CIO-Jury: Das Jahr 2013 und die guten Vorsätze
“Was waren in diesem Jahr die IT-Highlights und was sind die Vorhaben für das Jahr 2014?”, das war die Frage, die wir zum Ende dieses turbulenten Jahres an die silicon.de-CIO-Jury gerichtet haben. Das vermutlich wichtigste Highlight 2013 wird eher als Tiefpunkt empfunden. Doch das ist noch lange kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen, glauben unsere CIOs.
“Nichts war im Jahre 2013 so, wie im Jahr 2012”, so sieht es Heinz Paul Bonn Vorstandsvorsitzender der GUS-Gruppe. Und das Jahr hat tatsächlich einige erstaunliche Wendungen genommen, wenn auch nicht unbedingt immer nur zum Besten. Doch daran kann man arbeiten, wie neben Heinz Paul Bonn etwa auch Ralph Treitz, CEO von Trufa, findet.
Außer Frage steht, dass man “kaum umhin kommt, das Thema rund um NSA und Snowden, also das der Überwachung und Ausschnüffelung als das Hauptthema des Jahres 2013 anzusehen”, erklärt Ralph Treitz. Und auch Heinz Paul Bonn sieht das so.
“Unser Vertrauen in die Privatsphäre, die wir im Internet zu haben wähnten, ist tief zerstört. Ausspähaktivitäten von Mobil-Phones, Mail-Accounts und Social Media beschäftigen uns seit einem halben Jahr”, so Bonn. “Und mehr noch beschäftigen uns die Anpassungen, die wir vornehmen müssen- in unserem Kommunikationsverhalten, in dem, was wir wem auf welchem Weg anvertrauen. Und dies zu klären, dies anzugehen, habe ich mir fürs neue Jahr vorgenommen.”
Bonn zitiert in diesem Zusammenhang auch Edgar Allen Poe: “All that we see or sem, Is but a dream within a dream.” Wir finden, dass an dieser Stelle auch ein anderer Horror-Klassiker passen würde: “Die größte Gnade auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen.”
Ralph Treitz sieht in den Enthüllungen Edward Snowdens “das singuläre gravierende IT Thema des Jahres, hinsichtlich der politischen Bedeutung und der Auswirkung auf unser aller Leben. Der Platz für die CIO-Jury reicht aber sicher nicht aus, auch nur annähernd zu umreißen, was sich daraus alles an Handlungsbedarf und Konsequenzen für 2014 ableiten lässt.” Dennoch glaubt Treitz, dass dieses Thema – so wichtig und beherrschend es auch sein mag – viele andere positive Entwicklungen dieses Jahres überschattete.
Und zu diesen positiven Entwicklungen zählt in den Augen von Bernd Hilgenberg Vorstand Technik und Entwicklung bei der SHD AG, zweifelsfrei das Thema 3-D Printing: “Diese neue Technologie hat in 2013 aus meiner Sicht den Durchbruch geschafft. Der Preisverfall bei den einfachen Geräten gepaart mit der anhaltenden Weiterentwicklung dieser Technik zeigt, dass uns aus diesem Bereich noch vieles an Innovationen bevorsteht.”
Ein weiteres Hightlight für 2013 war für Hilgenberg Wearable Computing. Nachdem die ersten Schritte bereits 2012 durch Pebble erfolgten, hat Samsung mit Galaxy Gear ein weiteres Modell aufgelegt. Hilgenberg: “Auch wenn die Technologie noch weit von einen massentauglichen Reifegrad entfernt ist, wird hier der Weg der Zukunft aufgezeigt. Apple wird in 2014 – falls die Gerüchte stimmen – hier nachlegen. Sollten sich das bewahrheiten, wird dies sicher eines der Highlights in 2014 sein.”
Mit der deutschen Kindel-Antwort tolino sieht Hilgenberg darüber hinaus einen echten “Durchbruch” für mobiles Lesen. “Die nächsten Generationen von mobilen Lesegeräten werden uns dem Gefühl ein echtes Buch zu lesen, sicherlich noch näher bringen.”
Ebenfalls an der Schnittstelle zwischen Nutzung und Technik verortet Hilgenberg das Thema Flat Design: “Microsoft hat es vorgemacht und sogar Apple ist diesem Trend gefolgt. Der Weg, weg von verwirrenden Details hin zu einer einfacheren Bedienung ist in jedem Fall zu begrüßen. Sicherlich gibt es auch im Flat Design aktuell noch gut gemeinte Vereinfachungen, die Dinge komplizierter machen als sie vorher waren. Allerdings ist der Wunsch, Technik einfacher in der Bedingung zu machen ein Trend, der uns auch in den nächsten Jahren noch beschäftigen wird.”
Für 2014 geht Hilgenberg auch von einem Durchbruch bei in der Sprachsteuerung aus. “Apple und Google werden ihre Steuerungssystem weiter vervollkommnen.”
Weniger euphorisch sieht Hilgenberg hingegen Googles Pläne für Google Glass: “Für mich wird dieses Produkt nicht zu den Highlights in 2014 gehören. Schon jetzt sind die Bedenken, was das Thema Datenschutz angeht so groß, dass die Akzeptanz dieser Technologie an den Vorbehalten der Menschen (hoffentlich) scheitern wird.”
Dafür freue sich Hilgenberg umso mehr auf eine andere Innovation mit der wir 2014 vermutlich rechnen dürfen: “Es mehren sich die Anzeichen, dass es in 2014 die erstenwirklich massentauglichen flexiblen Displays geben wird. Diese neue Technologie wird ganz neue Anwendungen ermöglichen. Des Weiteren forschen die Glas-Hersteller -allen voran Corning – an blendfreien Displays. Es würde mich freuen, wenn wir in 2014 die ersten wirklich komplett spiegelfreien Displays kaufen könnten.”
Eher trocken aber er auch wichtig und folgenreich für die gesamte Branche ist die Tatsache, dass 2013 erstmals ein deutsches Gericht feststellt, dass SAP Klauseln in den AGB benutzt, “die unwirksam sind oder gegen geltendes Recht verstoßen”, wie Axel Susen, Geschäftsführer des gebraucht-Software-Händler Susen Software im Rahmen unserer Jury erklärt.
Axel Susen beeilt sich jedoch, zu betonen, dass “dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, und SAP auch in Berufung gegangen ist.” Allerdings, davon ist Susen überzeugt, würden die verwendeten Klauseln die Kunden und Anwender von SAP-Software benachteiligen.
Susen: “Das Thema “AGB Recht” beschäftigt seit Jahren die Unternehmen. Einige Wirtschaftsverbände planen die Rechte von “AGB gebenden Unternehmen” zu stärken. Andere Gruppierungen plädieren für eine Stärkung von “AGB nehmenden Unternehmen” durch zum Beispiel die gerichtliche AGB Kontrolle. In diesem Rahmen erwarten wir eine breitere Diskussion in 2014; was auch der Titel der “Kölner Tage” zeigt: AGB-Kontrolle bei IT Verträgen. Ich hoffe, dass sich viele Justiziare der Anwender dort informieren.” Mit Spannung erwartet Susen auch das Berufungsverfahren mit SAP, das voraussichtlich 2014 seinen Weg nehmen wird.
Interessant war auch das Jahr des Splunk-CIOs Doug Harr, der den ‘kometenhaften’ Aufstieg des Spezialisten für Maschinendaten aus technischer Sicht begleitet. Er fasst sein offensichtlich arbeitsreiches IT-Jahr folgendermaßen zusammen: ” 2013 waren wir überwiegend damit beschäftigt, eines unserer ambitioniertesten Business-Ziele zu realisieren: die Entwicklung und Vermarktung eines neuen Enterprise Cloud Service, mit dem wir Splunk noch näher an unseren Kunden positionieren wollen. Die IT hatte dabei die Aufgabe, den neuen Service bei Amazon zu implementieren. Parallel dazu nahmen wir Änderungen an unserem Sicherheitsprofil vor und bereiteten die SSAE-Zertifizierung unserer Produkte vor. Im Anschluss an die jährliche Risikoabschätzung und Sicherheitsplanung führten wir bei vielen unserer wichtigsten Cloud-Services einen zweiten Authentifizierungsfaktor mittels Okta ein. Gleichzeitig rüsteten wir auch intern auf, um Benutzerzugriffe protokollieren, fehlgeschlagene Zugriffsversuche erfassen und potenzielle Betrugsdelikte bereits im Vorfeld verhindern zu können.
Dass es für Splunk derzeit recht gut läuft, illustriert natürlich auch eine wichtige Entwicklung der vergangenen Monate. Denn immer mehr Daten werden ausgewertet und immer mehr Geräte und Sensoren sorgen für eine nicht mehr abreißende Datenflut. Und hier meldet sich auch Ralf Treitz von der VMS AG (und neuerdings auch mit einer neuen Verantwortung) zu Wort.
“Das vernetzte Leben ist für uns alle inzwischen so selbstverständlich und wichtig und wertvoll geworden, dass ‘der Weg zurück’ oder ‘der Ausstieg’ keine Option ist. Nur wenige sehen in der Abmeldung ihres Facebook-Accounts eine Lösung des Problems. Vielmehr ist vorwärts-Gestaltung gefragt. Wir können als ITler dazu beitragen, den Nutzen bereitzustellen und den Missbrauch zu verhindern.
Wobei der Konsens über das, was wir als wünschenswerte und was wir als missbräuchliche Nutzung der Datenströme sehen, über die nächsten Monate und Jahre entwickelt werden muss. Die Sachlage ist manchmal ambivalenter, als sie scheint. Aber die veröffentlichte Meinung ist ein guter Platz für die Meinungsbildung.
Darüber hinaus hat mich persönlich dieses gewaltige Thema #1 nicht in die Agonie getrieben. Im Gegenteil: gemeinsam mit meinen Kollegen Andreas Mielke, Günther Tolkmit und einem ganzen Team haben wir gerade die Trufa gegründet. Ein Unternehmen, dass sich der sinnvollen (in einer Analogie könnte man sagen) friedlichen Nutzung der Big Data Ströme im Finanzbereich von Unternehmen widmet: Bereitstellung von mehr Geld, mehr Working Capital, für mehr Wachstum unserer Unternehmen. Das wird auch unser Jahr 2014+ bestimmen.”
Neben der IT wird auch noch eine weitere Kraft das Jahr 2014 mitbestimmen. Und dazu hat Heinz Paul Bonn noch einiges zu sagen:
Unsere neue Groko:
Nach dem Ja der sozialdemokratischen Basis zum schwarzroten Koalitionsvertrag ging es richtig schnell – und alle Ämter wurden mit Köpfen ver-sehen. Ob es sich möglicherweise hier und da um ein Ver-sehen handelt, wollen wir frühestens nach 100 Tagen erstmalig beurteilen. Auch das habe ich mir für 2014 vorgenommen.
Aber es stimmt doch nachdenklich, dass sämtliche Ressorts, in deren Zuständigkeit Aufgaben mit der Vorsilbe „Ver“ vorgesehen sind, für Überraschungen gesorgt haben.Da ist zum Beispiel – um im IT-Bereich zu bleiben – das Ver-kehrsministerium, das unter dem Seehofer-Ver-trauten Alexander Dobrindt nunmehr auch die digitale Infrastruktur im Ressortzuschnitt ver-ordnet bekommen hat. Die Resonanz in der ver-netzten Welt war ver-halten. Zum einen scheint der Ver-bund von Ver-kehr und Ver-netzung falsche Signale zu ver-mitteln. Zum anderen hat der neue Amtsinhaber bislang nicht unbedingt auf sich ver-wiesen, wenn es um das Ver-ständnis für die Internetwirtschaft geht.
Schnell machte das ver-unglückte Wort von der Datenautobahn wieder die Runde. Und Witzchen wie die Sorge um eine Ausländermaut auf deutschen Internet-Trassen fanden aktuell wieder einmal schnelle Ver-breitung. Dabei wäre es natürlich bedenklich, wenn das Internet auf den Ausbau von Trassen reduziert bliebe. Aber der Ausbau der Infrastruktur mit Asphalt und Glasfaser ist für den Logistikstandort Deutschland alles andere als ver-zichtbar.
Daran mitzuwirken habe ich mir auch für 2014 vorgenommen.
Denn habe ich nicht selbst vor wenigen Bonnblogs einen Infrastrukturminister gefordert?
Bei Wünschen, heißt es, soll man vorsichtig sein. Sie könnten in Erfüllung gehen – nur anders als erhofft.Auf die Umsetzung dieses Wunsches zu achten habe ich mir auch für das nächste Jahr vorgenommen.