Die Errichtung einer Twitter-Sperre durch die Regierung Erdogan ist nach einem Urteil eines Verwaltungsgerichts in der türkischen Hauptstadt Ankara verfassungswidrig. Der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinç teilte mit, dass die Regierung dem Urteil folgen werde, berichtet Hurriyet Daily News. “Wir mögen die Entscheidung vielleicht nicht, aber wir werden sie umsetzen”, zitiert die Zeitung Arinç.
Gegner der Twitter-Sperre können sich wahrscheinlich nur kurz über den Sieg vor Gericht freuen. Die türkische Aufsichtsbehörde für Telekommunikation (TIB) kann das Urteil noch anfechten, heißt es in dem Bericht weiter. Das Gericht prüfe die Anträge der einzelnen Parteien vermutlich noch diese Woche. Quellen aus dem Umfeld von Ministerpräsident Erdogan hätten zudem erklärt, dass die TIB bis zu 30 Tage Zeit habe, das Urteil umzusetzen.
Seit Ende der vergangenen Woche kann aus der Türkei nicht mehr auf Twitter zugegriffen werden. Die Regierung hat die Sperre damit begründet, dass der Dienst sich geweigert habe, Verfügungen türkischer Gerichte umzusetzen. Dabei ging es um die Löschung als illegal eingestufter Links.
Pikant ist allerdings, dass Ministerpräsident Erdogan auf einer Wahlkampfveranstaltung mit der “Auslöschung” von Twitter gedroht hatte. Seiner Meinung nach werde es dazu genutzt, um Neuigkeiten über den Korruptionsskandal in der Türkei zu verbreiten. Der Skandal soll auch Personen aus Erdogans Umfeld betreffen.
Erdogan hatte zuletzt angekündigt, die Blockade zu beenden, wenn sich Twitter bereit erklärt, die umstrittenen Inhalte zu entfernen. Hurriyet Daily News berichtet, dass der Dienst zugestimmt haben soll, “ein oder zwei” beanstandete Inhalte zu löschen. Nach Aussagen von Erdogan bestehe die Regierung aber auf die Entfernung von mehr als 700 Inhalten.
Nutzer in der Türkei konnten anfänglich die Twitter-Sperre mithilfe von Googles DNS-Servern aushebeln. Allerdings sind deren IP-Adressen auch blockiert. Darüber hinaus ist es möglich, Tweets per SMS oder über eine auf einem PC oder Smartphone installierte VPN-Software zu verschicken.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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