Lügendetektor für Soziale Netzwerke
Das EU-Forschungsprojekt Pheme der Modul University Vienna überprüft Social-Media-Beiträge auf ihren Wahrheitsgehalt. Dafür werden linguistische und graphische Methoden mit Technologien zur Big Data Analyse kombiniert. Die Ergebnisse sollen in medizinische Informationssystemen sowie den digitalen Journalismus zur Anwendung kommen.
In Zeiten von Social Media verbreiten sich Nachrichten in Windeseile. Allerdings achten viele Nutzer dabei nicht auf den Wahrheitsgehalt ihrer Beiträge und somit können sich auch Falschmeldungen schnell verselbstständigen. Das EU-Forschungsprojekt Pheme der Modul University Vienna soll zeitnah überprüfen können wie viel Wahrheit in einer geposteten Meldung steckt. An dem Projekt arbeiten Forscher aus England, Deutschland, der Schweiz, Bulgarien, Spanien und Kenia.
Die Informationshoheit geht laut Professor Arno Scharl, Leiter des Instituts für Neue Medientechnologie an der Modul University Vienna, den traditionellen Medien verloren und wird von Nutzer der Sozialen Netzwerke übernommen. Meldungen verbreiten sich so in hoher Geschwindigkeit.
“Da wird aus einer Mücke rasch auch mal ein Elefant – oder aus einem Nieser die Angst vor einer globalen Pandemie”, so Scharl. Regierungen und Unternehmen müssten im Einzelfall schnell auf so eine Meldung reagieren. Dafür muss aber geklärt sein, was an der Nachricht wahr ist.
Um dies möglich zu machen, konzentriert sich das Forscherteam auf vier Arten von fragwürdigen Wahrheiten: die Spekulation, die Kontroverse, die Missinformation und die Desinformation. Dabei ist es in sozialen Netzwerken schwer zu entscheiden, in welche Kategorie eine Information fällt. Denn die Qualität einer Nachricht hängt von ihrem sozialen Kontext ab. Bislang ist es nicht gelungen, diesen Kontext automatisch zu erfassen und zu interpretieren. Mit Projekt Pheme soll dies künftig machbar sein.
Dafür arbeiten Wissenschaftler aus den Bereichen Sprachtechnologie, Web Science und der Analyse sozialer Netzwerke zusammen mit Experten für Informations-Visualisierung. Sie setzten drei Aspekte zur Analyse der Vertrauenswürdigkeit ein.
Zunächst wird ein Dokument auf lexikalische, semantische und syntaktische Informationen hin untersucht. Diese werden vernetzt mit Datenquellen, die als besonders vertrauenswürdig gelten. Für medizinische Informationen nutzen die Forscher beispielsweise PubMed die größte Online-Datenbank für medizinische Originalpublikationen. Anschließend analysieren sie die Art der Verbreitung einer Information – wer erhält welche Information, und wie und wann wird diese an wen weitergesendet?
Projekt Pheme ist auf drei Jahre ausgelegt und wird in zwei konkreten Fallstudien getestet. Im Bereich medizinischer Informationssysteme untersucht das Projekt unter anderem “Rumour Intelligence”. Dies ist die Fähigkeit, Gerüchte wie den Ausbruch einer hoch ansteckenden Erkrankung und deren Verbreitung, frühzeitig zu erkennen.
Die zweite Studie beschäftigt sich mit digitalen Journalismus und entsteht in Zusammenarbeit mit der BBC sowie dem Südwestrundfunk. Getestet wird die Verifizierung der Glaubwürdigkeit Nutzer-erstellter Nachrichten. Dies wird momentan weitgehend “händisch” gemacht und erfordert hohen Ressourcenaufwand.
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