Peter Löscher wird in gegenseitigem Einvernehmen den Konzern verlassen, heißt es offiziell. Ab Morgen wird der diplomierte Betriebswirt Joe Kaeser an der Spitze von Siemens stehen. Kaeser ist seit 1980 bei Siemens und kennt und versteht den vielschichtigen und weltweit verteilten Konzern wie kaum ein zweiter. Das macht ihn natürlich in den Augen der Aktionäre zu einem guten Kandidaten. Ein neuer CFO werde jetzt gesucht, heißt es von Siemens.
Doch ganz so glatt, wie sich der Machtwechsel schließlich vollzog, lief es im Vorfeld nicht. Noch vor knapp einem Jahr hatte Gerhard Cromme als Aufsichtsratschef von Siemens den Arbeitsvertrag von Peter Löscher vorzeitig um fünf Jahre verlängert. Jetzt ist er mit seinen Versuchen, den Kärntner wieder los zu werden, endlich erfolgreich.
Trotz einiger Ränkespiele im Vorfeld fiel die Wahl auf Kaeser als neuen Siemens-Chef im Kontrollgremium des deutschen Vorzeigekonzerns einstimmig aus. Josef Akkermann etwa hatte im Vorfeld Zweifel an seiner Wahl zu Kaeser aufkommen lassen.
So dankte Löscher bei seinem Abtritt all denjenigen die ihn “gerade auch in den vergangenen Monaten ausdrücklich unterstützt” hätten. Auch die Formulierung: “Der Aufsichtsrat blickt mit großem Respekt auf das Wirken von Peter Löscher als Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG zurück”, scheint im Angesicht der Tatschen etwas sarkastisch. Ob das gewichtige “Bauernofper” Löschers allerdings ausreicht, um auch Cromme in seinem Amt zu halten, darf durchaus bezweifelt werden.
Die Rufe nach einem Abtritt des ehemaligen Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef werden so schnell nicht verklingen. In der deutschen Wirtschaftspresse hält man eine echte Kehrtwende von Siemens nur mit einem neuen Chef des Aufsichtsrates für möglich.
Cromme hatte Löscher 2007 aus der Pharmabranche zu Siemens geholt, und ihn als großen Sanierer im Nachgang an die Schmiergeldaffäre präsentiert. Löscher machte aus der Not eine Tugend und warb weltweit mit garantiert Korruptionsfreien Produkten aus Deutschland.
Doch die Gewinnwarnung zu den aktuellen Quartalszahlen, ein Windpark in der Nordsee, der nicht verkabelt werden kann oder Züge, die nicht pünktlich an die Bahn geliefert wurden, ließen Löschers Ansehen wanken. Kritiker werfen ihm zudem “Visionslosigkeit” vor. Cromme, der selbst bei Thyssen-Krupp über Missmanagement gestolpert war, betrieb die Absetzung, allerdings in den Augen von Kritikern nicht sonderlich elegant.
Derzeit fehlen zwar die Alternativen für einen neuen Aufsichtsratschef, Ex-Deutsche-Bank-Chef Ackermann gilt als nicht vermittelbar – doch Wolfgang Reizle, Chef der Linde AG, könnte ab kommenden Frühjahr bereit stehen. Er gilt als derzeit aussichtsreichster Kandidat.
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