“Das war geplant. Der #veggieday wurde nur erfunden, um die Aufregung über #prism ins Abseits zu drängen,” twittert @Der_KaFee. Und @jolicoeur11 ergänzt: “Die #veggieday Hysterie dient hervorragend dazu, den Geheimdienstskandal bis nach der Wahl aussitzen zu können.”
So könnte man sich die Sache natürlich erklären. Allein: Es stimmt nicht. Das vermeintliche Ablenkungsmanöver ist schließlich nicht von der finsteren NSA initiiert worden, sondern von sanften grünen Politikern, die eine bewusste Ernährung propagieren und es gut mit ihren Mitmenschen meinen.
Nun weiß man aber: “Gut gemeint” ist das Gegenteil von “gut”. Und deshalb gönnt man den Grünen den Shit-Storm, der diese Woche über ihr politisches Biogemüse hereingebrochen ist.
Grotesk genug, dass Unternehmen wie Siemens – wo’s einen vegetarischen Tag pro Monat gibt – PR mit den Magen- und Darmtrakten ihrer Angestellten machen. Jetzt wollen das auch noch Politiker. Und sie wollen für etwas derartig Unverdauliches auch noch gewählt werden.
Aber genau das ist es doch, was heuer noch gefehlt hat: ein richtig schön albernes Sommertheater. Nicht so ein dramatisches Lehrstück Brechtscher Art wie die Prism-Affäre, sondern eine Klamotte!
Rainer Brüderle darf auf der bewährten Sommertheater-Bühne Bild den Freiheitskämpfer geben. Ein echter Brüller! Ob als nächstes ein “Bike-Day” verordnet werden soll, empört der Liberalen-Darsteller sich theatralisch.
Und Peer Steinbrück, der bislang nur unfreiwillig komisch war, erzählt im Bayerischen Fernsehen einen Witz, der ausnahmsweise gar nicht auf seine eigenen Kosten geht. “Die haben noch nicht mitgekriegt, dass es jetzt um die Wurst geht”, kalauert er über die Grünen.
Das Web hat vom Veggieday am Montag Blähungen bekommen. Ständig pupst es scheinbar tiefschürfende Analysen aus, die aber ganz augenfällig einzig dem Zweck dienen, einen Wortwitz loszuwerden. Das Nachrichtenportal Rhein-Neckar spürt grüner Ideologie nach, offenkundig nur, um den Artikel mit „Schnitzel-Jagd“ überschreiben zu können. Die Frankfurter Neue Presse widmet ihren Leitartikel am Dienstag den “Besser-Essis” – Headline: „Eingefleischte Gewohnheiten“. Und die Mittelbayerische Zeitung kommentiert den Grünen sogar ein “Veggie-Gate” an.
Und wie immer, wenn’s um Schenkelklopfer geht, spielt auch der fröhlichste und ungefährlichste aller Patriotismen hinein, der Lokalpatriotismus. “Als die Kirche den #veggieday einführte, erfanden kluge Schwaben die Maultaschen”, twittert @bjoerngrau und spielt damit darauf an, dass jenes erfindungsreiche Volk, während der Fastenzeit Fleisch hählinge in Teigtaschen versteckte, um es vor dem Auge des Herrn zu verbergen.
So gesehen, verdankt sich eine so herrliche Speise wie Maultaschen – welche übrigens stets mit Kartoffelsalat serviert werden müssen – dem klerikal verordneten Veganismus. – Ob die sanfte Zwangsmaßnahme der seltsamen Öko-Heiligen wohl auch so ein schönes Ergebnis zeitigen wird?
Noch segensreicher hat die heilige Mutter Kirche ja in Bayern gewirkt, wo Mönche auf rein pflanzlicher Basis ein Getränk zubereiteten, womit sich die fleischlose Zeit ertragen lässt. „Wir sind stolz darauf, eine Religion zu haben, welche das Bier nicht nur nicht verbietet, sondern es sogar selbst braut“, wie Gerhard Polt es formuliert.
Und deshalb macht der Schreiber hier auch Schluss für diesmal. Er ist nämlich ein Schwabe, der sich gut in Bayern integriert hat, und heute sein Bike-Day. – Der Umwelt zuliebe und wegen der Grünen, derjenigen in den Unformen, die einen anhalten würden, käme man mit dem Auto vom Biergarteln.
Bloß noch rasch die Moral von der Geschicht’ – der vom Shitstorm-gebeutelten grünen Veggieday: Bier zu trinken, ist edelste Form der ökologisch bewussten Ernährung. Seit 1516 schon gilt das bayerische Reinheitsgebot. Und wenn sich das strahlende Sommersonnenlicht im Masskrug bricht und man setzt zum zweiten Schluck an, während der erste schon seine Wirkung tut, dann ist einem, als habe man wieder einmal politisch ganz korrekt gehandelt: Man fühlt man sich richtig gut dabei.
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