Erste große Abmahnwelle gegen Streaming-Nutzer

Derzeit versendet die Regensburger Kanzlei U+C im Auftrag der Schweizer “The Archive AG” offenbar im großen Stil Abmahnungen. 250 Euro sollen die Angeschriebenen wegen Urheberrechtsverletzungen bei Nutzung der Streaming-Angebote auf dem Porno-Portal Red Tube bezahlen. Der auf IT-Recht spezialisierte Kölner Anwalt Christian Solmecke schätzt, dass “vermutlich mehr als 10.000 Menschen” von dieser Abmahnwelle betroffen sind.

Solmecke meldet, alleine am Wochenende 500 Anfragen von Abgemahnten bekommen zu haben. Auf einer Informationsseite der Kanzlei klärt Solmecke die Nutzer auf. In den Augen Solmeckes ist dies die erste Abmahnwelle wegen Nutzung von Streaming-Angeboten in Deutschland. Alleine am Freitag und Samstag soll laut dem Rechtsanwalt die Seite 22.000-mal abgerufen worden sein.

Solmecke geht daher von mehr als 10.000 Menschen aus, die von der Porno-Abmahnwelle betroffen sind. “Dieses Aufkommen ist extrem ungewöhnlich. Seit mehr als sieben Jahren betreue ich tausende Abgemahnte in Filesharing-Verfahren. Eine so konzentrierte Abmahnaktion habe ich noch nicht erlebt“, so Solmecke in einer Pressemitteilung.

Die betroffenen Nutzer sollen 250 Euro zahlen und eine Unterlassungserklärung abgeben. Ein Großteil der Betroffenen habe allerdings drei bis vier Abmahnungen bekommen. Darin werden ihnen Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen. Die sollen durch das Betrachten pornografischer Filme auf dem Portal Redtube begangenen worden sein.

Unklar ist bislang, wie die Rechteinhaber an die IP-Adressen der Abgemahnten gekommen sind. Das gibt zum Beispiel auch Florian Skupin bei eRecht24.de zu denken. Ihm zufolge ist dies – anders als bei Tauschbörsen – nämlich lediglich möglich, sofern der Betreiber der Streaming-Plattform dem Rechteinhaber Einsicht in die Log-Files vom Streaming-Server gibt.

Laut Informationen der Tageszeitung “Die Welt” soll die Kanzlei die Adressen der Betroffenen beim Kölner Landgericht beantragt haben. Dieses soll einem Auskunftsersuchen nach Paragraf 101 des Urheberrechtsgesetz nachgekommen sein. Wie die Welt berichtet, könnte sich die Kanzlei damit in eine rechtliche Grauzone begeben haben. Gegenüber der Welt erklärt Solmecke: “Ich zweifele daran, dass die Kölner Richter diesem Auskunftsersuchen überhaupt hätten stattgeben dürfen.”

Neu ist allen berichtenden Anwälten zufolge nicht nur das Ausmaß der Abmahnwelle, sondern auch, dass Streaming-Nutzer abgemahnt werden. Bislang habe es nur Filesharer getroffen, die urheberrechtlich geschützte Werke nicht nur konsumierten, sondern auch weiterverbreiteten.

“Rechtlich ist noch unklar, ob im Wege des Streamings überhaupt eine Urheberrechtsverletzung begangen werden kann”, so Solmecke. “Da die Filme nicht offensichtlich rechtswidrig auf Redtube verbreitet worden sind, gehe ich davon aus, dass hier eine legale Privatkopie auf Seiten der Nutzer gegeben ist.”

Das sieht auch Rechtsanwalt Tobias Röttger so. Er schreibt: “Das Thema Streaming ist rechtlich äußerst umstritten. Bisher existiert keine nennenswerte gerichtliche Entscheidung zu dem Thema, so dass weiterhin die Frage ungeklärt ist, ob es sich hierbei überhaupt um eine Urheberrechtsverletzung handelt.”

Röttger hat in seinem Blog auch die abmahnende Kanzlei U+C unter die Lupe genommen. Sie ist Experten nämlich nicht unbekannt. U+C habe in der Vergangenheit insbesondere durch die Ankündigung eines “Pornoprangers” auf sich aufmerksam gemacht. Dort wollte man Namen von Abgemahnten veröffentlichen, die angeblich per Filesharing einen Porno verbreitet haben und keine Zahlung an U+C leisteten. Auch sei von der Kanzlei bereits “eine Vielzahl von Online-Shop-Besitzern wegen angeblich wettbewerbswidriger AGB abgemahnt” worden.

Auch Karsten Gulden von der Mainzer Kanzlei GGR Rechtsanwälte berichtet bei Youtube über die aktuellen Streaming-Abmahnungen.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

Redaktion

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