-Berater ist immer am schwierigsten zu finden.
Mit den Bewerbungen für die erste SAP-Position solle man unbedingt vor Abschluss der Zertifizierung oder Weiterbildung beginnen. Bewerbungsprozesse im SAP-Umfeld dauern oft zwei bis drei Monate. Hinzu kommt die Phase zwischen Vertragsunterschrift und Stellenantritt.
Wer zu spät loslegt, riskiert eine unliebsame und unnötige Lücke im Lebenslauf. Doch es kann noch schlimmer kommen: Wer noch einige Monate als Freiberufler oder Trainer verbringt, weitere Zertifizierungen anstrebt oder gar noch eine Zeit lang in SAP-fremden Jobs arbeitet, hat seine Chancen auf eine langfristige Perspektive mit einer Festanstellung als SAP-Berater schon fast verspielt. Einen solchen Lebenslauf lesen Personaler als einen misslungen Einstieg in eine boomende Branche. “Hier muss man sich als Bewerber dann schnell die Frage gefallen lassen, warum man keine Stelle als SAP-Berater findet, wo doch SAP-Berater allerorten gesucht werden”, erklärt Biber.
Wer nicht das Glück hat, dass der bisherige Arbeitgeber ausbildet, kann den Quereinstieg in die SAP-Beratung auch selbst in die Hand nehmen. Biber empfiehlt zu diesem Zweck Initiativbewerbungen bei kleinen und mittleren SAP-Beratungsfirmen. Diese Unternehmen haben aktuell einen starken Personalbedarf, den sie oft nicht decken können.
Daher sind viele Beratungsunternehmen bereit, einem ambitionierten SAP-Juniorberater eine Chance zu geben und ihn auch ein Stück weit auszubilden oder einzuarbeiten. “SAP-Beratungsunternehmen”, so Thomas Biber, “haben auf dem SAP-Jobmarkt die Funktion der Ausbilder. Beratungsunternehmen sind bei Bewerbern, die nicht hundertprozentig die Anforderungen erfüllen, zudem oft kulanter als SAP-Endkunden.”
Wichtige Voraussetzungen für den SAP-Job sind Englischkenntnisse, gute Arbeitszeugnisse und ein klarer Lebenslauf. Reisebereitschaft ist bei einem SAP-Beratungsunternehmen ohnehin unverzichtbar. SAP-Neulinge sollten offen sein für mindestens zwei bis drei Jahre Consulting mit umfangreicher Reisetätigkeit, das heißt drei bis fünf Arbeitstage pro Woche. Die arbeits- und reiseintensive Zeit lohnt sich langfristig und bleibt ein Berufsleben lang eine sehr gute Referenz.
Unverzichtbar ist es, an der ersten Stelle auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen durchzuhalten, weil Vielwechsler im SAP-Umfeld sehr kritisch gesehen werden. SAP-Projekte dauern oft mehrere Monate, in Einzelfällen auch Jahre. Und selbst ein erfahrener SAP-Berater benötigt im neuen Job gewöhnlich sechs bis zwölf Monate, bis er voll eingearbeitet ist und das neue Umfeld beherrscht.
Doch ist Einstieg geschafft, stehen den Kandidaten die Türen für eine spannende SAP-Karriere offen. Wer sich nach den “Lehrjahren” auf dem Arbeitsmarkt umschaut, dem bieten sich höchst attraktive Weiterentwicklungspfade. Solide Projekterfahrungen und die Fähigkeiten bleiben dabei immer wichtiger für das Vorankommen in der SAP-Karriere als jeder Titel oder jede Zertifizierung. Biber: “Der Wechsel in die zweite SAP-Position fällt wesentlich leichter. Mit ein bisschen Glück kann ein Bewerber dann bereits zwischen verschiedenen attraktiven Vertragsangeboten auswählen.”
Doch auch wer bereits im Job etabliert ist, kommt nicht umhin, sich ständig weiter zu entwickeln, erklärt Dicke. Die SAP-Welt seit vor allem in jüngster Zeit einer erheblichen Dynamik unterworfen. Daher müssten auch SAP-Berater sich ständig auf dem Laufenden halten. So setze zum Beispiel itelligence auch stark auf interne Weiterbildung.
Diese starke Veränderung auf der Produktseite mag mitunter ein Grund dafür sein, dass sich “die Unterschiede bei Gehalts- und Karriereoptionen für SAP-Berater gleichen sich, unabhängig vom Ausbildungsweg, nach drei bis fünf Jahren Projekterfahrung angleichen”, wie Thomas Biber erklärt. Bei itelligence etwa leitet heute ein Doktor der Mathematik den Unternehmensbereich “Beratung”.
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