SAP zieht Berufung gegen Urteil zu Gebrauchtsoftware zurück
Gegen das Urteil im Rechtsstreit mit Gebrauchtsoftwareanbieter Susensoftware vom Oktober 2013 verzichtet SAP auf rechtliche Schritte. Somit ist das Urteil rechtskräftig. Nutzer dürfen demnach gekaufte SAP-Lizenzen verkaufen, ohne sich die Erlaubnis des Konzerns zu holen.
Gegen ein Urteil des Hamburger Landgerichts vom 25. Oktober 2013 hat SAP die Berufung zurückgezogen. Das Gericht hatte zwei Klauseln in den AGBs von SAP für ungültig erklärt. Diese schränkten die Weitergabe von Lizenzen ohne Zustimmung des Konzerns stark ein. Susensoftware hatte gegen sie geklagt. Die Firma handelt mit Lizenzen und Software.
SAP wollte mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Handel mit Lizenzen unterbinden. Unter anderem hieß es darin “Die Weitergabe der SAP Software bedarf in jedem Fall der schriftlichen Zustimmung von SAP ….” und: “Jede Nutzung der SAP Software, die über die vertraglichen Vereinbarungen hinausgeht, ist SAP im Voraus schriftlich anzuzeigen. Sie bedarf eines gesonderten Vertrages mit SAP über den zusätzlichen Nutzungsumfang (Zukauf)”.
Vor dem Landgericht Hamburg hatte Susensoftware gegen diese beiden und eine weitere Klausel auf Unterlassung geklagt. Im Oktober 2013 gab das Gericht der Firma Recht (Aktenzeichen 315 O 449/12). Allerdings erklärte das Landgericht Hamburg eine dritte AGB-Klausel zur “gesamthaften Pflege” für rechtmäßig.
Gegen das Urteil hatte SAP vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg Berufung eingelegt. Der SAP-Rechtsanwalt zieht diese in einem Schreiben an das Berufungsgericht vom 1. Juli 2014 jedoch wieder zurück. Begründet wird der Schritt damit, dass der Konzern “im Rahmen einer Neufassung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingen” auch die umstrittenen Klauseln geändert habe. Das Urteil ist nach dem Zurückziehen der Berufung rechtskräftig.
Der Handel mit Gebrauchtsoftware werde nun fairer, erklärt Susensoftware in einer Pressemitteilung. Zudem hätten Nutzer mehr Freiheiten, ihre erworbenen Softwarelizenzen weiter zu verkaufen.
“Die Hintergründe, warum SAP die Berufung zurückgenommen hat, sind nicht klar. Es ist allerdings zu vermuten, dass das Unternehmen keine erneut abweisende obergerichtliche Entscheidung zu der Frage “riskieren” wollte. Sicherlich ändert sich an der Ansicht des Unternehmens nichts, dass es sich als Softwarehersteller durch einen florierenden Gebrauchtwarenhandel in seinen Urheberrechten verletzt fühlt”, kommentiert Andrea Kirsch von der Berliner Kanzlei Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten.
“Die Unternehmen befürchten durch den Sekundärhandel Umsatzeinbußen und wollen deshalb die Weitergabe unterbinden. Welche Wege SAP nun beschreitet, bleibt abzuwarten.” Die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Hamburg trägt ihrer Meinung nach aber zu einer zusätzlichen Rechtssicherheit auf dem Markt für Gebrauchtlizenzen bei.
“Ein solches Urteil ist immer auch wegweisend für die gesamte Branche und zeigt auf, dass sich auch die Branchenriesen an das geltende Recht zu halten und die diesbezüglichen Vorgaben zu beachten haben”, erklärt Rechtsanwalt Niklas Haberkamm, Partner der Kanzlei LHR. Das Landgericht Frankfurt habe bereits im vergangenen Jahr Samsung die Nutzung seiner AGB zum eigenen App-Store untersagt (Aktenzeichen 2-24 O 246/12). “Im besten Fall ermutigen diese Urteile auch kleinere Händler und marktschwächere Unternehmen sich gegen rechtsverletzendes Verhalten der marktstarken Unternehmen zu wehren”, so Haberkamm weiter.
Der Bundesgerichtshof hatte Ende Januar die Urteilsbegründung zum Verfahren zwischen Oracle und Usedsoft veröffentlicht. Das Urteil viel im Prozess über die Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchter Software. Hinsichtlich der zentralen Frage des Streits um Gebrauchtsoftware, der “Erschöpfung des Urheberrechts”, definiert der Bundesgerichtshof allerdings einige Bedingungen. Demnach ist das Urheberrecht erschöpft, wenn der Urheber vom Erstkäufer eine “dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung” bekommen hat. Das dürfte bei SAP ebenso wie bei Oracle-Lizenzen der Fall sein.
Zudem muss der Käufer mit dem Kauf das Recht erworben haben, die Software zeitlich unbegrenzt zu nutzen. Darüber hinaus müssen nach dem Kauf zur Verfügung gestellte Verbesserungen und Aktualisierungen von einem Wartungsvertrag abgedeckt sein. Außerdem muss der Ersterwerber den Bedingungen zufolge seine Kopie unbrauchbar machen. Dies war jedoch nie Teil der Auseinandersetzung. Das Recht zum Weiterverkauf darf dem BGH zufolge auch nicht durch die Lizenzbedingungen ausgehebelt werden.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]