Viele Arbeitgeber wissen das Medium Web 2.0 immer noch nicht so recht einzuschätzen. Unter Arbeitgebern und Mitarbeitern herrscht gleichermaßen große Rechtsunsicherheit zu diesem Thema.
Jeder Mitarbeiter sollte wissen, wie er mit seinen Arbeitsmitteln umzugehen hat. Dies gilt für jede Maschine, für EDV im Allgemeinen, für die Nutzung des Internets und Social Media eben auch. Jeder Arbeitgeber, der dies anders sieht, nimmt sehenden Auges eine Betriebsgefahr in Kauf, für die er letzten Endes selber haftet.
Ein Radikalverbot der Social Media Nutzung könnte eine Lösung sein. Manche Arbeitgeber lassen deshalb innerbetriebliche Sperren und Firewalls für Social Media Plattformen einbauen. Sie vergessen dabei jedoch Mobile Device und internetfähigen Smartphones, die sie häufig nicht nur zur betrieblichen sondern auch zur privaten Nutzung gewähren.
Andere wiederum dulden das Social Networking ihrer Mitarbeiter unreglementiert. Dies wird zum Problem, wenn der Mitarbeiter Rechte des Unternehmens oder Dritter verletzt bzw. – vielleicht auch unbeabsichtigt – gar bußgeldbelegte oder strafbare Handlungen begeht.
Systematische Grundüberlegungen helfen bereits, um die genannten und andere Risiken zu vermeiden.
Zunächst sollten klare Grenzen zwischen betrieblicher und privater Nutzung gezogen werden. Ist die Nutzung betrieblich veranlasst, kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter vorschreiben, was er darf und was nicht. Im privaten Bereich kann er dies zwar nicht, muss aber umgekehrt auch nicht für Handlungen des Mitarbeiters haften, wenn die Abgrenzung zwischen privater und betrieblicher Nutzung klar in Erscheinung tritt.
Wenn der Arbeitgeber Fehlverhalten mit Abmahnung und verhaltensbedingter Kündigung sanktionieren will, kommt er um verpflichtende Regelungen jedoch nicht herum. Der Mitarbeiter kann nur abgemahnt werden, wenn er gegen verpflichtende Weisungen des Arbeitgebers verstößt. Dazu muss es die klare Weisung aber erst einmal geben.
Manche Inhalte lassen sich zwingend nicht regeln, insbesondere solche, die zu sehr die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers betreffen. Der Arbeitgeber kann aber gleichwohl ein Interesse daran haben, auch in die Privatsphäre des Arbeitnehmers reichende Handlungsempfehlungen auszusprechen.
Handlungsempfehlungen sind auch dort angebracht, wo nicht restriktiv Verbote erteilt sondern Mitarbeiter dazu motiviert werden sollen, ihre Social Media Aktivitäten mit positiver Wirkung für das Unternehmen zu intensivieren. Weitergedacht kann die Handlungsempfehlung auch ein Zielvereinbarungsbaustein für eine Zielvereinbarung für eine Prämie oder einen Bonus sein (Beispiel: Mitarbeiterwerbung). Ein weiterer Vorteil reiner Handlungsempfehlungen aus Arbeitgebersicht ist, dass sie nicht mitbestimmungspflichtig sind, das heißt, dass der Betriebsrat hier keine Mitbestimmungsrechte hat.
In vielen Fällen wird ein Mix aus verpflichtenden Regelungen und reinen Handlungsempfehlungen der richtige Weg sein. Verpflichtende Regelungen sind vor allem dort zu empfehlen, wo der Arbeitgeber allein aus Sicht einer ordnungsgemäßen Compliance sein Weisungsrecht ausüben und seinen Mitarbeitern klare Vorgaben machen muss. Auch an Stellen, wo der Arbeitgeber im Falle des Verstoßes von arbeitsrechtlichen Sanktionen wie Abmahnung und verhaltensbedingter Kündigung Gebrauch machen will, kommt er um transparente, verpflichtende Regelungen nicht herum.
Mitarbeiterschulungen im Umgang mit Social Media helfen, das Personal in etwa auf ein Level im Umgang mit dem Arbeitsmittel Social Media zu bringen. Jeder Mitarbeiter sollte lernen, mit dem Arbeitsmittel umzugehen, das im für die Verrichtung seiner Tätigkeit zur Verfügung steht. Dies gilt für jede Maschine, für EDV im Allgemeinen, für die Nutzung des Internets und Social Media eben auch. Jeder Arbeitgeber, der dies anders sieht, nimmt sehenden Auges eine Betriebsgefahr in Kauf. Dies gilt erst recht, wenn er für sich selber ehrlicherweise sagen muss, dass er dem “Social Media Hype” aus dem Weg geht, da er Angst hat, etwas falsch zu machen. Dem Mitarbeiter selbst dagegen, kann ein “nur fahrlässig” begangener Fauxpas im Netz mit Blick auf eine erleichterte Arbeitnehmerhaftung doch relativ egal sein. Muss er aber wissen, was er tut, weil der Arbeitgeber ihn umfassend aufklärt und klare Regeln vorgibt, wird der Arbeitnehmer es schwerer haben, sich auf bloße Fahrlässigkeit zu berufen.
Regelungen in Form von Social Media Guidelines, sind unabhängig davon, ob das Unternehmen Social Media Plattformen betrieblich nutzen will oder nicht oder jedenfalls die Nutzung zulässt, wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Compliance. Sie helfen alleine um zu dokumentieren, dass der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hat und sich ein organisatorisches Verschulden nicht vorwerfen lassen muss, falls Mitarbeiter dennoch Schaden anrichten. Nur auf diese Weise kann es dem Arbeitgeber gelingen, sich von einem Organisationsverschulden für die Haftung gegenüber Dritten oder wegen Verstöße gegen Öffentliches Recht loszusagen.
Mit Blick auf den Einsatz von Mobile Device Geräten ist es auch wichtig, auch die unternehmensexterne Kommunikation in die Regelungen mit einzubeziehen. Abgesehen von Haftung und Compliance wird Fehlverhalten mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnung und verhaltensbedingter Kündigung auch erst sanktionierbar, wenn dem Mitarbeiter überhaupt klar sein kann, was im Umgang mit Social Media überhaupt inakzeptables Fehlverhalten ist und was nicht.
Dies müssen auch keine umfassenden Regelwerke sein. Bereits kurze und auf die Altverträge abgestimmte Guidelines in Abstimmung mit der technischen Umsetzung und Mitarbeiterschulung helfen, grundlegend Rechtssicherheit zu schaffen. Hingegen sollten Arbeitgeber sich nicht darauf verlassen, dass die in bestehenden (Alt-) Arbeitsverträgen enthaltenen kurzen Erklärungen zur Verschwiegenheit dazu, die Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen oder auf die Einhaltung des Datenschutzes hingewiesen worden zu sein, ausreichen.
Ob Regelungen in Form von Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag, eine Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, Social Media Guidelines oder Vereinbarungen und anderen Regelwerken geschieht, hängt von der Unternehmensgröße, von der Möglichkeit zur kostenverträglichen Integration in bestehende Vertragssysteme und Regelwerke und schlussendlich auch von der Unternehmensphilosophie ab.
Zwischen den beiden geschilderten Extremen “alles sperren” oder “alles erlaubten” besteht ein großer Spielraum. In welchem Verhältnis zwingender Verpflichtung, Handlungsempfehlung und Nichts Regeln zueinander stehen, lässt sich bei genauer Betrachtung des Unternehmens, der Unternehmenskultur, der Mitarbeiterstruktur und des Produkts ermitteln.
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Guten Tag Frau Daxinger,
je es ist wichtig die juristischen Seiten zu betrachten und dies wäre schon ein grosser Fortschritt in den meisten Unternehmen.
Mit Verlaub, an erster Stelle braucht es doch überhaupt erst einmal unternehmerische Ziele und einer daraus abgeleiteten Strategie, damit ein Arbeitgeber auch juristische Grenzen abstecken kann, die zum Unternehmenszielen passen.
Meine Praxis insbesondere in Business-Netzwerken wie XING und LinkedIn zeigt doch zu genau, dass in den überwiegenden Fällen keine unternehmerische Strategie vorhanden ist. Jedenfalls lässt sich nur so erklären, dass die Unternehmesprofile Mitarbeiterinformationen aggregieren und sichtbar machen, dass Arbeitgeber keinen blassen Schimmer von dem haben, was Ihre bestehenden MitarbeiterInnen in diesen Netzwerken treiben und wie diese das Unternehmen repräsentieren.
Zugegeben, hier ist die Schnittstelle der Privatsphäre von ArbeitnehmerInnen, die nicht beruflich veranlasst in Social Media sind und dem Unternehmen an sich, sodass dies mit sehr sehr viel Fingerspitzengefühl zu handhaben ist.
MitarbeiterInnen, die nicht in die Unternehmensstrategie eingebunden sind, können auch nicht entsprechend auftreten. Aus diesem Grunde ist mein Plädoyer das für eine Aufklärung auf Arbeitgeberebene über die Möglichkeiten, aber auch Risiken der strategielosen Nutzung sozialer Netzwerke durch MitarbeiterInnen des Unternehmens.
In Schulungen mach ich immer einen Test und frage meine Auftraggeber:
"Nennen Sie mir mal 1-2 Ihrer Kunden und ich zeige Ihnen, welche MitarbeiterInnen im laufe der nächsten 6-12 Monate nicht mehr im Unternehmen sein werden". Die Transparenz der B2B Netzwerke durch die Suche fördert immer die zu Tage, von denen meine Kunden bestätigen, dass die Fundstücke innerlich gekündigt haben.
Eine Riesenchance für die Personalentwicklung, wenn man das Thema positiv und chancenorientiert angeht. Kommt man mit der juristischen (wie gesagt auch berechtigt) Seite, ist die Garantie für verschlossene Mitarbeiter, die so niemals zu so wichtigen Unternehmensbotschaftern werden.
My2Cts
Ihr Michael Rajiv Shah
Buchautor, Trainer, CommunityManager
Ich stimme zu - die Unternehmen müssen sich Social Media stellen und dies auf eine offene Weise. Es mag für viele Firmen unangenehm sein, aber erfolgreicher Umgang mit Social Media erfordert eine Öffnung, die nach bisherigen Maßstäben eher ungewohnt ist. Diese Öffnung braucht es aber aus zwei Gründen:
1. Social Media ist erfolgreicher, wenn die Kommunikation zu den Kunden authentisch und offen ist. Marketingblabla ist hier nicht gefragt.
2. Es kommt eine Generation von Mitarbeitern in die Unternehmen, die Job und Privatleben anders trennt. Ein Radikalverbot der Nutzung von Social Media wird auf Dauer nicht funktionieren. Es droht die Gefahr, dass die besten Köpfe zu liberaleren Unternehmen abwandern.