Desktops: Die nächste Welle im Cloud Computing

“Die Bereitstellung ganzer Arbeitsplätze als Cloud Service ist kein Zukunftsthema mehr, und im Jahr 2015 dürfte bereits jedes achte Unternehmen Desktops aus der Cloud beziehen”, behauptet Dr. Andreas Stiehler Principal Analyst Connected Enterprise bei Pierre Audoin Consultants (PAC) und einer der Autoren der Studie “Future Workplace in Deutschland 2013 Strategien, Ziele, Handlungsbedarf“.

Desktop as a Service (DaaS), das Cloud-Modell für den Bezug von virtuellen Desktops mit nutzungsbezogener Abrechnung, soll einige der Nachteile des Konzepts der im Unternehmen selbst verwalteten virtuellen Desktops ausgleichen. Bei vielen Anwendern setzte sich der Ansatz unter anderem deswegen nicht durch, weil das Management der benötigten Virtual Desktop Infrastructure (VDI) zu komplex ist, weil Rechenzentrumskapazitäten die Skalierbarkeit der Architektur eingrenzen, aber auch die Performance einschränken können, so eine IDC-Studie. Nicht zuletzt ist die Einführung einer VDI auch mit hohen Anschaffungskosten für Server und möglicherweise für Speicher- und Netzwerkinfrastruktur verbunden.

Nun werden zwar in Verbindung mit dem Bezug von virtuellen Desktops aus der Cloud die üblichen Vorteile der zentralen Verwaltung, Kosteneinsparungen bei Hardware und Ressourcen in die Wagschale geworfen, doch so einfach ist es nicht. Gerade beim Preis nämlich gilt es für Cloud Service Provider, eine Kostenbalance zu finden zwischen den Erwartungen der Kunden und ihrer eigenen Kalkulation. Zum einen sind die Lizenzen für Windows-Desktops teuer, weil Microsoft keine passenden Lizenzverträge für das Client-Betriebssystem im Rechenzentrum anbietet – eine bislang hohe Hürde für die Akzeptanz von DaaS.

Zum anderen stellen Anwender hohe Ansprüche an die aus der Cloud bezogenen Desktops, wie etwa adäquate persönliche Speichermöglichkeiten bei guter I/O-Performance, die für ihre Anwendungen optimiert ist, schnelles Hochfahren, Sicherheit für die Daten und vieles mehr. Um diesen Forderungen nachzukommen, müssen die Service Provider ihre Infrastruktur auf die Desktop-Leistung optimieren und gleichzeitig über den gesamten Lebenszyklus jedes einzelnen Kunden hinweg automatisieren. Die Architektur der Infrastrukturlösungen für virtuelle Desktops von VMware und Citrix, den beiden Hauptkonkurrenten bei VDI-Lösungen, bot Service Providern bislang wenig Unterstützung für diese Probleme.

Mit der Übernahme von Dekstone nun stärkt VMware seine Position gegenüber der Konkurrenz durch Citrix und Microsoft Azure und könnte laut Forrester auch für neuen Schwung im DaaS-Segment sorgen. Desktone ist einer der gefragtesten Anbieter in diesem Bereich, denn dessen VDI-Lösung ist auf die Cloud-Dienstleister zugeschnitten.

Die Software des Herstellers punktet mit zwei wesentlichen Aspekten: Mandantenfähigkeit und einer Grid-Architektur. Desktone ermöglicht im Gegensatz zu den herkömmlichen Konzepten wie VMware Horizon View und Citrix Xendesktop die logische Trennung der Ressourcen für jeden Mandanten. Musste bislang ein Provider pro Kunde eigene Compute-Ressourcen, ein Netzwerk und Storage-Systeme aufbauen, so kapselt die Desktone-Software diese Ressourcen und ermöglicht damit Synergien bei den Kapazitäten. Jeder Tenant erhält eine eigene Grid-Appliance, also eine vorkonfigurierte VDI-Box mit den nötigen Computing- und Speicherressourcen sowie VDI-Software, und alle Appliances werden in ein übergeordnetes Management zusammengeführt. Der Vorteil dieses Ansatzes ist eine elastische Skalierbarkeit und höhere Ausfallsicherheit, so Christian Gehring, Leiter End User Computing bei VMware.

Desktone stellt eine komplette VDI-Lösung zur Verfügung, die direkt auf der vSphere-Plattform aufsetzen kann. Wird die Software jedoch mit Horizon View genutzt, so kommt das von VMware eingesetzte proprietäre Übertragungsprotokoll PCoverIP zum Tragen, das Unternehmensangaben zufolge gerade im WAN und in der Cloud sehr performant ist. Setzt die Lösung direkt auf den Hypervisor auf, nutzt sie das Übertragungsprotokoll RDP von Microsoft.

VMware plant eine engere Kopplung von Desktone mit der eigenen Horizon-Suite, sodass die Software von einer Oberfläche aus neben View auch das zweite Modul Mirage nutzen kann. Dann soll es möglich sein, aus der Cloud ein einziges Image für physische und virtuelle PCs zu erstellen und zu verwalten. Gehring nennt dieses Ziel “Mirage as a Service”.

Schematische Darstellung von Desktone, VMwares neue DaaS-Tochter. Quelle: Desktone/VMware

Über ein Self Service Portal schließlich soll der Kunde selbst die Images seiner Desktops zusammenstellen. Die Provisionierung im Self Service Portal hat einen Einfluss auf die Abrechnung beziehungsweise den Preis, den der Benutzer für seinen Desktop aus der Cloud bezahlen muss. Desktone selbst benötigt keinerlei Microsoft Lizenzen, so der VMware-Mann. Es bedarf nur der Lizenzen für die Windows-Desktops.

Das Problem der Windows-Lizenzierung für Service Provider versucht der Virtualisierungs-Primus ebenfalls anzugehen und hat Horizon View um eine Desktop-as-a-Service-Option erweitert, sprich, die Software unterstützt ein Windows-Server-Betriebssystem wie etwa Windows Server 2008 für den Desktop. Service Provider können somit bei der Lizenzierung das SPLA (Service Provider License Agreement) für Server nutzen und kostengünstigere Desktops anbieten.

Auch Citrix, für viele Anwenderunternehmen der Anbieter der Wahl, wenn es um die Desktop-Virtualisierung geht, hat die Defizite von Xendesktop in der Cloud erkannt und arbeitet an einer eigenen DaaS-Infrastruktur. Diese wird auf Xendesktop und CloudStack in Form des “Project Avalon” beruhen, ebenfalls Mandantenfähigkeit mitbringen und die Möglichkeit, über Multi-Site-Clouds virtualisierte Apps oder PC-Images aus einer einzelnen logischen Wolke zu verwalten. Genaue Daten zur Verfügbarkeit der Lösung gibt es aber derzeit nicht.

Und schließlich will auch Microsoft mit der Cloud-Plattform Azure ein Stück des DaaS-Kuchens haben. Die Redmonder arbeiten an einer gehosteten Desktop-Version, Codename “Mohoro“. Der Unterschied zu den anderen DaaS-Softwareanbietern besteht jedoch darin, dass Microsoft in erster Linie selbst als Service Provider auftritt, der Anwender also an die Microsoft-Cloud und auch deren Preisgefüge gebunden ist.

Redaktion

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