40 Jahre Ethernet
Nachdem Ethernet in diesem Jahr den 40. Geburtstag feiert, haben wir uns mit Henry Bohannon, Head of Ethernet Product Management bei Tata Communications, darüber unterhalten, ob es nicht mal an der Zeit wäre eine neue Netzwerktechnologie zu entwickeln, oder ob man nach wie vor getrost auf das gute alte Ethernet setzen kann.
silicon.de: Trau` keinem über 40. Das Ethernet erreicht in diesem Jahr diese psychologisch wichtige Marke. Wie relevant ist Ethernet heutzutage?
Bohannon: Über die letzten 40 Jahre hinweg hat das Ethernet die Art und Weise, wie wir kommunizieren grundlegend geändert. Das Ethernet ist zum Backbone des Internets geworden und – noch viel wichtiger – unserer Wirtschaft weltweit. Es beförderte uns direkt in das digitale Zeitalter – eine Art zweite industrielle Revolution.
silicon.de: Aber das war ja nicht immer so:
Bohannon: Ursprünglich war das Ethernet eine einfache Kabelverbindung zwischen mehreren Computern und einem Drucker. Es entwickelte sich langsam und konnte schließlich kleine Computernetzwerke verbinden. Heute unterstützt es weltweite Computernetzwerke; Daten werden in der Cloud gespeichert und Nutzer können einfach und schnell auf sie zugreifen.
Überlegen Sie mal, wie Sie heute Informationen speichern und abrufen. Vor 15 Jahren wurden die Daten noch auf der Festplatte des Computers gespeichert und abgerufen. Heutzutage werden Daten gleich an mehreren Orten, Geräten und Repositorien gespeichert. Damit verlassen sich Anwender und Unternehmen gleichermaßen auf das Ethernet, um zuverlässigen und sicheren Zugriff auf ihre Daten zu haben. Es gibt nur wenige aktuelle Technologien, die auf eine 40-jährige Geschichte zurückschauen können und immer noch relevant sind – Ethernet gehört dazu.
silicon.de: Weltweit geben Service Provider Ethernet, also einer Technologie, die Ursprünglich Drucker an Rechner anbindete, den Vorzug. Wie ist es dazu gekommen?
Bohannon: Mit dieser Technologie arbeiten Unternehmen enger zusammen als jemals zuvor. Die Geschwindigkeit des Ethernets hat sich in den letzten 40 Jahren vervierfacht und ermöglicht schneller Verbindungen und effektivere Kommunikation.
Zudem hat sich das Ethernet zur dominierenden Technologie für WAN (Wide Area Networking)-Konnektivität entwickelt – es hat andere Technologien bezüglich Skalierbarkeit und Benutzerfreundlichkeit übertroffen und damit verdrängt.
Das Ethernet transportiert datenintensive Applikationen mit hoher Bandbreite in die Kernnetzwerke der mobile Anbieter und bietet somit beispielsweise die Voraussetzung für die Übertragung von Live-Events über mobiles Video-Streaming. Mobiles Video-Streaming ermöglicht zudem Videokonferenzen und Telearbeit über Grenzen hinweg.
Durch das Streamen von Videos werden zukünftig die Zuschauerzahlen weiter steigen. So können Fans weltweit über verschiedene Endgeräte große Sportereignisse wie etwa die Olympischen Spiele 2014 in Rio de Janeiro ansehen. Für Service Provider ergeben sich hierdurch neue Potenziale.
silicon.de: Das ist tatsächlich eine beeindruckende Entwicklung. Wäre das auch ohne eine Standardisierung der Architektur möglich gewesen?
Bohannon: Die Standardisierung des Ethernets war grundlegend für die weltweite Ausbreitung. Zwischen den 1970er-Jahren bis zu den späten 199er-Jahren setzte sich Ethernet im Vergleich zu Alternativen wie Token Ring, Token Bus oder ARCNET als wichtigste LAN-Technologie durch. Vorangetrieben wurde die Standardisierung von Electrical and Electronics Engineers (IEEE), die den 802.3-Standard 1983 als Entwurf und 1985 schließlich als Standard veröffentlichten. 10 Jahre später wurde 1995 das 100Mbps “Fast Ethernet” durch die IEEE standardisiert. Heute gibt es den ersten Arbeitskreis auf der Basis von 400Gbps-Ethernet.
Das Metro Ethernet Forum (MEF) wurde 2011 mit dem Ziel gegründet, die Entwicklung standardisierter Ethernet-Services voranzutreiben und die Annahme von Ethernet als Netzwerklösung mit großer Reichweite zu beschleunigen. Dieser Schritt war wichtig, denn das MEF definierte wesentliche Serviceattribute wie Zuverlässigkeit und Service Management, durch die Ethernet heute als “carrier class” angesehen wird. Ethernet ist von LAN zu WAN aufgestiegen.
silicon.de: Mit 40 fängt man – ich kann da aus Erfahrung sprechen – zum ersten Mal an, sich Szenairen für das Rentenalter zurecht zulegen. Sehen sie solche erste Anzeichen auch bei Ethernet?
Bohannon: Das Ethernet wird auch zukünftig die Leistungsfähigkeit neuer Applikationen gewährleisten. So können Unternehmen beispielsweise durch die in Kooperation mit cloud-basierten Services genutzte Konnektivität Produkte und Services schneller auf den Markt bringen und in einer dynamischen Wirtschaft flexibler reagieren.
Mobilfunkanbieter werden durch das Ethernet von der nächsten Generation der Kommunikationsservices profitieren. Schnellere Geschwindigkeiten über mobile Kommunikation – wie 4G und LTE –, die online genutzt werden, machen das Ethernet zum mobilen Backhaul (von den Mobilfunkmasten bis zum Zentralnetzwerk). Diese Leistungsstärke ermöglicht Video-Streaming, Video-Anrufe, Informationen der nächsten Generation und mobile Applikationen. Das Ethernet bietet hierfür die Grundlage und verbessert den schnelleren Zugriff auf Bilder, Videos und Daten über unsere mobilen Endgeräte.
Es gibt noch zahlreiche unerschlossene Möglichkeiten, die das Ethernet bereithält. In den nächsten 40 Jahren wird es noch schneller werden. Es wird neue mobile Applikationen und Technologien unterstützen. Das Ethernet wird unter anderem auch für die Entwicklung der Wirtschaft in den Schwellenländern essentiell sein.
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