Bruce Schneier: Überwachung ist Geschäftsmodell des Internet

Sicherheitsexperte Bruce Schneier: “Menschen bemerken Privacy erst, wenn sie nicht mehr da ist.” Quelle: Ann De Wulf

“Ihr müsst uns eure Daten geben, damit wir die Sicherheit gewährleisten können”, so argumentiere die NSA derzeit die umfassende Überwachung, erklärt Bruce Schneier auf der Usenix-Tagung LISA (Large Installation System Administration Conference).

Der NSA-Kritiker Schneier hingegen stoppt seine Kritik nicht bei den geheimdienstlichen Überwachungen auch die private Wirtschaft trage dazu einen wesentlichen Teil bei. “Die NSA hat das Internet in eine gigantische Überwachungsplattform verwandelt”, wirft Schneier in einer Podiumsdiskussion ein.

Überwachung und die Sammlung riesiger Datenmengen sei zu billig zu haben, wie die Enthüllungen von Edward Snowden zeigten. Daher sollte man versuchen, die NSA und ähnliche Organisationen zu zwingen, diese verdachtslose und umfassende Sammlung zugunsten einer gezielten Überwachung aufzugeben.

Schneier gibt auch zu bedenken, dass die Sammlung von Daten schließlich eines der wichtigsten Geschäftsmodelle des Internet sei. Scheier selbst nutze den Google Dienst Waze. Er tausche also seine Daten gegen den potentiellen Mehrwert, über einen Stau informiert zu werden.

Und so seien es vor allem Unternehmen wie Facebook oder Google und nicht in erster Linie die Geheimdienste, die von der massenweisen Sammlung von Daten profitierten. Und hier sieht Schneier auch das Dilemma, das es zu lösen gilt: “Wie können wir Systeme entwickeln, die der Gesellschaft als Ganzes nutzen und dabei aber auch die Interessen von Individuen schützen?”

Nachdem es inzwischen sehr günstig geworden ist, Nutzerdaten nicht nur zu erheben, sondern auch zu speichern, sei es natürlich auch sehr einfache für Organisationen wie der NSA, auf solche Informationen zuzugreifen.

Schneier sieht einen Weg, dieses Problem zu lösen, bei höheren Kosten. Und in einer gewissen Weise hätten die bereits im Nachgang an die Snowden-Enthüllungen eingesetzt. So würden immer mehr ausländische Unternehmen um die Services von US-Unternehmen einen Bogen machen. Dadurch entstünden diesen Unternehmen Kosten und Verluste.

Und so sei etwa Google inzwischen eines der wichtigsten Lobbying-Unternehmen in Washington geworden. Google versuche seiner Ansicht nach Congress-Abgeordnete davon zu überzeugen, die NSA wieder stärker zu kontrollieren. Es sei jetzt für diese Unternehmen teuer geworden, mit der NSA zusammenzuarbeiten. Zunächst aber sei diese Form der Kooperation für die Unternehmen kostenlos gewesen.

Wie er in einem Interview mit der Wochenzeitung “Die Zeit” erklärt, hat er zudem eine ziemlich pessimistische Ansicht darüber, wie man sich anderweitig wirkungsvoll gegen diese Überwachung zur Wehr setzen kann.

Selbst chinesische Hacker oder Internet-Aktivisten von Anonymous könnten sich auf Dauer nicht gegen die staatliche Übermacht behaupten. Das nutzen von Tor oder anderen Anonymisierungs sei nicht wirklungslos, jedoch nur eine “kleine Lösung für ein großes Problem”, so Schneier. Denn die Überwachung sei so umfassend, dass der Effekt nicht sonderlich groß sei, wenn eines dieser Bausteine umgangen werde.

Auf dem Forum jedoch erklärt er dennoch, dass es umso besser ist, je mehr Menschen Anonymisierungsdienste wie Tor nutzen. Allerdings habe die NSA viele talentierte Mathematiker, und sei daher dem Stand der Wissenschaft vermutlich um Jahre voraus, wenn es darum geht, Schwachstellen bei Verschlüsselungstechnologien zu entdecken. Eine weitere Schwachstelle seien die Endgeräte, die auch bei verschlüsselten Übertragungen sehr leicht zu knacken seien.

Dennoch sei es schwierig, die Menschen davon zu überzeugen, dass die aktuell kritisierte Form der Überwachung ein Problem darstellt, auch wenn man von sich glaubt, nichts zu verbergen zu haben. Bereits vor einigen Jahren erklärte er in einem Interview: “Menschen bemerken die Privatsphäre erst dann, wenn sie sie nicht mehr haben.” Auf dem Podium fragte Schneier ins Podium nach der Höhe des Gehaltes der Teilnehmer und erinnerte die Besucher der Diskussionsrunde daran, dass Google vermutlich die sexuellen Fantasien jedes Menschen in diesem Raum kenne. Sein Urteil: “Das ist ziemlich gruselig.”

Redaktion

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