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Industrie 4.0 in der Automobilindustrie: Aktuell noch geringe Bedeutung?

In der aktuellen PAC-Studie “IT-Investitionsschwerpunkte in der deutschen Automobilindustrie” wurden die Teilnehmer der Studie unter anderem gefragt, inwiefern die Weiterentwicklung ihrer Produktion in Richtung “Industrie 4.0″ für ihr Unternehmen eine zentrale Rolle spielt. Die Befragung ergab, dass für ca. 40 % der Befragten das Thema “Industrie 4.0” aktuell eine zentrale oder teilweise zentrale Rolle spielt, was zeigt, dass das Thema an sich in der Automobilindustrie grundsätzlich von Bedeutung ist. Jedoch sieht man anhand der Ergebnisse auch, dass fast ein Drittel der Befragten angab, dass das Thema “Industrie 4.0” aktuell absolut keine Rolle spielt in ihrem Unternehmen.

Woran liegt das?

Dieses Ergebnis muss dadurch relativiert werden, dass auch einige Automobilhändler an der Befragung teilgenommen haben, für die alle produktionsrelevanten Themen naturgemäß von nachrangiger Bedeutung sind. Des Weiteren stammt ein Großteil der Befragten aus der Automobilzuliefererindustrie. Hier ist die IT-Durchdringung in der Produktion – je kleiner das Zuliefererunternehmen ist – wesentlich geringer ausgeprägt, als beispielsweise bei den OEMs. Dies führt dazu, dass auch das Thema “Industrie 4.0” bei den Zulieferern aktuell eine geringere Rolle spielt als bei den OEMs.

Sehr interessant finde ich auch das Ergebnis, dass rund 20 % der Befragten unter den Automobilherstellern und -zulieferern angab, keine Angaben darüber machen zu können, ob das Thema “Industrie 4.0” eine zentrale Rolle für ihr Unternehmen spielt oder nicht. PAC sieht den Grund hierfür darin, dass dieses Thema aktuell zwar in den einschlägigen Fachmedien medial sehr präsent ist, aber der Begriff noch nicht mit einer eindeutigen Definition besetzt ist, so dass sich noch nicht alle Befragten konkret etwas unter “Industrie 4.0” vorstellen konnten.

Zum allgemeinen Verständnis: PAC versteht unter “Industrie 4.0” die Weiterentwicklung der industriellen Produktion in Richtung selbststeuernde Produktionsprozesse auf Basis von cyber-physischen Produktionssystemen und der Nutzung von modernen IT-Technologien.

Folgende Komponenten sehe ich als Bestandteil von “Industrie 4.0”-Strategien:

  • Einsatz von intelligenten Softwaresystemen in den Produktionsanlagen und Sensoren an den herzustellenden Produkten (z. B. Automobilkomponenten)
  • Internetbasierte Machine-to-machine-Kommunikationstechnologien (M2M)
  • Automatische “Real-Time”-Erfassung und Analyse der Sensor/RFID-Trackingdaten aus der Produktion
  • Zentrale und einheitliche Speicherung der Produktionsdaten (z. B. in der “Cloud”).

Die Integration all dieser Komponenten zu einem ganzheitlichen “Industrie 4.0”-Konzept birgt erhebliches Potenzial, die Produktionsplanung und -steuerung zu optimieren und die Produktion effizienter, aber auch transparenter zu gestalten.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die aktuelle PAC-Studie “IT-Investitionsschwerpunkten in der deutschen Automobilindustrie” darüber hinaus ergab, dass die Erhöhung der Transparenz und Flexibilität auf Produktionsebene zu den Top 3 der anwendungsbezogenen IT-Themen der Automobilhersteller (OEMs) gehören. Und zu den IT-Lösungen, die dieses Thema abdecken, zählen unter andrem die klassischen Lösungen rund um die Betriebsdatenerfassung (BDE), Maschinendatenerfassung (MDE), aber auch die Personaleinsatzplanung und das Qualitätsmanagement, d. h. das gesamte MES-Lösungsspektrum.

Vor diesem Hintergrund betrachtet stellen für mich die so genannten Manufacturing Execution Systems (MES) sogar eine zentrale Komponente innerhalb von “Industrie 4.0”-Strategien dar, da diese eine Brücke zwischen den etablierten Planungs- und Steuerungslösungen einerseits (ERP, MES) und den Visionen von “Industrie 4.0” andererseits schlagen.

Aber wie groß ist nun aktuell die Bedeutung von “Industrie 4.0”-Konzepten in der deutschen Automobilindustrie?

Ich würde die aktuelle Bedeutung von “Industrie 4.0” für die Automobilindustrie wie folgt beschreiben: Der Begriff “Industrie 4.0” ist ein verhältnismäßig neuer Begriff, der aber aktuell in allen einschlägigen Fachmedien medial sehr präsent ist. Natürlich gibt es nicht erst seit kurzem zahlreiche Visionen von der menschenleeren Fabrik, in der ein mit Intelligenz ausgestatteter Maschinenpark selbständig Produkte und Komponenten herstellt. Grundsätzlich gilt aber, dass der Weg zur vollendeten “Industrie 4.0”, vor allem in den reifen Industrienationen mit ihren etablierten Fabrikstandorten noch ein längerer sein wird.

Bis dahin werden – wie bisher auch – weitere Effizienzsteigerungen in der Produktion durchgeführt werden, dort wo dies notwendig und finanziell möglich ist. Dazu zählen etwa die Einführung von MES-Lösungen zur horizontalen Integration des Maschinenparks genauso wie die Einführung von Virtualisierungs- und Simulationslösungen in der Produktion sowie die Nutzung von RFID-Technologien für eine optimierte Fertigungs- und Logistiksteuerung.

Fazit: Unter dem Begriff “Industrie 4.0” konnten sich zwar noch nicht alle Befragten der Studie konkret etwas vorstellen. Aber das Thema an sich ist natürlich von zentraler Bedeutung für die deutsche Automobilindustrie. Und es ist aufgrund der großen aktuellen Medienrelevanz davon auszugehen, dass Investitionen in effizienzsteigernde Maßnahmen auf Produktionsebene künftig auch immer mehr unter dem Label “Industrie 4.0” getätigt werden.

Redaktion

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