Für die kommenden Wochen hat Joaquín Almunia, EU-Wettbewerbskommissar, eine Entscheidung angekündigt, ob ein Kompromiss mit Google möglich ist oder die Union ein offizielles Kartellverfahren anstrebt. Das Angebot an die EU hat Google vergangene Woche überarbeitet. Bis zu fünf Milliarden Euro Strafe drohen in einem offiziellem Verfahren. Da sich ein Verfahren in solchen Fällen über Jahre hinziehen kann, ist die EU-Kommission stets um eine Einigung bemüht. Denn oft kommt eine Entscheidung zu spät für Wettbewerber des beklagten Unternehmens.
Almunia ist Vizepräsident der europäischen Kommission und darin für den Wettbewerb zuständig. Für das weitere Vorgehen sieht er zwei Möglichkeiten. Googles Vorschläge könnten durch Anwendung von Artikel 9 der EU-Antikartellregeln rechtlich bindend werden oder es wird eine Untersuchung nach Artikel 7 eingeleitet. Weitere Untersuchungen würden Google aber eine Stellungnahme mit Einwendungen einräumen. Darüber hinaus kann Google eine Anhörung beantragen.
Die ersten Vorschläge von Google hatte die EU Ende April veröffentlicht und Konkurrenten gebeten, Rückmeldungen abzugeben. EU-Kommissar Joaquín Almunia sagte Mitte Juli, dass er weitere Zugeständnisse erwarte. Die bisherigen Vorschläge “sind nicht ausreichend, um unsere Bedenken zu zerstreuen”.
Die im April gemachten Vorschläge von Google sehen vor, dass Nutzer Googles eigene Dienste, wie Reisen oder Shopping, von den Suchergebnissen ausschließen können. In der Nähe von Google-Einträgen würden mindestens drei Konkurrenzfirmen angeführt. Verlage sollen Artikel als für Google News geeignet oder nicht einstufen können. Google will in Zukunft andere Suchdienste nicht indizieren. Für Werbetreibende, deren Google-Anzeigen und Angebote andere Anzeigennetzwerke umfassen, soll es Erleichterungen geben. Alle diese Maßnahmen verspricht das Unternehmen auf fünf Jahre in allen EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen einzuhalten, um so dem seit Jahren drohenden Kartellverfahren zu entgehen.
Die EU nannte die Vorschläge “nicht ausreichend”, obwohl Google davon ausging “ziemlich gute Arbeit” geleistet zu haben. Der britische Preisvergleichsdienst Foundem, ein vertikaler Google-Konkurrent, bezeichnete die Schritte als “ungeeignet” und forderte die EU-Kommission auf, diese abzulehnen.
Fast 90 Prozent des Suchmarktes wird von Google kontrolliert. Wie sich dies speziell auf Mitbewerber in Nischenmärkten, wie Preisvergleiche oder Reisedienste, auswirkt und welche Maßnahmen gegensteuern können, versucht die EU seit drei Jahren herauszufinden. Sollte die Kommission nicht zufrieden sein mit den Verpflichtungszusagen von Google, kann die Kommission eine Entscheidung nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung 1/2003 erlassen und die Zusagen damit für Google für rechtlich bindend erklären.
Ein Verstoß gegen EU-Kartellvorschriften wird mit einer Entscheidung nach Artikel 9 nicht festgestellt. Damit wird Google rechtlich dazu verpflichtet, den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Sollte das Unternehmen die Verpflichtungen nicht erfüllen, kann die Kommission eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen.
Weitere Informationen:
Verpflichtungszusagen von Google
Um diese Bedenken auszuräumen, hat Google für einen Zeitraum von fünf Jahren zugesagt:
i) – die Links zu seinen eigenen spezialisierten Suchdiensten zu kennzeichnen, damit die Nutzer sie von natürlichen Online-Suchergebnissen unterscheiden können;
– diese Links durch bestimmte grafische Elemente (z. B. mit einem Rahmen) deutlich von den anderen Online-Suchergebnissen abzusetzen;
– Links zu drei konkurrierenden spezialisierten Suchdiensten an einer für den Nutzer gut sichtbaren Stelle in der Nähe der Links zu den Google-eigenen Diensten zu platzieren;
ii) – allen Betreibern von Webseiten eine Opt-out Möglichkeit anzubieten, über die diese die Verwendung ihrer Inhalte in den spezialisierten Suchdiensten von Google ausschließen können, wobei Google sicherstellen wird, dass sich dieses Opt-out nicht nachteilig auf das Ranking der betroffenen Webseiten in den allgemeinen Google-Suchergebnissen auswirken wird;
– allen spezialisierten Suchdiensten, die sich auf die Produktsuche oder lokale Suche konzentrieren, die Möglichkeit zu bieten, bestimmte Kategorien von Informationen zu kennzeichnen, so dass sie nicht von Google indexiert oder verwendet werden;
– Zeitungsverlegern einen Mechanismus zur Verfügung zu stellen, mit dem sie Webseite für Webseite die Anzeige ihrer Inhalte in Google News kontrollieren können;
iii) – in seinen Vereinbarungen mit Verlegern diesen keine schriftlichen oder mündlichen Verpflichtungen mehr aufzuerlegen, die diese dazu zwingen würden, ihren Bedarf an Suchmaschinenwerbung ausschließlich über Google zu decken;
iv) – Werbetreibenden keine Verpflichtungen mehr aufzuerlegen, die diese vom plattformübergreifenden Management von Suchmaschinen-Werbekampagnen abhalten würden.
Quelle: EU-Kommission
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]
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