Der Fall
Auf der Internetseite der Zeitung Göteborgs-Posten wurden von mehreren schwedischen Journalisten veröffentlichte Presseartikel frei zugänglich vorgehalten. Retriever Sverige, ein schwedisches Unternehmen, betreibt eine Internetseite, auf der sie für ihre Kunden anklickbare Hyperlinks zu Artikeln bereitstellt, die auf anderen Internetseiten, unter anderem der Seite der Göteborgs-Posten, veröffentlicht sind. Retriever Sverige hat bei den betroffenen Journalisten jedoch keine Erlaubnis für das Setzen von Hyperlinks zu dem auf der Seite der Göteborgs-Posten veröffentlichten Artikeln eingeholt.
Das zur Entscheidung berufene schwedische Gericht hatte sich an den EuGH gewandt mit der Frage, ob die Bereitstellung solcher Links eine Form der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des EU-Rechts darstelle. In einem solchen Fall wäre es dann nicht möglich, ohne Erlaubnis der Journalisten als Urheberrechtsinhaber Hyperlinks auf diese Artikel zu setzen. Nach geltendem EU-Recht haben nämlich nur Urheber das ausschließliche Recht, jede Form der öffentlichen die Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.
Die Entscheidung
In seiner Entscheidung vom 13. Februar 2014 stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass grundsätzlich eine Handlung der Wiedergabe vorliegt, wenn anklickbare Links zu geschützten Werken bereitgestellt werden. Eine solche Handlung ist nämlich definiert als öffentliches Zugänglichmachen eines Werkes in der Weise, dass die Öffentlichkeit dazu grundsätzlich Zugang hat. Im bundesdeutschen Urheberrechtsgesetz ist dieses ausdrücklich in § 19a UrhG definiert.
Im Weiteren verweist der Gerichtshof aber differenzierend darauf hin, dass es sich bei dieser Wiedergabe um eine Wiedergabe an ein neues Publikum handeln muss. Es muss sich also um eine Wiedergabe an ein Publikum handeln, dass die Urheberrechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Nach Auffassung des Gerichtshofes fehlt es im Fall der von Retriever Sverige betriebenen Internetseite an einem solchen “neuen Publikum”.
Die auf der Seite der Göteborgs-Posten angebotenen Werke seien dort frei zugänglich und die Nutzer der Seite von Retriever Sverige seien nämlich als Teil der Öffentlichkeit anzusehen, die die Journalisten gerade hatten erfassen wollen, als sie die Veröffentlichung der Artikel auf der Seite der Göteborgs-Posten erlaubten.
Diese Feststellung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Internetnutzer, die den Link anklicken, den Eindruck haben, dass das Werk auf der Seite von Retriever Sverige erscheint, obwohl es in Wirklichkeit von der Göteborgs-Posten kommt.
Der Gerichtshof folgert daraus, dass generell der Inhaber einer Internetseite ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber über Hyperlinks auf geschützte Werke verweisen darf, die auf einer anderen Seite frei zugänglich sind.
Nach Ansicht des Gerichtshofes ist dieses nur dann nicht der Fall, wenn ein Hyperlink auf eine Seite verweise, für deren Zugang beschränkende Maßnahmen, zum Beispiel um den Zugang nur für Abonnenten zu beschränken, getroffen worden seien. In so einem Fall hätten die Urheberrechtsinhaber die betreffenden Nutzer gerade nicht als potentielles Publikum erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten.
Abschließend stellt der Gerichtshof ausdrücklich fest, dass die Mitgliedstaaten nicht das Recht haben, einen weitergehenden Schutz der Inhaber von Urheberrechten durch Erweiterung des Begriffs der “öffentlichen Wiedergabe” vorzusehen.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 20/14 des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 13.2.1014 zu der Rechtssache C-466/12 Nils Svensson u.a. / Retriever Sverige AB
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Es ist immer wieder erstanlich wie bestürzend zu sehen, welch schräge Ansichten z.T. sogar höchste Juristen / Richter zu Internettechologien haben - offensichtlich bedingt durch ein grundlegendes Fehlverständnis des Prinzips Internet wie auch den zugrundeliegenden Techologien.
Das durch einen Hyperlink eine "Wiedergabe" erfolge, entspräche der Annahme, das jemand, der Interessenten auf ein bestimmtes Produkt (zB eine Schallplatte oder ein Buch) in der Schaufensterauslage eines Händlers in der Fußgängerzone verweist, indem er mit dem Finger durch die Scheibe auf jenes zeigt, sich dieses Produktes widerrechtlich ermächtigen / bedienen würde.
Die "Wiedergabe" erfolgt ja weiterhin durch den Händler - im konkreten hiesigen Fall also vom Servers des Werkinhabers und es ist an ihm mittels IP-technologischer Strukturen dafür zu sorgen, das seine HTTP Objekte nicht "verlinkbar" sind, wenn er das denn tatsächlich wollte. Natürlich verhinderte er damit wahrscheinlich auch Links von Suchmaschinen und Webkatalogen - aber das ist eine von ihm zu lösende Aufgabe.