Wikileaks: TISA-Abkommen gefährdet europäischen Datenschutz

Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU finden wie beim umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP im Geheimen statt. Demnach sollen die unterzeichnenden Regierungen wichtige Regulierungsbefugnisse abtreten. Das Abkommen bringe den Datenschutz sowie die staatliche Handlungsfähigkeit bei einer neuen Finanzkrise in Gefahr, glauben Forscher.

Wikileaks hat Einzelheiten über das geplante Dienstleistungsabkommens TISA (Trade in Services Agreement) veröffentlicht. Der geheime Entwurfstext gilt dem Finanzsektor. Demnach fordern die USA eine weitgehend unbeschränkte Übermittlung von Kontodaten aus anderen Ländern. Damit wird der europäische Datenschutz unterlaufen. Darüber hinaus glauben Forscher, dass es eine Gefahr für die Unterzeichnerländer bei der Regulierung der Finanzmärkte darstellt.

wikileaks_information_freeDie Verhandlungen finden unter größter Geheimhaltung statt. Dabei betrifft das Abkommen 50 Länder und zwei Drittel des Welthandels in Dienstleistungen. Ähnlich gingen die Vertragspartner bei den Verhandlungen zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP vor. Die Geheimhaltung sieht vor, dass erst fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens, der Entwurfstext veröffentlicht werden darf. Die neuseeländische Rechtswissenschaftlerin Jane Kelsey von der University of Auckland hat den Text einer vorläufigen Analyse unterzogen. Demnach wurde TISA in enger Zusammenarbeit mit der internationalen Finanzindustrie erarbeitet und geht weitgehend auf ihre Forderungen ein. Darüber hinaus befürworten die gleichen Regierungen das Abkommen, deren Deregulierungsmaßnahmen den Boden für die globale Finanzkrise bereiteten.

Die unterzeichnenden Regierungen verlieren den vorgesehenen Bestimmungen zufolge das Recht zur inländischen Verwahrung von Kontodaten, so Kelsey weiter. Zudem stehen sie unter Druck, potentiell gefährliche Versicherungsprodukte zuzulassen. Wenn sie Maßnahmen ergreifen, um eine weitere Krise zu verhindern oder auf sie zu reagieren, könnten sie sich zudem Klagen gegenüberstehen.

An den Verhandlungen nehmen die USA, die Europäische Union mit ihren 28 Mitgliedstaaten und zahlreiche weitere Länder teil. Auch Australien, Neuseeland, Kanada und die Schweiz sind involviert – auffallend nicht beteiligt sind hingegen die aufstrebenden BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China.

Der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold sieht in den Forderungen der USA, dass alle TISA-Mitgliedsländer Finanzkonzernen erlauben sollen, Finanzdaten frei aus ihren Gebieten zu transferieren “eine Gefahr für den europäischen Datenschutz.“

“Die Gefahr ist, dass zum Beispiel Kontendaten von Bürgern und Firmen aus Europa abfließen – und der US-Regierung und den Geheimdiensten zur Verfügung stehen.”

[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]

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