Patentstreit: Samsung greift Apples Gutachten an
Das Gutachten soll die Faktoren für die Kaufentscheidung von Verbrauchern darlegen. Samsung bezeichnet es als fehlerhaft und unvollständig. Im Gegenzug zeigt Apple Widersprüche in den Aussagen von Samsungs Experten auf. Das Gutachten bildet die Basis für die Berechnung des Schadenersatzes.
Ein von Apple im Patenstreit mit Samsung vorgelegtes Gutachten, hat ein vom koreanischen Elektronikkonzern beauftragter Sachverständiger scharf kritisiert. Das Gutachten soll darlegen, dass bestimmte von Apple patentierte Funktionen Nutzer dazu bewegt Smartphones zu kaufen. Allerdings ist es dem Sachverständigen zufolge fehlerhaft. Wichtige Faktoren wie die Marke des Smartphones werden vom Gutachten nicht berücksichtigt. Zudem seien die zugrunde liegenden Daten unzuverlässig.
“Es gab verschiedene Faktoren, die die Kaufentscheidung eines Verbrauchers beeinflussten”, sagte David Reibstein, Professor für Marketing an der Wharton School of Business der University of Pennsylvania. “Keine davon beinhalten eine der patentierten Funktionen, um die es in diesem Prozess geht.”
Für das Gutachten hatte Apples Sachverständiger John Hauser 507 Besitzer von Samsung-Handys und 459 Besitzer von Samsung-Tablets befragt. Mit der Umfrage ermittelte er den Anteil der Verbraucher, die Geräte aufgrund bestimmter Funktionen kaufen. Anschließend berechnete er, wie viel sie für Apples patentierte Funktionen ausgeben würden. Apple nutzt Hausers Berechnungen als Basis für die Schadenersatzforderung von etwa 2 Milliarden Dollar.
Hausers Zahlen seien für eine Schätzung ungeeignet, da in der Umfrage wichtige Smartphone-Funktionen nicht berücksichtigt wurden, argumentierte Reibstein am Freitag. Weder Marke noch Betriebssystem, Akkulaufzeit und andere relevanten Entscheidungskriterien seien Bestandteil der Umfrage gewesen. Dabei seien aber Marke und Betriebssystem die wichtigsten Faktoren für den Kauf eines Geräts.
“Sie versuchen vorherzusagen, was die Leute kaufen werden, aber wenn Sie sich auf unwichtige Aspekte und wenige wichtige Faktoren konzentrieren, dann wird Ihnen entgehen, was die Verkäufe antreibt und warum Verbraucher Ihre Produkte kaufen würden”, sagte Reibstein. Eine solche Studie könne auch benutzt werden, um herauszufinden, ob sich jemand ein Auto aufgrund des verwendeten Getränkehalters und nicht wegen der Marke anschaffe.
Im Gegenzug wollten Apples Anwälte von Reibstein erfahren, ob er jemals mit einer Person bei Samsung gesprochen haben, um in Erfahrung zu bringen, wie wichtig die angeblich patentverletzenden Funktionen für das koreanische Unternehmen seien und ob er eine eigene Umfrage durchgeführt habe. Reibstein gestand ein, mit niemanden bei Samsung geredet zu haben. Eine vergleichbare Analyse habe aber eine andere Samsung-Gutachterin, Tulin Erdem von der Stern School of Business der New York University, angefertigt.
Erdem sagte am Freitag ebenfalls im Gericht aus. Demnach hätten ihre Untersuchen gezeigt, dass die wichtigen Kriterien Nutzer zum Kauf eines Geräts bewegen. Beispielsweise würde eine zweite Kamera den Kaufwunsch nicht unterstützen. Die von Apple patentierten Funktionen würden in der Regel auch nicht auf Websites mit Produktvergleichen eine Rolle spielen.
Apple versuchte im Anschluss, Widersprüche in den Aussagen der Samsung-Gutachter aufzuzeigen. Den Anwälten des iPhone-Herstellers zufolge hat Erdem Dinge wie Prozessoren oder GPS als nicht kaufentscheidend eingestuft. Allerdings habe Reibstein wegen dem Fehlen dieser Kriterien die Studie des Apple-Experten Hauser kritisiert.
Auch der ehemalige Microsoft-Entwickler Gary Hall und Jeffrey Chase, Professor für Computerwissenschaften an der Duke University, traten am Freitag in den Zeugenstand. Hall bezog sich in seiner Aussage auf Windows Mobile 5 und die Verwendung von ActiveSync, was Samsung verwende, um darzulegen dass es bereits vor Apples Patent eine Technik zur Synchronisation von Daten im Hintergrund existierte. Chase wiederum erklärte, dass Samsungs Hintergrundsynchronisation anders funktioniere als in Apples Schutzrecht beschrieben.
Die Beweisaufnahme soll möglicherweise bis Ende April beendet sein. Anschließend könnten die Beratungen der Jury beginnen. Diese muss feststellen, wer tatsächlich die Patente des anderen verletzt hat und welche Entschädigung sich daraus ergibt.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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